Autor: Mag. Harald Draxl Kategorie: Zinsen Datum: 21.09.2023
Wie werden sich die Zinsen 2023 und den Folgejahren entwickeln? Seit Anfang 2022 sind die Zinssätze für variabel verzinste Wohnbaukredite beispielsweise deutlich angestiegen. Werden weitere gesetzliche Änderungen Einfluss auf aktuelle und zukünftige Wohnbaukredite haben? Grundsätzlich können Zinsen über kurz oder lang sehr stark schwanken, vor allem in den nächsten 2-3 Jahren sind unterschiedlichste Szenarien denkbar. Unsere Experten liefern Ihnen regelmäßig Informationen zur Entwicklung der Zinsmärkte sowie eine interessante Prognose zur weiteren möglichen Zinsentwicklung.
Zinsen werden von Banken bei Bereitstellung eines Kredites/Darlehens als Entgelt verlangt. Gut zu wissen: Verbraucher sind bei Zinsanpassungen durch den Kreditgeber besser geschützt als Unternehmer.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Arten von Zinsen und alle haben ihre eigene Berechnungsgrundlage. Einige sind so simpel, dass ein Taschenrechner ausreicht, andere hingegen sind viel komplexer. Für diese Fälle gibt es zum Beispiel diverse Zinsrechner im Internet. Man kann zwischen Kredit-, Bausparvertrag- und Sparbuchzinsen unterscheiden:
Informieren Sie sich in unserem Ratgeber, wie Sie Ihre individuelle Situation berechnen können:
Wenn Sie einen Kredit in Österreich aufnehmen, müssen Sie eine Gegenleistung bringen. Diese wird im Kreditvertrag meist in Form eines Kreditzinses vereinbart. Kreditzinsen zahlen Sie somit als Gegenleistung für das geborgte Geld, das Sie vom Kreditgeber erhalten.
Bausparvertragszinsen
Im Gegenzug zu den Kreditzinsen erhalten Sie bei Abschluss eines Bausparvertrages die sogenannten Bausparvertragszinsen. Dabei leihen Sie einer der Bausparkassen in Österreich Geld und bekommen im Gegenzug Guthabenzinsen retour.
Sparbuchzinsen
Ähnlich wie bei den Bausparzinsen erhalten Sie bei Eröffnung eines Sparbuches Zinsen von der Bank. Hier leihen Sie der Bank Geld und bekommen dafür Zinsen.
Der EURIBOR-Zinssatz und seine Zinsentwicklung
Im Kreditbereich spricht man häufig von EURIBOR-Zinssätzen. Der EURIBOR ist ein sogenannter Indikator, zu dem sich die Geldhäuser refinanzieren und in weiterer Folge Kreditmittel an den Endkunden oder Firmenkunden vergeben.
Unter Refinanzierung versteht man die Geldbeschaffung der Banken in Österreich, damit sie Kredite vergeben können. Es gibt unterschiedliche Quellen, bei denen sich Banken refinanzieren können. Häufig leihen sich Banken Geld von den Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank. Kreditinstitute können sich aber auch über andere Geschäftsbanken oder Sparer refinanzieren.
Bausparkassen refinanzieren sich häufig durch Kundeneinlagen in Form von Bausparverträgen. Aber ganz gleich, woher die Refinanzierung kommt, die Kreditinstitute zahlen dafür ebenso einen Zins und haben somit dementsprechende Zinskosten. Bei der weiteren Kreditvergabe an Kunden verrechnen die Banken dann zusätzlich zu den Zinskosten einen Aufschlag (Marge). Dieser Aufschlag verbleibt bei der Bank und ist die sogenannte Zinsspanne.
