An der Statistik der Baugenehmigungen der vergangenen Jahre lässt sich ablesen, wie sich die Bautätigkeit in Österreich entwickelt hat. Für private Kreditkunden im Bereich Wohnbau sind diese Zahlen besonders interessant, da sich z. B. auch Auswirkungen auf die Immobilienpreise ergeben. Erfahren Sie hier die aktuellen Trends und welche Schlussfolgerungen Sie als privater Kreditkunde daraus ziehen können.
Als privater Kreditnehmer einer Immobilienfinanzierung ist das für Sie von mehrfacher Bedeutung: Die Anzahl hat beispielsweise Einfluss auf die kurzfristigen Immobilienpreise und die Anzahl der Kreditanfragen für Wohnbaukredite. Je stärker die Anzahl der Baugenehmigungen sinkt, desto mehr stiegen generell die Immobilienkaufpreise und umgekehrt. Zudem bedeutet eine steigende Anzahl von Baugenehmigungen aber einen größeren Finanzierungsbedarf, was tendenziell teurere Bankkonditionen zur Folge haben kann.
Von 2010 bis 2021 stieg die Anzahl der genehmigten neuen Wohngebäude in Österreich auf Jahresbasis von 18.828 auf 22.23322.677. In dieser Langfristbetrachtung stieg die Jahresanzahl also um 18,1 %. Im Jahr 2022 folgte dann mit 18.426 Wohngebäuden der drastische Einbruch um fast 20 %, wieder auf das Niveau von 2010. Dieser ist zudem der tiefste Wert seit 2013. Bei den genehmigten Wohnungen ist die gleiche Entwicklung zu sehen: in diesem Zeitraum ein noch stärkerer Anstieg zu verzeichnen: Wurden 2010 noch 52.078 neue Wohnungen genehmigt, so waren es 2021 bereits 72.37776.011 – eine Steigerung um 39,046,0 % in diesen 11 Jahren. Im Jahr 2022 folgte dann ein Einbruch um 22,5 % auf 58.924 Einheiten.
Die Statistik der Baugenehmigungen zeigt im 11-Jahres-Zeitraum also einen deutlichen Trend nach oben. Obwohl die Entwicklung der Immobilienpreise in den letzten Jahren nur eine Richtung kannte, nämlich nach oben, stieg die Anzahl der Baugenehmigungen in Österreich kontinuierlich. Interessant ist hierbei, dass die Immobilienpreise stiegen, obwohl die Bautätigkeit zunahm und laufend neuer Wohnraum geschaffen wurde. Festzuhalten bleibt damit, die Nachfrage nach Immobilien war bis 2021 ungebrochen hoch.
Bei der Analyse von Detaildaten ist zudem auffällig, dass die Baugenehmigungen für jene Wohnungen, die sich in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen befinden, besonders stark stiegen. Zwischen 2010 und 2022 zeigte sich ein Wachstum von 21.488 auf 29.662 (Jahr 2021 sogar 39.107), was einer Steigerung von über 1/3 entspricht. Dies ist auf den Trend zu verdichteter Bauweise in Ballungszentren bzw. zu kleineren Wohnungen zurückzuführen. Denn gerade die Nachfrage nach diesen kleinen und mittleren Wohnungen im städtischen Raum, etwa der klassischen Zwei-Zimmer-Anlegerwohnung, war besonders hoch.
Die Statistik der Baugenehmigungen von neuen Wohngebäuden in den letzten vier Quartalen zeigt, dass im zweiten Quartal 2022 die Anzahl der Baugenehmigungen mit 5.377 am höchsten war. Im ersten Quartal 2021 wurden mit 3.278 Baugenehmigungen etwa 39 % weniger neue Wohngebäudegenehmigungen erteilt.
Während Corona und das damit verbundene Thema Home-Office im Jahr 2021 zunächst zum Trend auf vermehrte Bauaktivitäten im Grünen führte, also Immobilien am Stadtrand oder im ländlichen Bereich mit guter Infrastrukturanbindung, überwog ab dem ersten Quartal 2022 dann die Kostenexplosion bei den Rohstoff-Preisen. Geplante Bauvorhaben von Bauträgern und im privaten Hausbau wurden und werden unverändert aufgeschoben. Die Anzahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen sank damit parallel vom zweiten Quartal 2022 (15.989) auf das erste Quartal 2023 (10.348) um rund 35 %.
Die Fertigstellung von Neubauten könnte sich in vielen Fällen verzögern. Grund dafür sind die teilweise immer noch hohen Rohstoffpreise. Dieser Effekt führt tendenziell zudem eher zu konstanten Immobilienpreisen (bei Neubauobjekten). Allerdings ist seit dem zweiten Quartal 2022 bereits schon wieder ein deutlicher Rückgang bei einzelnen Rohstoffpreisen und seit dem vierten Quartal 2022 in einzelnen Regionen beim Auftragsbestand von Handwerkern zu sehen.
Aktuell lässt sich noch nicht abschätzen, ob die mittelfristige Entwicklung hin zum Ein- und Zweifamilienhaus im Grünen auch vor dem Hintergrund stark gestiegener Zinsen weiter anhält bzw. in welchem Ausmaß der Trend zur Verstädterung wieder zurückkehrt. Davon hängt dann ab, wie sich die Baugenehmigungen auf den städtischen und ländlichen Raum verteilen. Unabhängig davon, wie stark die Bautätigkeit in Ihrer aktuell präferierten Region ist, sollten Sie auf eine gute Lage der Immobilie achten. Hier gilt: Suchen Sie lieber etwas länger, bis Sie wirklich eine Immobilie in passender Lage finden – denn Sie haben dann ein deutlich geringeres Risiko eines möglicherweise stagnierenden oder sinkenden Immobilienwertes.
Baugründe sind unverändert in vielen Regionen in Österreich rar und teuer. Daher ist damit zu rechnen, dass sich die zukünftigen Projekte des Wohnbaus mehr in den Speckgürtel verlagern werden. Aufgrund sinkender Anzahl fertiggestellter Neubauten und hoher Inflation muss mit einigermaßen stabilen und dann wieder steigenden Immobilienpreisen für Neubauten gerechnet werden. Zudem sollte der Trend zu kleineren Wohneinheiten mittelfristig weiter anhalten, da diese eher leistbar sind.
Ob Kreditarten, Laufzeit oder Wohnbauförderung: In unseren Ratgebern finden Sie hilfreiche Informationen rund um die Finanzierung einer Immobilie.
Datenquelle: Statistik Austria
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.