Bauwirtschaft Österreich 2024: Trends und Prognosen

Autor: Hagen Luckert
aktualisiert am 28. März 2024

Nachdem die Auftragslage in der Bauwirtschaft in Österreich zuletzt massiv eingebrochen war, könnten diese im Lauf des Jahres 2024 eine Bodenbildung finden. Der mögliche Weg zurück zur alten Stärke wird noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Dieser Beitrag fasst wesentliche Themen der Bauwirtschaft 2024 zusammen und gibt zudem einen Blick in die Zukunft.

Aktuelle Entwicklungen der Bauwirtschaft in Österreich

In den vergangenen 6 bis 18 Monaten beeinflussten völlig unterschiedliche Aspekte die österreichische Bauwirtschaft stark. Die nachstehende Übersicht zur Bauwirtschaft in Österreich 2024 zeigt, wie verschieden und voneinander unabhängig Einflussfaktoren sind, die jedoch kombiniert zu Turbulenzen in der Branche führen.

Wohnbaufinanzierung: Gestiegene Zinsen bremsen Baubranche

Die Zinsen für einen Wohnbaukredit sind deutlich gestiegen. Hintergrund ist die Entwicklung des EZB-Leitzinses. Dadurch sind Kredite für Privatpersonen, die ein Eigenheim errichten wollen, deutlich schwieriger leistbar geworden. Sie bleiben daher vermehrt in Mietobjekten, wodurch der Baubranche Aufträge entgehen.

Kreditvergaberichtlinie: Weniger Kredite, weniger Wohnbau

Durch die verschärften Regeln für die Vergabe von Krediten (KIM-Verordnung: 20 Prozent Eigenmittel für Wohnkredite, maximal 40 Prozent des Einkommens für die Tilgung, etc.) können viele Personen, die gewillt sind, ein Eigenheim zu errichten, schlichtweg keinen Kredit mehr bekommen. Auch dadurch wurden weniger Bauaufträge vergeben und die Anzahl der Baugenehmigungen in Österreich ist rückläufig.

Baustopps durch private Bauträger

Auch Investoren üben sich derzeit unverändert in Zurückhaltung und so verschieben verschiedene Wohnbaugesellschaften größere Bauprojekte, in der Hoffnung darauf, dass die Kosten für Rohstoffe und Zinsen wieder sinken.

Wohnbaugenossenschaften bauen weniger

Die hohen Baukosten haben auch zu einem Rückgang der Bauaktivität durch gemeinnützige Genossenschaften geführt. Das Land Niederösterreich hat beispielsweise im Jahr 2023 kein einziges Neubauprojekt einer Genossenschaft gefördert. Die höheren Finanzierungskosten werden an die Mieter weitergegeben, wodurch die laufenden Kosten in Genossenschaftswohnungen deutlich anstiegen.

Rohstoffkosten sorgen für schwierige Planbarkeit

Die Kosten mancher Rohstoffe, z.B. Holz, schwankten im vorigen Jahr noch sehr stark. Viele Rohstoffpreise haben sich mittlerweile (teilweise aber auf deutlich höherem Niveau als vor Kriegsbeginn) stabilisiert. Allerdings gibt es z.B. durch EU-Sanktionen gegen Russland teils Lieferschwierigkeiten, etwa bei sibirischer Lärche.

Inflation senkt Kaufkraft – weniger Käufe und Sanierungen

Durch die allgemeine Inflation sinkt die Kaufkraft der Bevölkerung. Die Baubranche in Österreich 2024 ist auch deshalb weiterhin in schlechter Verfassung, weil schlichtweg weniger Kapital zur Verfügung steht, um Gebäude zu sanieren, auszubauen oder überhaupt ein Haus neu zu bauen.

Immobilien-Renditen weniger attraktiv

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Anlegerwohnungen verkauft, doch die Baubranche in Österreich spürt 2024 auch hier, nachdem schon 2023 wesentlich weniger Anlegerwohnungen erworben wurden, eine Stagnation auf niedrigem Niveau. Die Preise für Wohnungen sind zwar etwas gesunken, aber die durch Mieten erzielbaren Renditen sind derzeit nicht attraktiv. Investoren agieren daher (noch) vorsichtig und zurückhaltend.