Die Zinsentwicklung in Österreich 2023
Die Zinssituation war viele Jahre durch niedrige Zinsen gekennzeichnet. Lange Zeit wogen sich Kreditnehmer und Immobilienbesitzer durch Null- und Negativzinsen in Europa, Japan und den USA in Sicherheit. Seit dem Jahr 2015 gab es sogar Zinsanomalien in Form von sogenannten Negativzinsen, die seit 2019 sogar die sehr langfristigen Zinsen am Markt für Zinstauschgeschäfte (EUR-Swapsätze) erreicht hatten, ehe es 2022 damit vorbei war. Lieferkettenunterbrechungen durch anfängliche Pandemie-Maßnahmen und ab 24. Februar 2022 durch den Ukrainekrieg führten zu Engpässen in der Energieversorgung und Warenknappheit, was zwischenzeitlich massive Anstiege der Inflationsraten zur Folge hatte.
Noch im Jahr 2021 lag die durchschnittliche Inflation im Euroraum bei 2,6 % ehe diese bis Oktober 2022 auf 10,6 % Anstieg, aber im Einklang mit Konjunkturabschwung und sinkenden Rohstoffpreisen bis August 2023 gefolgt von einem Rückgang auf 5,3 %. Die EZB hat als Reaktion auf hohe Inflationsraten seit Juli 2022 ihren wichtigsten Leitzins neunmal von 0,00 auf 4,50 % angehoben. Entsprechend verteuerte sich der Dreimonats-Euribor, wichtigster Indikatorzins für variabel verzinste Kredite in Österreich, von noch minus 0,57 % Anfang Januar 2022 auf zuletzt 3,93 % (Stand 19.09.2023) - ein Anstieg um 442 Basispunkte.
Laut Infina Kredit Index (IKI), einer aus zwölf Kreditinstituten bestehenden Marktstichprobe, verteuerten sich alleine in den ersten beiden Quartalen 2023 die nominalen Kreditzinsen für variabel verzinste Wohnbaukredite im Schnitt um 1,373 Prozentpunkte auf 4,762 %. Da die Zinsen am langen Ende bereits früher anstiegen, hielt sich 2023 beispielsweise die weitere Kreditzinsverteuerung für zehnjährige Fixzinsbindungen mit 10,2 Basispunkte auf 4,125 % in engen Grenzen.
Neben den Zinssätzen spielt die aktuelle Situation der einzelnen Bank noch eine Rolle. Müssen Banken sich aufgrund von Bonitätsverschlechterungen teurer refinanzieren, dann werden Sie versuchen, die höheren Kosten auf die Konditionen beim Neuabschluss abzuwälzen. Auch könnten Banken zwischen Kreditnehmern mit besseren und schlechteren Bonitäten unterscheiden und den schlechteren bei Neuabschluss deutlich höhere Zinsen verrechnen.
In Österreich herrschen zudem seit 1. August 2022 folgende Restriktionen in der Vergabe von Immobilienkrediten an Endverbraucher:
Monatliche Kreditrate darf maximal 40 % des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen.
Maximale Laufzeit von 35 Jahren.
Insgesamt dürfen bei einem Kreditinstitut maximal 20 % aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten.
Die ersten Folgen: Ein Anpassungsprozess innerhalb der Banken, der teilweise mit höheren Ablehnungsquoten verbunden ist. Finanzierungsfälle, die vor dem 1. August 2022 noch genehmigt worden wären, werden heute mitunter abgelehnt.
Lesen Sie mehr in unserem Ratgeber zum Thema aktueller Zinssätze
Bei den Zinserwartungen in Richtung Jahresende 2023 hat sich, nach anfänglich großen Unterschieden in der Einschätzung, nun die Erwartung eines hohen Zinsplateaus durchgesetzt, das sich auch in den Zinsfutures-Preisen und somit Forward-Zinskurven widerspiegelt.
Das deckt sich mit jüngsten Aussagen von EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, rund um die Leitzinsanhebung am 27. Juli 2023. Zwar sind hohe Zinsen weiterhin erforderlich, um vor allem die hartnäckige Kerninflation in den Griff zu bekommen. Auf der anderen Seite mäßigte sich das Wording der EZB in der Aussendung zur jüngsten geldpolitischen Entscheidung. Indessen preist im 3-Monats-Euribor die Forward-Kurve zwischen 8. November und 8. Dezember 2023 ein Hoch von 3,88 % ein, was bis dahin mit hoher Wahrscheinlichkeit keine weitere Leitzinsanhebung impliziert. Von wahrscheinlich 4,50 % ausgehend ist dann ab Juni 2024 eine erste Leitzinssenkung denkbar.
