Wer einen neuen Wohnkredit aufnehmen will, muss seit 01. August 2022 mit strengeren Auflagen rechnen. Denn die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat im Juni 2022 eine neue Verordnung erlassen: Kreditkunden müssen dann u. a. mindestens 20 Prozent an Eigenkapital für die Wohnbaufinanzierung mitbringen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles, was Sie zu dieser neuen Verordnung wissen müssen und welche Anpassungen zum 01.04.2023 vorgenommen werden sollen.
Die Verordnung hält fest, dass die Regeln ab dem 01.08.2022 gelten. Ursprünglich war das Inkrafttreten bereits für den 01.07.2022 geplant. Da die Regeln in der Praxis für österreichische Kreditinstitute schwierig umzusetzen waren, wurde dann das Inkrafttreten nochmals um einen Monat verschoben. Zum 01. April 2023 soll eine Weiterentwicklung der Maßnahmen für Wohnimmobilienfinanzierungen erfolgen.
Bisher war dies nur eine Empfehlung, mit der neuen Verordnung wurde es zur gesetzlichen Pflicht: Neue Kreditkunden müssen ab jetzt mindestens 20 Prozent der Immobilienkosten durch Eigenkapital finanzieren.
Beispiel: Eine Eigentumswohnung kostet 300.000 Euro, dazu kommen 30.000 Euro an Nebenkosten. Für die entstehenden Kosten von 330.000 Euro müssen Sie als neuer Kreditkunde mindestens 66.000 Euro selbst aufbringen. Die restlichen 264.000 Euro können Sie durch eine Finanzierung abdecken.
Gut zu wissen: Genau genommen regelt die Verordnung eigentlich die Beleihungsquote. Das ist der Kreditbetrag dividiert durch den Immobilienwert. Die Beleihungsquote darf maximal 90 % betragen, das entspricht dann in etwa einem Eigenmittel-Anteil von 20 Prozent in Abhängigkeit von der im Grundbuch in Österreich eingetragenen Hypothek.
Verschärfung Kreditvergabe: Die neue KIM-V enthält wichtige Änderungen für Kreditkunden.
2. Laufzeit maximal 35 Jahre
Darüber hinaus wird die Kreditlaufzeit von Wohnkrediten nach oben begrenzt. Als maximale Laufzeit sind 35 Jahre festgelegt. Eine allzu lange Laufzeit ist aber ohnehin nicht immer empfehlenswert, denn: Je länger die Laufzeit, desto höher werden insgesamt die Zinskosten.
3. Monatsrate maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens
Hohe monatliche Raten gehen mit dem Risiko einher, durch unvorhergesehene Ereignisse (z. B. Arbeitslosigkeit) den Kredit nicht mehr zahlen zu können. Auch hier hat die FMA einen Riegel vorgeschoben: Die monatlichen Kreditraten von Kreditnehmern dürfen 40 Prozent des Haushalts-Nettoeinkommens nicht überschreiten. Dabei spricht man von der sogenannten maximalen Schuldendienstquote.
Gibt es Ausnahmen?
Ja, Kredite für Sanierungen und Renovierungen sind bis zu einer Kredithöhe von 50.000 Euro (Geringfügigkeitsgrenze) von diesen Regeln ausgenommen. Durch diese Ausnahmeregelung soll z.B. auch der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger unterstützt werden.
Darüber hinaus können Banken nach eigenem Ermessen Ausnahmen gewähren, jedoch nur für einen maximalen Anteil von insgesamt 20 Prozent aller neu vergebener Wohnkredite (ohne Wohnimmobilienfinanzierungen, welche unter die Geringfügigkeitsgrenze fallen).
Darunter gibt es drei Töpfe mit Ausnahmenkontingenten. Nur in maximal 20 Prozent der Fälle dürfen Kredite vergeben werden, bei denen der Eigenkapital-Anteil niedriger ist als per Gesetz gefordert. Die Ausnahmekontingente für die Überschreitung der Schuldendienstquote betragen je 10 Prozent sowie der maximalen Kreditlaufzeit je 5 Prozent.
