Waren noch vor einigen Jahren in Österreich rein variabel verzinste Wohnbaukredite der Regelfall, so hatte sich dies in den letzten Jahren teilweise geändert: In jüngster Vergangenheit hatte sich die Mehrheit der neuen Wohnbau-Kreditkunden nicht mehr für eine rein variable Verzinsung entschieden. Seit dem ersten Quartal 2023 liegt der Anteil der rein variablen Zinsabschlüsse jedoch seit längerer Zeit erstmals wieder über 50 %. Erfahren Sie hier, wie sich das Verhältnis „fix zu variabel“ in den letzten Jahren entwickelt hat und welche Schlussfolgerungen sich für Sie als privaten Kreditkunden ergeben.
Variabel verzinste Kredite sind in den meisten Zeiten günstiger als fix verzinste, bringen allerdings das Risiko von Zinssteigerungen mit sich. Je geringer der Zinsabstand zwischen langjährigen Fixzinsbindungen und variabler Verzinsung ist, desto attraktiver werden fixe Zinsen. Der „Preis“ für die Absicherung sinkt dann gewissermaßen. Die Entwicklung des Verhältnisses fix und variabel verzinster Wohnbaukredite ist also eine Art Stimmungsbarometer: Umso höher der Anteil der Fixzinsbindungen, umso mehr Kreditkunden sind der Ansicht, dass sich fixe Zinsen lohnen.
Der Anteil rein variabler Zinsbindungen ist im letzten Jahrzehnt enorm gefallen: Noch in den Jahren 2013 und 2014 waren variabel verzinste Kredite, die übliche Finanzierungsvariante und Fixzinsbindungen (oder eine Kombination aus fix und variabler Finanzierung) eher ein „Nischenprodukt“ in Österreich. So waren 2013 noch 81,6 % der neu vergebenen privaten Wohnbaukredite rein variabel verzinst.
Seit 2015 begann sich das Verhältnis allmählich zu drehen. 2022 entschied sich mit 38,4 % eine deutliche kleinere Anzahl von Kunden für eine rein variable Finanzierung, während 61,6 % eine Fixzinsbindung oder eine Mischform der Verzinsung wählten.
In den letzten Jahren sank zunächst das allgemeine Zinsniveau: Der Leitzins der EZB lag von 2016 bis Juli 2022 konstant bei 0 %, ehe dieser am 27. Juli 2022 zunächst auf 0,5 %, mit Wirkung zum 14. September 2022 auf 1,25 % und danach dann in mehreren Schritten auf aktuell 4,50 %, mit Wirkung ab 20.09.2023 angehoben wurde. Zwischen 2015 und der ersten Jahreshälfte 2022 fielen die Referenzzinssätze für die variable Verzinsung (z. B. EURIBOR) immer tiefer in den Negativbereich, ab 2019 waren auch die langfristigen Zinsen immer wieder negativ – ein Trend, den die lockere Geldpolitik der Notenbanken während der Corona-Krise noch verstärkte.
Zudem sanken auch die Zinsabstände zwischen variabler Verzinsung und Fixzinsbindungen: Banken und Bausparkassen boten verstärkt eine Reihe langjähriger Fixzinskredite an und deren Konditionen wurden immer günstiger. Beispielsweise war der Zinsabstand zwischen variabler Verzinsung und zehnjährigen Fixzinskrediten 2013 wesentlich höher als Ende 2022.
Der Zinsabstand zwischen variabler Verzinsung und jener zehnjähriger Fixzinskredite erreichte per 1. April 2020 mit rund 0,32 Prozentpunkten seinen Tiefstand (Quelle: Infina Kredit Index, Basis Nominalzins). Bis zum 31.12.2022 weitete sich der Wert zwar wieder auf 0,63 Prozentpunkte aus. Dieser lag aber infolge stark angestiegener Euriborsätze im vierten Quartal bereits deutlich unter dem Level von 2,26 Prozentpunkte per 27.06.2022.