Doch Vorsicht: Die in Forward-Kurven eingepreisten Zukunftserwartungen basieren auf den Status Präsenz und sind im Laufe der Zeit im Einklang mit veröffentlichten (Wirtschafts)Nachrichten starken Veränderungen unterworfen.
Letztendlich bietet in einer so dynamischen Zinslandschaft nur eine Fixzinsbindung im Bereich Wohnbaufinanzierung Sicherheit. Sofern Sie heute eine bestehende Immobilienfinanzierung mit variabler Verzinsung haben, können Sie mit dem Kredit Entlastungsrechner die Höhe Ihrer zukünftigen monatlichen Rate simulieren, wenn die Leitzinsen weiter steigen.
Kredit Entlastungsrechner
Die Zinsen für Ihre variable Finanzierung sind deutlich gestiegen und Sie haben zunehmend Probleme sich Ihre Kreditrate noch zu leisten? Mit dem Kredit Entlastungsrechner von Infina können Sie sich anzeigen lassen, wie hoch Ihre monatliche Rate konkret bei weiteren Anstiegen des Leitzinses sein wird.
Weiterhin können Sie sehen, welchen Betrag Sie monatlich weniger bezahlen, wenn Sie auf eine neue maximale Laufzeit von 35 Jahren bei gleichzeitiger Absicherung mit einem Fixzinssatz auf 20 Jahre umstellen. Unsere Wohnbau-Finanz-Experten beraten Sie diesbezüglich gerne und helfen Ihnen, Ihre monatliche Kreditrate zu reduzieren.
Bei Immobilienfinanzierungen muss man zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen unterscheiden: Bei einem langfristigen Zinssatz handelt es sich um einen Zinssatz, der über einen längeren Zeitraum (5-30 Jahre) angewendet wird. Kurzfristige Zinssätze beziehen sich meist auf eine Laufzeit von bis zu 12 Monaten. Damit verbundene Finanzierungen gelten daher als variable Kredite und werden laufend angepasst.
Im Einklang mit stark steigenden Zinsen am langen Ende und einer ersten Leitzinsanhebung der EZB drehten die Geldmarktzinssätze reihenweise ins Plus. Dies war auch zu erwarten. Während die Euriborsätze von der EZB relativ gut gesteuert werden können, sofern es keinerlei Verwerfungen am Interbanken-Geldmarkt gibt, ist das Pricing am langen Ende ein wesentlich komplexerer Prozess:
Faktoren sind hier Zins- und Inflationserwartungen, Entwicklung der Bonität von Banken und Staaten (wie agieren die Rating-Agenturen?), aktuelle Inflationsdaten und Konjunkturdaten sowie die Ausgänge von Staatsanleihen-Auktionen. Diese Faktoren trieben zuletzt am langen Ende in den USA und Europa die Kapitalmarktzinsen nach oben. Diese Entwicklungen eilten Leitzinsanhebungen voraus. Seit Mitte März 2022 hat zum Beispiel die Fed bereits elfmal ihren Leitzins nach oben geschraubt, bevor sie zuletzt am 20. September eine Zinspause einlegte. Die EZB ließ sich hingegen mit einem ersten Schritt (+0,5 %) bis zum 21. Juli 2022 Zeit. Die Märkte haben dies jedoch schon im Vorfeld eingepreist. Das bedeutet, die Geldmarktsätze stiegen bereits im Vorfeld an und nahmen das Ereignis vorweg. Insgesamt hat die EZB in zehn Schritten ihren wichtigsten Leitzins von 0,00 % bis 20. September 2023 auf 4,50 % angehoben (Stand: 21.09.2023)
Waren lange Zeit die Fixzinskredite „eine klare Sache“ für Immobilienfinanzierungskunden, so sah der Markt nach einer Verteuerung um mehr als zwei Prozentpunkte zunächst anders aus. Variablen Zinsen waren wieder attraktiv, doch es blieben hier weiterhin Zinsrisiken. Aktuell sind infolge einer inversen Zinskurve variabel verzinste Immobilienkredite spürbar teurer als langjährige Fixzinsbindungen, was diese auf ersten Blick besonders günstig erscheinen lässt (Stand: 21.09.2023).
