Was beeinflusst aktuell die Höhe der Wohnkredit-Zinsen?

Autor: Hagen Luckert
aktualisiert am 06. Februar 2024

Wenn Sie sich überlegen, für sich und Ihre Familie eine Immobilie in Österreich zu kaufen, ist die Frage nach dem passenden Wohnbaukredit von entscheidender Bedeutung. Bei der Aufnahme eines Darlehens fallen Zinsen an, und in diesem Artikel finden Sie wesentliche Faktoren, welche die Höhe der jeweiligen aktuellen Zinsen im Bereich der Wohnkredite beeinflussen.

Zusammenhang zwischen Inflation und Zinsen

Der Zins ist der Preis, den Kreditnehmer für geborgtes Geld bezahlen müssen. Gleichzeitig stellt er die Entlohnung für Sparer dar, die ihr Geld bei Kreditinstituten über Konten oder Spareinlagen parken. Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert das Zinsniveau in Europa stark über die Leitzinsen (sowie weitere Faktoren, wie beispielsweise die Geldmengen im Euroraum und die EZB-Bilanzsumme).

Die Zinspolitik der EZB und das Inflationsziel von 2 %

Die Festlegung der Höhe der Leitzinsen wird maßgeblich von der jeweiligen aktuellen Inflation beeinflusst, wobei die EZB ein langfristiges Ziel von maximal 2 % jährlicher Inflation verfolgt. Bei steigender Inflation hebt die EZB im Regelfall die Leitzinsen an, was dazu führt, dass auch die Geschäftsbanken für Ausleihungen an die EZB höhere Zinsen zahlen und diese Mehrkosten dann an Verbraucher und Unternehmen über den Kreditzins weitergeben. Dies führt dann zu einer nachgebenden Kreditaufnahme, zu geringerer Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen und einer Eindämmung der Inflation.

Zinsanstieg durch hohe Inflation

Der Zusammenhang zwischen Inflation und Zinsen wird besonders in den letzten Jahren deutlich. Lange Zeit blieb die Inflation niedrig, und die EZB versuchte, das durchschnittliche Inflationsziel von 2 % p.a. mit niedrigen bzw. sogar Nullzinsen zu erreichen. Seit 2022 hat sich jedoch das Bild geändert: Die Inflation ist erheblich gestiegen, und die EZB hat die Leitzinsen mehrfach erhöht. Der Verlauf des EZB-Leitzinses kannte nur eine Richtung und der aktuelle Hauptrefinanzierungssatz beträgt 4,5 %.

Inflation und Zinsen – der Markt sucht sein Gleichgewicht

Steigende Zinsen bremsen vom Grundsatz die Inflation, hemmen allerdings auch das Wirtschaftswachstum. Dies führt zu einem schwindenden Vertrauen bei Wirtschaftstreibenden und Konsumenten, was wiederum zu einem Rückgang der Investitionen und der Inflation führt. Eine derartige Entwicklung öffnet der EZB den Raum für mögliche Zinssenkungen. Auf Jahressicht bis in das letzte Quartal 2024 ist in Österreich noch mit einer erhöhten Inflation zu rechnen. Mit einer weiteren Zinserhöhung durch die EZB ist aber derzeit nicht zu rechnen. Es ist von einem Abflauen der Inflation in der Eurozone auszugehen. Daher könnte es ab dem dritten Quartal 2024 zu ersten Zinssenkungen durch die EZB kommen. Die Entwicklungen der Monate bis April bzw. Mai 2024 werden dahingehend richtungsweisend sein.

Refinanzierung der Banken: Seit Sommer 2022 zunehmend teurer

Eine entscheidende Rolle von Banken besteht darin, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen, indem sie Kredite an Unternehmen und Verbraucher vergeben. Doch Banken verfügen selbst nicht unbegrenzt über eigene Mittel für Kreditvergaben. Neben ihrem Eigenkapital benötigen sie daher Fremdmittel, die sie sich durch Refinanzierung beschaffen.

Wo sich Banken refinanzieren: Quellen im Überblick

Banken leihen sich Geld aus verschiedenen Quellen, um es als Kredite weiterzugeben. Die Europäische Zentralbank ist ein zentraler Geldgeber, und der Preis für diese Geldmittel ist der von der EZB festgelegte Leitzins. Banken können sich auch untereinander Geld leihen, was als Interbankengeschäfte bezeichnet wird. Zudem dienen die Spar- und Terminanlagen der Bankkunden zur Refinanzierung, wobei der Zins, den ein Sparer von der Bank erhält, den Preis für diese Liquidität darstellt.

