Waren noch vor einigen Jahren in Österreich variabel verzinste Wohnbaukredite der Regelfall, so hat sich dies zwischenzeitlich geändert: In jüngster Vergangenheit hat die Mehrheit der neuen Wohnbau-Kreditkunden eine Fixzinsbindung abgeschlossen. Erfahren Sie hier, wie sich das Verhältnis „fix zu variabel“ in den letzten Jahren entwickelt hat und welche Schlussfolgerungen sich für Sie als privaten Kreditkunden ergeben.
Variabel verzinste Kredite sind günstiger als fix verzinste, bringen allerdings das Risiko von Zinssteigerungen mit sich. Je geringer der Zinsabstand zwischen langjährigen Fixzinsbindungen und variabler Verzinsung ist, desto attraktiver werden fixe Zinsen. Der „Preis“ für die Absicherung sinkt dann gewissermaßen. Die Entwicklung des Verhältnisses fix und variabel verzinster Wohnbaukredite ist also eine Art Stimmungsbarometer: Umso höher der Anteil der Fixzinsbindungen, umso mehr Kreditkunden sind der Ansicht, dass sich fixe Zinsen lohnen.
Der Anteil an Fixzinsbindungen ist im letzten Jahrzehnt enorm gestiegen: Noch in den Jahren 2013 und 2014 waren variabel verzinste Kredite die übliche Finanzierungsvariante und Fixzinsbindungen eher ein „Nischenprodukt“ in Österreich. So waren 2013 nur 18,4 % der neu vergebenen privaten Wohnbaukredite fix verzinst.
Seit 2015 begann sich das Verhältnis allmählich zu drehen. 2022 entschied sich mit 61,6 % die deutliche Mehrheit für eine Fixzinsbindung, während nur mehr 38,4 % die variable Verzinsung wählten.
In den letzten Jahren sank zunächst das allgemeine Zinsniveau: Der Leitzins der EZB lag von 2016 bis Juli 2022 konstant bei 0 %, ehe dieser am 27. Juli 2022 zunächst auf 0,5 %, mit Wirkung zum 14. September 2022 auf 1,25 % und danach dann in mehreren Schritten auf aktuell 3,50 %, mit Wirkung ab 22. März 2023 angehoben wurde. Zwischen 2015 und der ersten Jahreshälfte 2022 fielen die Referenzzinssätze für die variable Verzinsung (z. B. EURIBOR) immer tiefer in den Negativbereich, ab 2019 waren auch die langfristigen Zinsen immer wieder negativ – ein Trend, den die lockere Geldpolitik der Notenbanken während der Corona-Krise noch verstärkte.
Zudem sanken auch die Zinsabstände zwischen variabler Verzinsung und Fixzinsbindungen: Banken und Bausparkassen boten verstärkt eine Reihe langjähriger Fixzinskredite an und deren Konditionen wurden immer günstiger. Beispielsweise war der Zinsabstand zwischen variabler Verzinsung und zehnjährigen Fixzinskrediten 2013 wesentlich höher als Ende 2022.
Der Zinsabstand zwischen variabler Verzinsung und jener zehnjähriger Fixzinskredite erreichte per 1. April 2020 mit rund 0,32 Prozentpunkten seinen Tiefstand (Quelle: Infina Kredit Index, Basis Nominalzins). Bis zum 31.12.2022 weitete sich der Wert zwar wieder auf 0,63 Prozentpunkte aus. Dieser lag aber infolge stark angestiegener Euriborsätze im vierten Quartal bereits deutlich unter dem Level von 2,26 Prozentpunkte per 27.06.2022.
Deutlich wird also, dass sich Kreditnehmer in Österreich in den letzten 10 Jahren zunehmend für die „sichere“ Variante der Wohnbaufinanzierung entschieden haben. Und dies aus gutem Grund: Bei einer Nutzung als Eigenheim bleibt das Risiko der Wertenwicklung Ihrer Immobilie überschaubar, solange diese weiterhin Ihre Wohnbedürfnisse erfüllt. Das Risiko steigender Zinsen ist nicht zu unterschätzen, gerade bei geringerem Eigenkapitalanteil. Mit einer Fixzinsbindung können Sie sich dagegen absichern.
Die Zahlen der letzten Quartale zeigen, dass die Beliebtheit von Fixzinsbindungen in 2022 insgesamt weiter hoch ist. Im ersten Quartal 2022 hat der Anteil der Fixzinsbindungen aufgrund des Beginns angestiegener Zinsen einen neuen Rekordwert von 67,6 % erzielte. Der sehr deutliche Anstieg der Finanzierungen mit Fixzinsbindungen im ersten Quartal 2022 zeigt, dass die Mehrheit der Kreditnehmer eigentlich eine langfristige Absicherung mit einer Fixzinsbindung sucht. Im dritten Quartal 2022 ist der Anteil der Fixzinsbindungen dann von 66,6 % im Vorquartal auf 54,4 % erheblich eingebrochen. Ein weiterer Rückgang erfolgte im vierten Quartal 2022 auf 52,8 %. Wesentliche Treiber waren hier aber nicht nur der Wunsch des Kunden nach einer etwas niedrigeren monatlichen Kreditrate im Rahmen einer variablen Verzinsung, sondern auch ganz wesentlich die Streichung von Fixzinsangeboten sowie die Umstellung auf Bandbreitenmodelle durch etlichen Banken.
Darüber hinaus schulden zum Teil auch bestehende Kreditnehmer ihre variablen Finanzierungen auf langfristige Fixzinsbindungen um. Denn einige rechnen aufgrund der aktuell hohen Inflation mit weiter steigenden Kreditzinsen in 2023.
Auch die Vertreter der EZB signalisierten, dass mit weiteren Zinserhöhungen des Leitzinses gerechnet werden muss. Hinzu kommt, dass die Kreditvergabekriterien seit 01. August 2022 strenger geworden sind. Das bedeutet konkret: Nur wenn Sie sich mit einer Fixzinsbindung mittel- oder langfristig absichern, können Sie Ihre monatliche Belastung sicher kalkulieren.
Da sich die langfristigen Zinsen, welche für die Fixzinsbindungen relevant sind, im Steigen befinden, haben die Kreditinstitute begonnen, die Konditionen neuer Fixzinskredite zu verteuern. Die Zinssätze sind in Österreich im ersten Quartal 2023 in vielen Fällen bereits mehr als dreifach so hoch wie zu Beginn des Jahres 2022. Zunehmend bieten Kreditinstitute auch wieder verstärkt variabel verzinste Kredite aktiv an und haben ihr Angebot an Fixzinskrediten verringert. Und dies zu einem Zeitpunkt, zu welchem langfristige Fixzinsbindungen sich zum Jahresbeginn 2023 in etwa auf gleicher Höhe wie variable Finanzierungen befinden. Aus Kundensicht spricht insofern aktuell wenig für eine Finanzierung mit variablem Zinssatz. In Laufe des Jahres 2023 dürfte sich die Zinsdifferenz zwischen den beiden Zinsvarianten zudem auch wieder vergrößern.
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Datenquelle: Österreichische Nationalbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.