Info
Variable Finanzierungen an Verbrauchern müssen an einen Indikator gebunden sein, der von der Bank anzugeben ist. Die getroffene Zinsvereinbarung kann bis zum Ablauf der Finanzierung vom Kreditgeber nicht einseitig geändert werden. Gegen negative Marktentwicklungen z. B. einen kräftigen Zinsanstieg, kann sich ein Kreditnehmer jedoch nur durch Abschluss einer Zinsabsicherung schützen, wie zum Beispiel mit einer Fixzinsvereinbarung. Der Kreditzins wird dann auf eine Laufzeit von 5-30 Jahren fixiert.
Weitere Zinsentwicklung und Prognosen sind für die richtige Wohnbaufinanzierung wichtig.
Zinsen berechnen: Das sollten Sie wissen
Möchten Sie Ihre Zinsen selbst berechnen, kann dies unter Umständen ein schwieriges Verfahren werden: Viele Daten, die für die Berechnung nötig sind, stehen Privatpersonen vor dem ersten Gespräch mit der Bank nämlich gar nicht zur Verfügung.
Gut, dass es unseren Infina Zinsrechner gibt. Berechnen Sie kostenlos Ihre Zinsen und ersparen Sie sich damit unnötiges Kopfzerbrechen:
Die Zinsentwicklung in Europa
Die aktuell von den Notenbanken bekämpfte Inflation ist nicht aus einer starken Konjunktur, sondern aus Angebotsverknappung durch zwei externe Schockereignisse hervorgegangen, nämlich Pandemie-Lockdowns und seit 24. Februar 2022 dem Ukraine-Krieg. In der Hoffnung auf baldige Normalisierung der Lage haben die Fed und EZB mit konkreten Zinsschritten lange zugewartet. Von Januar bis Juni 2022 stieg insbesondere infolge höherer Erdgaspreise die Inflationsrate des Euroraums von 5,1 auf 8,6 %, ehe die EZB am 21. Juli 2022 ihre erste Leitzinsanhebung um 0,5 Prozentpunkte beschloss. Sie erhöhte in insgesamt zehn Schritten ihren Hauptrefinanzierungssatz von 0,00 auf 4,50 % (Stand 21.09.2023). Von Jahresanfang 2022 bis 19. September 2023 stieg der 3-Monats-Euribor von minus 0,57 % auf 3,934 %, was in Österreich variabel verzinste Kredite erheblich verteuerte.
Die Zinsen am langen Ende begannen indessen viel früher zu steigen und nehmen bereits infolge eines Konjunkturabschwungs zukünftige Zinssenkungen vorweg. Der 20-jährige EUR-Swapsatz, relevant für 20-jährige Fixzinsbindungen, lag bspw. am 3. Januar 2021 noch bei Null ehe er bis 12. Oktober 2022 auf ein Hoch von 3,21 % stieg, verglichen mit 3,17 % am 19. September 2023. Da die Zinsen am langen Ende wesentlich weniger stark anstiegen als die kurzfristigen Geldmarktsätze, resultiert daraus die Marktanomalie einer inversen Zinskurve (Zinsen am langen Ende niedriger). Normalisiert sich diese, verteuert sich voraussichtlich das lange Zinsende.