Welche Faktoren beeinflussen die Bauwirtschaft 2024?

In diesem Abschnitt finden Sie die wichtigsten Faktoren, die derzeit und vermutlich auch noch im Jahr 2025 die Bauwirtschaft in Österreich beeinflussen werden.

Hohe Zinsen – Auswirkungen an mehreren Fronten

Nach den zahlreichen Anhebungen des Leitzinssatzes verblieb dieser zuletzt (Stand: 29.03.2024) bei 4,5 Prozent. Entsprechend hoch sind auch die Finanzierungskosten für Häuselbauer und all jene, die eine Bestandsimmobilie erwerben möchten. Ebenso haben Bauträger mit den hohen Zinsen zu kämpfen. Viele Experten glauben derzeit, da die Inflationsraten bereits spürbar sinken, dass auch das Zinsniveau wieder etwas reduziert werden kann – besonders auch, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im laufenden Jahr 2024 sollten erste Leitzinssenkungen erfolgen.

Lohnabschlüsse: Hohe Personalkosten verteuern das Bauen

Die Kosten für Handwerker waren schon bisher sehr hoch, doch durch die inflationsbedingt hohen Lohnabschlüsse im Jahr 2023 sinken die Chancen, dass die Baukosten künftig geringer ausfallen als bisher. Denn die gesamte Bauwirtschaft ist sehr personalintensiv und höhere Löhne und Gehälter müssen de facto an Endkunden weitergegeben werden, damit die gestiegenen Einkommen der Mitarbeiter für die Bauunternehmen finanzierbar sind. Weiterhin ist zu beachten, dass hohe Lohnabschlüsse in 2024 zudem den Verlauf der Inflation eher wieder nach oben treiben.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Wohnbauoffensive

Der Gesetzgeber wird im Jahr 2024 auf verschiedene Arten die Baubranche beeinflussen. Einerseits könnten die Vorgaben für die Kreditvergabe nochmals entschärft werden. Dann wäre es wieder mehr Menschen möglich, eine Finanzierung zu bekommen, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, und die Nachfrage in der Baubranche steigt an. Allerdings gehen die strengen Vorgaben auf Rahmenbedingungen seitens der EU zurück, wodurch Anpassungen der Vorschriften nur schwierig möglich sind.

Zudem hat die Regierung kürzlich ein Konjunkturpaket 2024 angekündigt und erste Maßnahmen verabschiedet. Der Maßnahmenkatalog umfasst beispielsweise die befristete Befreiung von einzelnen Gebühren (Grundbucheintragungs-Gebühr und Pfandrechtseintragungs-Gebühr), steuerliche Erleichterungen, aber auch zinsvergünstigte Wohnbauförderungen. Die Maßnahmen sollten jedenfalls dazu beitragen, die Bauwirtschaft merklich zu stärken und Menschen dabei unterstützen, wieder den Traum vom Eigenheim realisieren zu können.

Inflation und makroökonomisches Umfeld

Wie sich die Wirtschaft generell und die Inflation entwickeln werden, ist jedenfalls im Jahr 2024 auch in der Bauwirtschaft zu spüren. Neben der Inflationsrate wird die Arbeitslosigkeit ein relevanter Faktor, wenn es darum geht, wie viele Menschen sich Sanierungen, Umbauten, einen Zubau, eine Hausaufstockung und Neubauten leisten können. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Österreichs ist für die Bauwirtschaft 2024 somit zwar von indirekter, aber sehr großer Bedeutung, wenngleich die Wohnbauoffensive das Potenzial hat, die Bauwirtschaft bereits wieder etwas zu stützen.

Welche Potenziale tun sich für die Bauwirtschaft auf?

