EZB-Leitzins: Verlauf, Statistik und Prognose

Autor: Mag. Elfi Stampfl
aktualisiert am 10. April 2024

Der Leitzins-Verlauf ist entscheidend für die Zinsentwicklung am gesamten Geldmarkt. Das bedeutet: Steigende oder sinkende Leitzinsen werden von Kreditinstituten auch an private Kunden weitergegeben. Erfahren Sie hier, wie sich die Leitzinsen in der Eurozone entwickelt haben, welcher weitere Verlauf wahrscheinlich ist und was die Auswirkungen auf private Wohnbaufinanzierungen sind.

Leitzins-Entwicklung der EZB: Bedeutung für Kreditkunden

Die Entwicklung des EZB-Leitzinses ist für private Kreditkunden von großer Bedeutung, denn diese wirkt sich auch auf die Zinskonditionen für z. B. Wohnbaufinanzierungen aus. In Phasen niedriger Leitzinsen – etwa dem letzten Jahrzehnt – bekommen Sie auch als Privatperson Kredite zu sehr günstigen Zinsen. Bei variabler Verzinsung merken Sie als Kreditnehmer eine Leitzinserhöhung bzw. -senkung ganz unmittelbar, da der variable Zinssatz laufend an einen Referenzzinssatz (z. B. EURIBOR) angepasst wird, welcher wiederum vom Leitzins abhängt. Aber auch die angebotenen Fixzinssätze werden wesentlich vom erwarteten Leitzins-Verlauf beeinflusst.

EZB-Leitzins: Verlauf und Statistik seit 2000

Vor der Finanzkrise 2008 bewegten sich die EZB-Leitzinsen zwischen 2 und 5 %, mit Spitzen (jeweils über 4 %) im Oktober 2000 und im Juli 2008. Als Reaktion auf die damalige Krise senkte die EZB den Leitzins dramatisch ab; von März 2016 bis 20. Juli 2022 verharrte er auf dem Nullzinsniveau. Der hier zur Verfügung gestellte EZB-Leitzins-Chart 2000 bis 2024 veranschaulicht die Entwicklung. Danach wurde der EZB-Leitzins bis in den Herbst 2023 zehnmal in Folge erhöht. Seit diesem Zeitpunkt wird von einem Zinsplateau gesprochen, auf welchem der EZB-Rat den Leitzins belässt.

Historische Nullzinsphase 2016 bis Juli 2022

Finanzkrise, Bankenkrise, Eurokrise: Die weitreichenden Folgen der letzten Wirtschaftskrise veranlassten die Europäische Zentralbank zu enormen Zinssenkungen. Wie die EZB-Leitzins-Statistik zeigt, erreichte der Leitzins 2016 erstmals die Null-Prozent-Marke. Damit lagen die Zinsen, historisch einzigartig, unter der Inflationsrate. In zehn Schritten, erstmals im Juli 2022, dann im September, Oktober, Dezember 2022 sowie dann im Februar, März, Mai, Juni, Juli und September 2023 hat die EZB dann den Leitzins wieder auf aktuell 4,50 % (mit Gültigkeit seit 20. September 2023) angehoben. In den USA und England erfolgten die ersten Erhöhungen der Leitzinsen deutlich früher. Am 11. April 2024 hat der EZB-Rat zuletzt abermals entschieden, den Leitzins unverändert zu belassen. Dies war die fünfte Entscheidung in Folge seit dem Herbst 2023, den EZB-Leitzins unverändert zu belassen.

chart ezb-leitzins seit 2000

Derzeit Fixzinsen für Wohneigentum wieder etwas günstiger

Die in der Langfristbetrachtung wieder erhöhten Leitzinsen erschweren trotz leicht rückgängiger Immobilienpreise weiterhin Wohnbaufinanzierungen. Die EZB gewichtet beim Kurs der regelmäßigen Leitzinserhöhung derzeit die Inflationsbekämpfung immer noch höher, als die stagnierende bzw. rückläufige wirtschaftliche Entwicklung. Für die immer noch hohe Anzahl an Kreditnehmern mit bestehenden Wohnbaukrediten mit variabler Verzinsung in Österreich ist dies keine gute Nachricht. Eine Risikoabsicherung durch eine Umschuldung in eine Finanzierung mit Fixzinssatz inklusive einer Laufzeitverlängerung zur Reduzierung der monatlichen Kreditrate könnte in einige Fällen sinnvoll sein. Aufgrund einer inversen Zinskurve, sind Wohnbaukredite mit Fixzinssatz derzeit im Vergleich mit variablem Zinssatz sogar historisch günstig zu bekommen.

Entwicklung des EZB-Leitzinses: Tabelle

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des EZB-Leitzinses noch einmal im Detail. Sie sehen dort alle vergangenen Termine, an denen die EZB eine Zinsänderung des Hauptrefinanzierungssatzes vorgenommen hat, sowie den neuen Zinssatz, der dann bis zur nächsten Änderung galt.