Zinsanstieg verteuert Refinanzierung für Banken

Der Anstieg der Leitzinsen hat die Refinanzierung für Banken deutlich verteuert. Dies betrifft sowohl die von der EZB bereitgestellten Refinanzierungslinien als auch die Einlagen der Kunden, da auch Sparzinsen mittlerweile wieder gestiegen sind. Dieser Zinsanstieg wirkt sich auch entsprechend auf die Kreditzinsen für Wohnbaukredite aus. Die aktuelle Erwartung ist, dass in Europa im Herbst 2024 wieder erste Leitzinssenkungen stattfinden könnten. Dies würde zu einer Verringerung der Refinanzierungskosten der Banken und zu günstigeren Wohnbaukrediten führen.

Leitzins und internationale Zinsen: Gleichgerichtete Zinspolitik von USA und Europa

An der Spitze eines jeden Währungsraums steht eine Zentralbank, beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) für den Euroraum und das Federal Reserve System (Fed) für die USA. Jede dieser Zentralbanken legt die Leitzinsen für ihren Währungsraum fest. Für viele Jahre bis in den Sommer 2022 lag der Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB noch bei 0 %. Zum Jahresbeginn 2023 hat dieser dann bereits 2,50 % betragen und im weiteren Verlauf des Jahres 2023 wurde der Leitzins bis auf 4,50 % angehoben. Mit Stand 07.02.2024 beträgt der Leitzins unverändert 4,50 %. 

Wettlauf der Leitzinsen in Europa und den USA

Im Euroraum wird die Höhe der Leitzinsen stark von der Entwicklung der Inflation beeinflusst. Da die Inflation erheblich angestiegen ist, sind in der Folge auch die Leitzinsen seit 2022 durch die EZB erheblich angehoben worden. Dies gilt gleichermaßen auch für den US-Dollar Raum. Werden Leitzinsen in den wichtigen Währungsräumen angehoben, können Investoren und Anleger höhere Zinserträge erzielen. Dies zieht vermehrt Kapital an, was wiederum den Wert dieser Währung stärkt und aufwertet. Da viele bedeutende Güter wie Öl oder Gas in US-Dollar abgerechnet werden, führt eine Aufwertung des US-Dollars dazu, dass Waren in Euro teurer werden und dadurch zusätzliche Inflation nach Europa importiert wird. Dies verstärkt wiederum den Druck auch die Leitzinsen in Europa zu erhöhen. Daher ist das Zinsniveau im USD-Raum auch für den Euroraum von großer Relevanz.

Vergleicht man die Leitzinsentwicklung der letzten 20 Jahre in den USA und Europa so ist festzustellen, dass die Fed der EZB bezüglich Zinserhöhungen und späteren Leitzinssenkungen zeitlich immer voraus war. Auch die jeweiligen Spitzenwerte beim Leitzins in den USA waren dann jeweils höher als im Euroraum.

Internationales Zinsniveau vergleichsweise hoch

Im Vergleich zum letzten Jahrzehnt sind die Zinsen aktuell weltweit verhältnismäßig hoch, bedingt durch den globalen Anstieg der Inflation seit 2022. Sowohl die EZB als auch die Fed haben in mehreren Schritten ihre Leitzinsen erhöht, was wiederum zu einem Anstieg der Kreditzinsen bei Wohnbaufinanzierungen geführt hat. Die Zinsanhebungen zeigen bereits Wirkung, da die Inflationswerte zurückgehen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend mittelfristig fortsetzt, was zu einer Senkung der Leitzinsen durch die Zentral- bzw. Notenbanken führen wird.

Geldmenge und EZB-Bilanzsumme: Trendwende in 2023

Eine der vorrangigen Aufgaben der Europäischen Zentralbank besteht darin, den Wirtschaftsraum mit Liquidität und Geld zu versorgen. Die Geldmenge wird durch Kennziffern gemessen, die von M0 bis M3 reichen. Dabei repräsentiert M3 die umfassendste dieser Kennziffern. Die Bilanz der EZB erfasst sämtliche Aktivitäten der Zentralbank, und die Bilanzsumme steigt mit zunehmender Aktivität der EZB am Markt. Sobald die Europäische Zentralbank Vermögenswerte ankauft, kann sie diese mit Zentralbankgeld bezahlen. Gelangt dadurch neues Geld in Umlauf, erhöht dies die Geldmenge im Euroraum.

Anstieg der Geldmenge bis 2022

Im Euroraum führten verschiedene Faktoren dazu, dass die Geldmengen erheblich zunahmen. Bis 2022 verfolgte die EZB eine expansive Geldpolitik mit niedrigen Leitzinsen und umfangreichen Anleihekäufen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern und die Inflation zu steigern. Die Finanzkrise von 2008 und die Staatsschuldenkrise verstärkten diese Maßnahmen. Zudem trugen digitale Innovationen zur Veränderung der Zahlungsgewohnheiten bei. Dadurch erhöhten sich Geldmenge aber auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes.