Wo Schatten ist, da gibt es auch Licht und dies trifft auch auf die heimische Bauwirtschaft zu. Denn so schwierig es derzeit für manche Unternehmen ist, so tun sich doch auch neue Gelegenheiten auf, um Märkte zu erschließen und neue Kundengruppen zu gewinnen. Folgende Beispiele zeigen, welche neuen Potenziale die Bauwirtschaft derzeit nutzen kann:

  • Erweiterung von Bestandsgebäuden: Umbauten, Zubauten und der Ausbau von Dachböden sind spannende Möglichkeiten, um neuen Wohnraum zu schaffen, ohne neue Flächen zu versiegeln. Oft werden Elternhäuser ausgebaut, damit der Kauf eines Grundstücks entfällt. Es gibt bereits Unternehmen, die gezielt ihren Tätigkeitsschwerpunkt in diese Bereiche verlagern.
  • Sanierung von Bestandsgebäuden: Thermische Sanierungen werden besonders wichtig, denn so können alte Gebäude wieder in Schuss gebracht werden. Für viele ist das eine Alternative zum teuren Neubau eines Einfamilienhauses.
  • Kompaktes, preiswertes Bauen: Auch mit begrenztem Budget kann hochwertiger Wohnraum geschaffen werden. Das zeigt beispielsweise das Familienunternehmen Genböck, das seit Generationen High-End-Fertighäuser errichtet und nun auch kompakte, vorgefertigte Häuser („Microhome by Genböck“) mit bis zu 60 m² Wohnfläche fertigt. Dieses Segment wird wohl auch im Jahr 2024 weiterhin wachsen, sowohl für junge Häuselbauer als auch für ältere Menschen, die z.B. vor der Pension aus einem großen Haus in einen kompakten, barrierefreies Bungalow umziehen möchten.

Prognosen für die Bauwirtschaft 2024 und 2025

Manche Einflussfaktoren, beispielsweise geopolitische Entwicklungen inklusive damit einhergehender Sanktionen, lassen sich kaum vorhersagen. Doch auf Basis vergangener Erfahrungen lässt sich zumindest vermuten, wie sich die verschiedenen Segmente der Bauwirtschaft in Österreich weiterentwickeln werden.

 

Wohnungsbau

Durch die reduzierte Bautätigkeit ist in den Jahren 2024 und 2025 mit einer massiven Verknappung von Wohnraum zu rechnen. Es werden viel weniger Projekte fertiggestellt und auch die Baugenehmigungen zeigen, dass wenig neuer Wohnraum geschaffen wird. Naheliegend ist, dass die Immobilienpreise dadurch wieder steigen könnten – zumindest, wenn die Kreditzinsen stagnieren oder sogar etwas zurückgehen, dadurch die Nachfrage nach Wohnraum steigt und gleichzeitig weniger Objekte auf den Markt kommen.

Wie es im Segment der Einfamilienhäuser weitergeht, hängt primär vom Zinsniveau und der Bereitschaft der Banken zu Kreditvergabe ab. Zumindest 2024 wird sich wohl der Trend zur Aufwertung bestehender Flächen (thermische Sanierung, Dachgeschoßausbau, etc.) fortsetzen. Die Baubranche ist hier gefordert, leistbare Lösungen für Baufamilien anzubieten, etwa durch innovative Konzepte wie kompakt geplante Häuser.

Die von der Regierung gesetzten Maßnahmen der Wohnbauoffensive können jedoch auch die ein oder andere Situation wieder für jene verbessern, die überlegen ein Einfamilienhaus zu bauen. Generell darf die Bauwirtschaft somit wieder etwas Hoffnung schöpfen, mittelfristig wieder etwas besser gefüllte Auftragsbücher zu erlangen. Ein zusätzlicher Impuls dürfte dann auch noch von einem etwas sinkenden Leitzinssatz ausgehen.

Nichtwohnungsbau

Der sogenannte „Nichtwohnungsbau“ umfasst öffentliche Gebäude und Betriebsgebäude. Nachdem die Anzahl der Baugenehmigungen für solche Objekte leicht, aber recht stetig angestiegen war, gab es schon  im Jahr 2022 in Österreich laut Statista bereits einen starken Rückgang.

Es ist davon auszugehen, dass gerade Unternehmen, die nicht unbedingt ein neues Gebäude errichten lassen müssen, diese Investition derzeit tendenziell verschieben. Auch hier wirken sich die hohen Zinsen aus und die unsichere gesamtwirtschaftliche Lage (hohe Inflation, Arbeitskräftemangel) trägt das Ihre dazu bei.