Termin der Zinsänderung (gültig ab)

Neuer Leitzinssatz (in Prozent)

01. Jän. 1999

3

09. Apr. 1999

2,5

05. Nov. 1999

3

04. Feb. 2000

3,25

17. Mär. 2000

3,5

28. Apr. 2000

3,75

09. Jun. 2000

4,25

28. Jun. 2000

4,25

01. Sep.2000

4,5

06. Okt. 2000

4,75

11. Mai 2001

4,5

31. Aug. 2001

4,25

18. Sep. 2001

3,75

09. Nov. 2001

3,25

06. Dez. 2002

2,75

07. Mär. 2003

2,5

06. Jun. 2003

2

06. Dez.2005

2,25

08. Mär. 2006

2,5

15. Jun. 2006

2,75

09. Aug. 2006

3

11. Okt. 2006

3,25

13. Dez. 2006

3,5

14. Mär.2007

3,75

13. Jun.2007

4

09. Jul. 2008

4,25

08. Okt. 2008

3,75

09. Okt.2008

3,75

12. Nov. 2008

3,25

10. Dez. 2008

2,5

21. Jän. 2009

2

11. Mär. 2009

1,5

08. Apr. 2009

1,25

13. Mai. 2009

1

13. Apr. 2011

1,25

13. Jul. 2011

1,5

09. Nov. 2011

1,25

14. Dez. 2011

1

11. Jul. 2012

0,75

08. Mai. 2013

0,5

13. Nov. 2013

0,25

11. Jun. 2014

0,15

10. Sep. 2014

0,05

09. Dez. 2015

0,05

16. Mär. 2016

0

27. Jul. 2022

0,50

14. Sep. 2022

1,25

02. Nov. 2022

2,00

21. Dez. 2022 

2,50

08. Feb. 2023

3,00

22. Mär. 2023

3,50

20. Mai 2023

3,75

21. Juni 2023

4,00

02. Aug. 2023

4,25

20. Sept. 2023

4,50

 


Prognose: Wird der EZB-Leitzins sinken?

Wenn Sie überlegen, eine Wohnbaufinanzierung abzuschließen, ist natürlich vor allem der künftige Leitzins-Verlauf interessant. Aber auch bestehende Kreditnehmer sollten die Zinsentwicklung im Blick behalten, um gegebenenfalls mit einer Umschuldung reagieren zu können.

Wird 2024 wieder ein Wendejahr der Geldpolitik?

Eine fixe Leitzins-Prognose lässt sich selbstverständlich nicht aufstellen, da stets unvorhergesehene Ereignisse eintreten können. Aber das Jahr 2022 geht als geldpolitisches Wendejahr in die Geschichte ein – auch, was das Zinsniveau betrifft.

Grund dafür war in erster Linie die zuerst hohe und aktuell immer noch etwas erhöhte Inflation. Zuletzt ging diese im Euroraum, im Gegensatz zu den USA, aber zurück. Für Sommer oder spätestens Herbst 2024 prognostizieren viele Experten eine erste Leitzinssenkung durch die EZB. Da der Leitzins zur nachhaltigen Inflationsbekämpfung voraussichtlich nur sehr langsam sinken wird, muss zunächst weiterhin von einem Zinsplateau auf leicht reduziertem Niveau in Europa ausgegangen werden. Neukreditnehmer werden daher weiterhin mit teureren Kreditkonditionen konfrontiert. Auch bestehende Kreditnehmer mit variabler Verzinsung müssen noch mit mittelfristig erhöhten Finanzierungskosten rechnen.

Verzögerung durch die Ukraine-Krise

Zunächst bremste noch die Ukraine-Krise eine Leitzinserhöhung aus. Denn aufgrund der wirtschaftlichen Folgen für die Eurozone zögerte die EZB lange mit der Anhebung der Leitzinsen, um die Wirtschaft nicht weiter zu belasten. Die EZB hatte dann beschlossen, im Juli 2022 eine Leitzinserhöhung um 0,5 % sowie zwei weitere historische große Zinsschritte von zusätzlich jeweils nochmals 0,75 % im September und Oktober 2022 vorzunehmen. Die folgenden drei Zins-Entscheidungen durch den EZB-Rat erfolgten dann turnusgemäß am 15. Dezember 2022, 02. Februar sowie 16. März 2023 mit einer Erhöhung um jeweils weitere 0,5 %. Die letzten vier Erhöhungen am 04. Mai, 15. Juni, 27. Juli und 14. September 2023 (mit Gültigkeit seit 20. September 2023) erfolgten dann nur noch um 0,25 %. Danach entschied der EZB-Rat am 26. Oktober 2023, 14. Dezember 2023, 25. Januar 2024, 07. März 2024 sowie 11. April 2024 sich für fünf Zinspausen. Nach 10 Leitzinserhöhungen in Folge wurde fünfmal dann der Leitzins also nicht weiter erhöht.

Langfristige Absicherung gegen steigende Zinsen auch 2024

Eine Wohnbaufinanzierung ist aufgrund der in der Regel sehr langen Kreditlaufzeit immer der realistischen Gefahr steigender Leitzinsen ausgesetzt. Als neuer Kreditnehmer sollten Sie überlegen, aus Sicherheitsgründen eine lange Fixzinsbindung (20 bis 30 Jahre) zu wählen. Für Kreditnehmer mit einer laufenden, aber variabel verzinsten Finanzierung, kann eine Umschuldung auf Fixzinsen sinnvoll sein. Mit einer möglichst langen Kreditlaufzeit reduzieren Sie zusätzlich die monatlichen Kreditraten und erhalten mehr finanziellen Spielraum, egal, wie sich der Leitzins-Verlauf entwickelt.

Tipp: Nutzen Sie unseren Kredit Entlastungsrechner zur Liquiditätsverbesserung und Absicherung einer bestehenden variablen Finanzierung.


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Datenquelle: www.leitzinsen.info
Bildquellen: Infina Grafik
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