1. Eingeschränkte Anwendung der KIM-V auf Zwischenfinanzierungen
Dies soll nur für Zwischenfinanzierungen gelten, die im Zusammenhang mit einem Wohnsitzwechsel von den Kreditnehmern und deren Angehörigen stehen. Die Zwischenfinanzierung darf dabei maximal 80 % des geschätzten Marktwertes der zu veräußernden Immobilie betragen und eine maximale Laufzeit von zwei Jahren betragen.
Dies ist eine gute Nachricht für Häuslbauer in Österreich: Häufig ist bereits eine Bestandsimmobilie, also eine Wohnung oder ein anderes Haus, vorhanden. Der Gesetzgeber in Österreich hat erkannt, dass analog dem Thema Seniorenkredite dringend Anpassungsbedarf bei Zwischenfinanzierungen in Österreich besteht. Für das Thema Haus bauen werden mit der Gesetzesänderung bislang unnötige Hürden der KIM-V aus dem Weg geräumt und ein Impuls zur Wiederbelebung des Immobilienmarktes in Österreich gesetzt.
2. Ausweitung der Geringfügigkeitsgrenze bei gemeinsamen Kreditnehmern
Bei Paaren, welche gemeinsam als Kreditnehmer auftreten, soll zukünftig die Geringfügigkeitsgrenze von 50.000 Euro pro Person gelten.
3. Keine Anrechnung vorfinanzierter nicht-rückzahlbarer Zuschüsse von Gebietskörperschaften
Da vorfinanzierte nicht-rückzahlbarer Zuschüsse von Gebietskörperschaften nur temporär die Verschuldung von Kreditnehmern erhöhen, sollen diese für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren ebenfalls vom Anwendungsbereich der KIM-V ausgenommen werden.
Hinweis (Stand 13.02.2023): Diese Änderungsvorschläge sind noch nicht in der KIM-V umgesetzt, sondern werden mit einer Gültigkeit ab 01.04.2023 vom FMSG empfohlen. Bei einer Umsetzung stellen diese Erleichterungen für Kreditnehmer dar.
Was sind die Folgen für Wohnkredit-Kunden in Österreich?
Wer bereits einen Wohnkredit abgeschlossen hat, muss sich keine Gedanken machen. Denn bestehende Finanzierungen sind von den neuen Regelungen nicht betroffen.
Für neue Kreditkunden bedeutet die Verordnung aber, dass die Hürden auf dem Weg zum Eigenheim größer werden. So kann etwa der Anteil an Eigenmitteln zum Problem werden: Aktuell liegt z. B. bei mehr als der Hälfte aller vergebenen Kredite der Eigenmittel-Anteil unter den geforderten 20 Prozent (Aussage von Gottfried Haber, österreichische Nationalbank).
Durch das neue Eigenkapital Gesetz wird eine kompetente Beratung immer wichtiger.
Tipp: Unsere Wohnbau-Finanz-Experten wissen genau, welche Möglichkeiten es gibt, wenn Sie manche der Vorgaben nicht erfüllen. Im Beratungsgespräch erörtern wir mit Ihnen alle Optionen, wie beispielsweise den Generationenkredit im Rahmen einer Generationenberatung.
Mit der Verordnung will die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Stabilität im Bankensystem sichern: Die strengeren Richtlinien für die Kreditvergabe sollen verhindern, dass Wohnkredite ausfallen und Banken dadurch selbst in Schwierigkeiten kommen. Die steigenden Immobilienpreise in Österreich sorgten in den letzten Jahren für tendenziell hohe Kreditbeträge – zusätzlich sind mit Wirkung zum 27. Juli, 14. September, 02. November, 21. Dezember 2022, 08. Februar 2023 sowie 22. März 2023 bereits sechs Anhebungen der EZB-Leitzinsen eingetreten. In diesem Marktumfeld möchte die FMA das Risiko von Kreditausfällen reduzieren.