Deutlich wird also, dass sich Kreditnehmer in Österreich in den letzten 10 Jahren zunehmend für die „sichere“ Variante der Wohnbaufinanzierung entschieden haben. Und dies aus gutem Grund: Bei einer Nutzung als Eigenheim bleibt das Risiko der Wertenwicklung Ihrer Immobilie überschaubar, solange diese weiterhin Ihre Wohnbedürfnisse erfüllt. Das Risiko steigender Zinsen ist nicht zu unterschätzen, gerade bei geringerem Eigenkapitalanteil. Mit einer Fixzinsbindung können Sie sich dagegen absichern.
Die Zahlen der letzten Quartale zeigen, dass die Beliebtheit von Fixzinsbindungen oder zumindest einer teilweisen Absicherung in 2022 insgesamt weiter hoch war. Der sehr deutliche Anstieg der Finanzierungen mit (Teil-)Absicherung zeigt, dass die Mehrheit der Kreditnehmer eigentlich eine langfristige Sicherheit mit einer Fixzinsbindung sucht. Im dritten Quartal 2022 ist der Anteil der nicht rein variablen Verzinsung dann von 66,6 % im Vorquartal auf 54,4 % erheblich eingebrochen.
Ein weiterer Rückgang erfolgte im vierten Quartal 2022 auf 52,8 %. Im ersten Quartal 2023 ist der Anteil rein variabel verzinster Wohnbaukredite sprunghaft weiter auf 57,5 % angestiegen. Im zweiten Quartal 2023 sinkt der Anteil ausschließlich variabler Wohnbaukredite wieder auf 52,5 %, liegt aber erneut über 50 %. Wesentliche Treiber waren hier die Streichung von Fixzinsangeboten sowie die Umstellung auf Bandbreitenmodelle durch etlichen Banken sowie die Hoffnung der Kreditnehmer auf wieder bald sinkende Zinsen. Ende des dritten Quartals 2023 liegen die Zinssätze für neue variable Wohnbaufinanzierungen aufgrund der aktuellen inversen Zinsstruktur etwa 1,0 % über den Zinssätzen mit langfristiger Zinsbindung.
Kreditnehmer bezahlen insofern derzeit keine Prämie für die Absicherung des Zinsänderungsrisikos. Sie erhalten diese kostenfrei und bekommen für die langfristige Absicherung sogar noch einen günstigeren Zinssatz.
Zum Teil schulden auch bestehende Kreditnehmer ihre variablen Finanzierungen auf langfristige Fixzinsbindungen um. Denn einige rechnen aufgrund der aktuell hohen Inflation mit weiter steigenden Kreditzinsen in 2023. Auch die Vertreter der EZB signalisierten, dass weitere Zinserhöhungen des Leitzinses nicht ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass die Kreditvergabekriterien seit 01. August 2022 strenger geworden sind. Das bedeutet konkret: Nur wenn Sie sich mit einer Fixzinsbindung mittel- oder langfristig absichern, können Sie Ihre monatliche Belastung sicher kalkulieren.
Da die langfristigen Zinsen, welche für die Fixzinsbindungen relevant sind, seit letztem Jahr deutlich gestiegen sind, haben die Kreditinstitute die Konditionen neuer Fixzinskredite verteuert. Die Zinssätze sind in Österreich im dritten Quartal 2023 in vielen Fällen bereits mehr als dreifach so hoch wie zu Beginn des Jahres 2022. Zunehmend bieten Kreditinstitute auch wieder verstärkt variabel verzinste Kredite aktiv an und haben ihr Angebot an Fixzinskrediten verringert. Und dies zu einem Zeitpunkt, zu welchem langfristige Fixzinsbindungen im Herbst 2023 um etwa 1,0 % günstiger zu bekommen sind, als variable Finanzierungen. Aus Kundensicht spricht insofern aktuell wenig für eine Finanzierung mit rein variablem Zinssatz. In Laufe des Jahres 2023 dürfte sich die Zinsdifferenz zwischen den beiden Zinsvarianten wieder verkleinern.
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Datenquelle: Österreichische Nationalbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.