An der Statistik der Baugenehmigungen der vergangenen Jahre lässt sich ablesen, wie sich die Bautätigkeit in Österreich entwickelt hat. Für private Kreditkunden im Bereich Wohnbau sind diese Zahlen besonders interessant, da sich z. B. auch Auswirkungen auf die Immobilienpreise ergeben. Erfahren Sie hier die aktuellen Trends und welche Schlussfolgerungen Sie als privater Kreditkunde daraus ziehen können.
Als privater Kreditnehmer einer Immobilienfinanzierung ist das für Sie von mehrfacher Bedeutung: Die Anzahl hat beispielsweise Einfluss auf die kurzfristigen Immobilienpreise und die Anzahl der Kreditanfragen für Wohnbaukredite. Je stärker die Anzahl der Baugenehmigungen steigt, desto mehr drückt dies auf die Immobilienkaufpreise und umgekehrt. Gleichzeitig bedeutet eine steigende Anzahl von Baugenehmigungen aber einen größeren Finanzierungsbedarf, was tendenziell teurere Bankkonditionen zur Folge haben kann.
Von 2010 bis 2021 stieg die Anzahl der genehmigten neuen Wohngebäude in Österreich auf Jahresbasis von 18.828 auf 22.233. In dieser Langfristbetrachtung stieg die Jahresanzahl also um 18,1 %. Bei den genehmigten Wohnungen ist in diesem Zeitraum ein noch stärkerer Anstieg zu verzeichnen: Wurden 2010 noch 52.078 neue Wohnungen genehmigt, so waren es 2021 bereits 72.377 – eine Steigerung um 39,0 % in diesen 11 Jahren.
Die Statistik der Baugenehmigungen zeigt im 11-Jahres-Zeitraum also einen deutlichen Trend nach oben. Obwohl die Entwicklung der Immobilienpreise in den letzten Jahren nur eine Richtung kannte, nämlich nach oben, stieg die Anzahl der Baugenehmigungen in Österreich kontinuierlich. Interessant ist hierbei, dass die Immobilienpreise stiegen, obwohl die Bautätigkeit zunahm und laufend neuer Wohnraum geschaffen wurde. Festzuhalten bleibt damit, die Nachfrage nach Immobilien war bis 2021 ungebrochen hoch.
Bei der Analyse von Detaildaten ist zudem auffällig, dass die Baugenehmigungen für jene Wohnungen, die sich in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen befinden, besonders stark stiegen. Zwischen 2010 und 2021 zeigte sich ein Wachstum von 21.488 auf 35.719, was einer Steigerung von 2/3 entspricht. Dies ist auf den Trend zu verdichteter Bauweise in Ballungszentren bzw. zu kleineren Wohnungen zurückzuführen. Denn gerade die Nachfrage nach diesen kleinen und mittleren Wohnungen im städtischen Raum, etwa der klassischen Zwei-Zimmer-Anlegerwohnung, war besonders hoch.
Die Statistik der Baugenehmigungen von neuen Wohngebäuden in den letzten vier Quartalen zeigt, dass im zweiten Quartal 2022 die Anzahl der Baugenehmigungen mit 5.323 am höchsten war. Im dritten Quartal 2022 wurden mit 4.453 Baugenehmigungen etwa 16 % weniger neue Wohngebäudegenehmigungen als im Vorquartal erteilt.
Während Corona und das damit verbundene Thema Home-Office im Jahr 2021 zunächst zum Trend auf vermehrte Bauaktivitäten im Grünen führte, also Immobilien am Stadtrand oder im ländlichen Bereich mit guter Infrastrukturanbindung, überwog ab dem vierten Quartal 2021 dann die Kostenexplosion bei den Rohstoff-Preisen. Geplante Bauvorhaben von Bauträgern und im privaten Hausbau wurden und werden unverändert aufgeschoben. Die Anzahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen sank damit parallel im dritten Quartal 2022 (im Vergleich zum Vorquartal Reduzierung um 13 %).
Die Fertigstellung von Neubauten könnte sich in vielen Fällen verzögern. Grund dafür sind die teilweise immer noch hohen Rohstoffpreise und der Handwerkermangel. Dieser Effekt führt tendenziell zudem eher zu nochmals leicht steigenden Immobilienpreisen (bei Neubauobjekten). Allerdings ist seit dem zweiten Quartal 2022 bereits schon wieder ein deutlicher Rückgang bei einzelnen Rohstoffpreisen und seit dem vierten Quartal 2022 in einzelnen Regionen beim Auftragsbestand von Handwerkern zu sehen.
Aktuell lässt sich noch nicht abschätzen, ob die Entwicklung hin zum Ein- und Zweifamilienhaus im Grünen auch vor dem Hintergrund stark gestiegener Zinsen weiter anhält bzw. in welchem Ausmaß der Trend zur Verstädterung wieder zurückkehrt. Davon hängt dann ab, wie sich die Baugenehmigungen auf den städtischen und ländlichen Raum verteilen. Unabhängig davon, wie stark die Bautätigkeit in Ihrer aktuell präferierten Region ist, sollten Sie auf eine gute Lage der Immobilie achten. Hier gilt: Suchen Sie lieber etwas länger, bis Sie wirklich eine Immobilie in passender Lage finden – denn Sie haben dann ein deutlich geringeres Risiko eines möglicherweise stagnierenden oder sinkenden Immobilienwertes.
Baugründe sind unverändert in vielen Regionen in Österreich rar und teuer. Daher ist damit zu rechnen, dass sich die zukünftigen Projekte des Wohnbaus mehr in den Speckgürtel verlagern werden. Wegen der stabilen Immobilienpreise für Neubauten auf hohem Niveau sollte der Trend zu kleineren Wohneinheiten mittelfristig weiter anhalten, da diese eher leistbar sind.
Ob Kreditarten, Laufzeit oder Wohnbauförderung: In unseren Ratgebern finden Sie hilfreiche Informationen rund um die Finanzierung einer Immobilie.
Datenquelle: Statistik Austria
Bildquellen: Infina Grafik
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.
Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.