Was sind LTV-, DSTI- und DTI-Quote?
Eine Aufgabe der Österreichischen Nationalbank (OeNB) ist die Beurteilung möglicher systemischer Risiken aus der Fremdkapitalfinanzierung bei Immobilienkrediten. Eine nicht nachhaltige Immobilienkreditvergabe in Kombination mit einem Immobilienpreisboom (bzw. einer daraus folgenden Immobilienblase) führt nicht selten zu erhöhten systemischen Risiken für die Finanzmarktstabilität. Ziel der OeNB ist es daher, eine Begrenzung der systemischen Risiken aus der Immobilienfinanzierung zu erlangen. Der Grund dafür ist die erhöhte Krisenanfälligkeit von Kreditnehmern und Kreditgebern, die sowohl im privaten als auch im gewerblichen Immobiliensektor auftreten kann. Stellt das Financial Market Stability Board (FMSB) Veränderungen im Ausmaß der systemischen Risiken aus der Fremdfinanzierung von Immobilien mit potenziell negativen Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität fest, empfiehlt das Board geeignete Instrumente zur Minderung dieser Risiken.
Durch kreditnehmerbezogene Maßnahmen im Bereich der Immobilienfinanzierung soll nicht nachhaltigen Kreditvergabepraktiken entgegengewirkt werden (§ 23h Bankwesengesetz, BWG). Zu diesen Instrumenten gehören Begrenzungen der Beleihungsquote (LTV = Lohn-to-Value, LTV-Quote), der Schuldendienstquote (DSTI = Debt-Service-to-Income, DTI-Quote) und der Verschuldungsquote (DTI = Debt-to-Income, DTI-Quote). Diese Maßnahmen werden in der Regel in Zeiten eingesetzt, in denen die Kreditvergabestandards der Banken aufgrund eines hohen Kreditwachstums und einer größeren Risikobereitschaft zu sinken drohen, insbesondere in Verbindung mit einem starken Anstieg der Immobilienpreise in Österreich. Um das Vorhandensein eines systemischen Risikos zu beurteilen, werden neben den oben genannten Kennzahlen weitere Risikoparameter (z. B. Risikogewicht, Ausfallwahrscheinlichkeit und Verlust bei Ausfall) in die Betrachtung mit einbezogen.
Diese Werte müssen Sie als Kreditnehmer nicht im Einzelnen kennen. Banken und Bausparkassen in Österreich müssen diese aber im Zuge der Prüfung Ihres Krediantrags einbeziehen.
Aktuelle Trends bei Zinsen, Krediten und Immobilien
Der Anstieg der Leitzinsen macht sich aktuell erheblich auch bei den Zinsen für Wohnkredite bemerkbar: Fix verzinste Kredite sind bereits um ein mehrfaches teurer als noch zum Jahresbeginn 2022, ein weiterer Anstieg ist möglich. Der weitere Anstieg der Immobilienpreise wurde damit gestoppt und durch die neuen Regelungen zur Kreditvergabe zusätzlich gebremst.
Wer eine Immobilie bauen oder kaufen möchte, hat es künftig etwas schwerer. Denn aufgrund der neuen Regelungen gehen die Banken bei der Kreditvergabe strenger vor. Umso wichtiger ist es, einen kompetenten Partner an der Seite zu haben, der das Angebotsspektrum der Banken genau kennt – und für Sie verhandeln kann. Profitieren Sie hier von der Fachkenntnis unserer Wohnbau-Finanz-Experten und vereinbaren Sie einen kostenlosen Beratungstermin.
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Über den Autor: Hagen Luckert Position: Geschäftsführer
Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.
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Zinsen berechnen beim Kredit: Wie viele Zinsen muss ich zahlen?
Die Höhe der Zinsen ist ein wichtiges Kriterium, wenn es darum geht, den besten Kredit auszuwählen. Möchten Sie einen günstigen Wohnkredit erhalten, dann lohnt sich also in jedem Fall ein Zinsvergleich.