EZB-Bilanzsumme: Ausdehnung durch unorthodoxe Methoden

Bis 2022 setzte die EZB verstärkt unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen ein, um Wirtschaftswachstum und Inflation zu steuern. Dazu zählte insbesondere der Ankauf von Anleihen unterschiedlicher Emittenten und Qualität. Diese unorthodoxen Methoden führten zu einer erheblichen Ausweitung der EZB-Bilanzsumme. Im Verlauf des Jahres 2022 erfolgte jedoch eine Trendwende. Die Maßnahmen wurden durch die EZB sukzessive reduziert, und die Bilanzsumme nahm 2023 ab. Auch im Januar 2024 erfolgte eine weitere Reduzierung.

Rückgang von Geldmenge und EZB-Bilanzsumme in 2024

Die anhaltend hohe Inflation und Leitzinsen führen dazu, dass sich der Abwärtstrend von Geldmenge und EZB-Bilanzsumme fortsetzt. Beide schrumpfen aktuell, wobei der Rückgang der Bilanzsumme erheblich schneller voranschreitet. Im Januar 2024 hat die EZB weitere Schritte zur Verkürzung der Bilanz angekündigt. Dem Markt wird damit Geld wieder entzogen. Dieser Trend dürfte vorerst anhalten, was Auswirkungen auf die Vergabe von Wohnbaufinanzierungen haben kann. Kreditinstitute agieren mit geringerer Liquidität vorsichtiger, was zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen kann.

Kreditbedarf und -angebot: Rückläufige Nachfrage in einem von Preisdruck und Regulierung geprägten Markt

Viele Käufer können die Investition für die Schaffung von Wohnraumeigentum nicht aus eigenen Mitteln decken. Der Bedarf an Wohnbaukrediten ist daher grundsätzlich hoch. Allerdings gibt es Herausforderungen, die die Nachfrage nach Wohnbaukrediten und das Angebot der Kreditinstitute maßgeblich beeinflussen.

Hürden für die Kreditnachfrage: Immobilienpreise, Zinsen und Inflation.

Aktuell stehen Verbraucher, die eine Wohnimmobilie erwerben möchten, vor verschiedenen Hürden. Die Immobilienpreise in Österreich sind auf sehr hohem Niveau. Die Finanzierung erfordert daher entweder hohe Eigenmittel oder ein sehr gutes Nettoeinkommen. Aber selbst bei ausreichenden Einkünften sind die Kreditzinsen vergleichsweise hoch, was in Verbindung mit der anhaltenden Inflation das Haushaltsbudget belastet. Diese Unsicherheiten führen dazu, dass der Immobilienkauf in vielen Fällen aufgeschoben wird, und die Kreditnachfrage daher vergleichsweise geringer ist.

Kreditangebot vielfältig, KIM-V bremst

Kreditinstitute können nach wie vor ausreichend Kredite mit attraktiven Konditionen anbieten. Besonders gefragt sind Kredite mit Fixzinssätzen und langen Kreditlaufzeiten von bis zu 35 Jahren. Bremsend wirkt allerdings die im August 2022 in Kraft getretene KIM-V. Diese regelt den maximalen Beleihungsquotienten (BELQ) sowie Verschuldungsquotienten (DSTI), wobei Kreditinstitute über Ausnahmekontingente verfügen. Die Praxis zeigt, dass insbesondere die Maximierung des Verschuldungsquotienten bei 40 % für Kreditnehmer häufig eine hohe Hürde darstellt, und zwar selbst für Haushalte, die über ein solides Nettoeinkommen verfügen. Dies ist der Grund warum wichtige Marktteilnehmer wie Kreditinstitute und die Bauwirtschaft eine vorzeitige Aufhebung der KIM-V einfordern, die sonst geplant erst im August 2025 auslaufen würde.

Fazit: Stimmungsaufhellung bei Wohnbaukrediten in 2024

Die Europäische Zentralbank (EZB) befindet sich in der letzten Phase ihres Zinsanhebungszyklus, der 2022 begonnen hat. Gleichzeitig wurden einige geldpolitischen Instrumente angepasst, um die EZB-Bilanzsumme zu verkürzen. Das vorrangige Ziel der EZB bleibt es jedoch, eine nachhaltige durchschnittliche Gesamtinflation von 2 % p.a. im Euroraum zu erreichen. Die ergriffenen Maßnahmen zeigen allmählich Wirkung und die Inflation im Euroraum geht schrittweise zurück. Somit erscheint es aktuell realistisch, dass die Leitzinsen im 2. Halbjahr des Jahres 2024 und im Jahr 2025 folgend sinken werden. Dies wird auch zu einem Rückgang der Kreditzinsen bei Wohnbaufinanzierungen führen, und das Kreditangebot wird attraktiver. Letztendlich wird auch die wieder angestiegene Nachfrage nach Wohnimmobilien die Nachfrage nach Wohnbaukrediten weiter ankurbeln.

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Was kostet mein Wohnbaukredit?

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