Eine Chance für die Bauwirtschaft: Öffentliche Investitionen konnten die Branche schon in der Vergangenheit immer wieder stärken. So könnte es auch 2024 und 2025 mehr staatliche Bauaufträge geben, um die Bauwirtschaft zu unterstützen. Diese sind in der geplanten Bauoffensive bereits explizit erwähnt. Der Staat selbst wird also zahlreiche Wohnungen errichten, um einerseits den Wohnbedarf der Bevölkerung zu decken und andererseits die Bauwirtschaft zu unterstützen. Weitere Beispiele dafür sind etwa auch Kindergärten und sonstige öffentliche Gebäude, die neu errichtet werden.

Tiefbau

Im Tiefbau ist die Situation ähnlich wie im Nichtwohnungsbau, denn gerade hier sind staatliche Aufträge besonders wichtig. Dabei ist nicht ausschließlich an den sehr bedeutenden Straßenbau zu denken, sondern etwa auch an Baumaßnahmen zur Verlegung von Glasfaser-Kabeln. In diesem Segment gibt es zudem bereits jetzt Förderungen, die Gemeinden nutzen können, um beispielsweise neue Radwege zu bauen.

Dieses Beispiel zeigt, wie Bund, Länder und Gemeinden neue Infrastruktur schaffen und dadurch die Bauwirtschaft unterstützen. Wie in diesem Segment die Zukunft aussieht, ist schwer vorherzusagen, denn wenn es zu einem höheren Budget-Defizit in Österreich kommt, könnten derartige Ausgaben zurückgefahren werden. Umgekehrt sind Investitionen in die Infrastruktur teils unvermeidbar, etwa beim Straßen- und Bahnnetz oder auch bei der Kanalisation, womit im Tiefbau immer Aufträge vorhanden sein werden.

Besonders interessant: Im Gegensatz zum Hochbau konnte der Tiefbau auch im Jahr 2023 sogar ein Umsatzzuwachs verzeichnen.

Zahlen und Fakten: Bauwirtschaft 2024 im Überblick

Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), wird der Wohnungsbau im Jahr 2023 und 2024 in Österreich rückläufig ausfallen, aber 2025 wieder ins Plus drehen. Dem Tiefbau wird ein umgekehrter Ablauf vorhergesagt. In der gesamten Bauwirtschaft waren im Jahr 2023 fast 300.000 Personen beschäftigt – das unterstreicht die enorme Bedeutung der Branche für den Arbeitsmarkt.

Bauwirtschaft in Österreich: Vorsichtiger Optimismus für 2024

Die Bauwirtschaft in Österreich hatte es im Jahr 2023 nicht einfach, wenngleich die Branche in den Vorjahren massiv profitiert hatte. Für die rückläufige Auftragslage gibt es unterschiedlichste Gründe, von der strengeren Kreditvergabe-Richtlinie bis hin zur generellen Finanzkraft der Bevölkerung, die durch die allgemein hohe Inflation beeinträchtigt ist. Lichtblicke sind thermische Sanierungen, Um- und Ausbauten von Gebäuden und die Tatsache, dass mittelfristig der Bedarf an Wohnraum weiter ansteigen wird. Es muss also jedenfalls wieder deutlich mehr gebaut werden, damit Wohnraum nicht zum noch knapperen Gut wird und spätestens, wenn das Zinsniveau wieder sinkt, wird es auch in der Baubranche in Österreich wieder entsprechende Umsatzsteigerungen geben.

Zusätzlich hat die Regierung eine umfangreiche Wohnbauoffensive aufgesetzt, wodurch die Bauwirtschaft unterstützt werden soll. Dadurch ergibt sich zumindest ein vorsichtig optimistischer Blick in die Zukunft, wenngleich es dauern wird, bis die angekündigten Maßnahmen greifen und entscheidend sein wird, ob und wann die Zinsen weiter zurückgehen, sodass wieder mehr Menschen den Traum vom Eigenheim realisieren können

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Was kostet mein Wohnbaukredit?

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