Mittlerweile ist die Industrie im Euroraum in der Rezession und die Headline-Inflation hat sich bis August 2023 seit ihrem Hoch im Oktober 2022 auf 5,3 % halbiert. Auch die Kerninflation hält sich noch hartnäckig bei 5,3 % und vor allem Lohninflation bleibt ein Risikofaktor. Per Saldo rechnen die Märkte in etwa bis Dezember 2023 mit einem Hoch im Dreimonats-Zins. Szenario-abhängig sind bis dahin mit einer Leitzinsanhebung im Ausmaß von 0,25 Prozentpunkten auf 4,75 % denkbar (Basisszenario).
Langfristige Zinsprognose: Was kann passieren?
Prognose der Zinsentwicklung bis 2025
Die Ausgangssituation ist komplex. Die US-Wirtschaft ist noch in einer soliden Verfassung. Das BIP-Wachstum beschleunigte sich von ersten auf das zweite Quartal 2023 von 1,8 auf 2,6 %, während sich die Arbeitslosenquote bereits seit März 2022 (bis August 2023) zwischen 3,4 und 3,9 % bewegt (Lohninflationsgefahr).
Hingegen in China besteht sogar Deflationsgefahr. Exporteinbrüche belasten die Industrie. Der Caixin China General Manufacturing PMI erreichte im Juli 2023 den Kontraktionsbereich. Die Produzentenpreise fielen im Juni 2023 mit 5,4 % so stark wie seit Dezember 2015 nicht mehr und die Inflationsrate ist bereits auf Nullniveau gelandet (Juni 2022: 2,5 %). Regierung und Zentralbank wollen nun systematisch gegen die Konjunkturschwäche vorgehen.
In Europa hat sich das BIP-Wachstum der Eurozone vom ersten auf das zweite Quartal 2023 von 1,1 auf 0,6 % verlangsamt und gemäß Einkaufsmanager-Index-Daten befindet sich die Industrie in der Rezession. Die Zinserhöhungen der EZB zeigen Wirkung, zumal die im Rahmen des HCOB-Einkaufsmangerindex™ befragten Firmen erstmals seit Januar 2021 ihren Personalbestand reduzierten und ihre Verkaufspreise das zweite Mal in Folge senkten. Auf der anderen bleibt die Kerninflation hartnäckig und es werden eher stärkere Lohnrunden erwartet. Dämpfend auf den Lohndruck wirken die Schwäche der Leitwirtschaft Deutschland und ein rückläufiger Einzelhandel.
Wahrscheinliche Szenarien zur Zinsentwicklung bis 2025
Relativ „klassischer“ Verlauf der Konjunkturzyklen
Typische zu erwartende Konjunkturverläufe ohne größere Interventionen und externe Einflüsse werden sehr gut an den Zinsfutures-Märkten und den daraus abgeleiteten Forward-Kurven reflektiert. Demnach hätten die Leitzinsen im Euroraum bereits ihr Hoch erreicht. Als Schwankungsspielraum können eventuell maximal ein bis zwei Leitzinsanhebungen auf bis zu 4,75 % im Hauptrefinanzierungssatz noch einkalkuliert werden. Doch ab Juni 2024 könnten laut aktuellem Kurvenverlauf (04.08.2023) die Zinssenkungen einsetzen. Der Boden wäre im Verlauf des Jahres 2025 bei 3,00 bis 3,50 %. Dies impliziert ein nur halbherziges Konjunkturprogramm in China, ein Softlanding der US-Wirtschaft, eine milde Rezession im Euroraum und überschaubare Lohnrunden.
Die zweite Inflationswelle und eine längere „Hochzinsphase“
Gelingt China ein umfassendes Konjunkturpaket, das in der Lage ist, über stärkere Wirtschaftskraft die Rohstoffnachfrage zu beleben, dann könnten steigende Energie- und Rohstoffpreise weltweit eine zweite Inflationswelle auslösen. Folgen dann in Europa noch stärkere Lohnrunden, würde eine belebte Konsumnachfrage die Konjunktur stützen. Gleichzeitig würden Unternehmen verstärkt in klimafreundliche Technologien, Künstliche Intelligenz und Industrieautomatisierung investieren. In diesem Szenario läge die Forward-Kurve falsch und die Leitzinsen der EZB könnten noch in zwei bis drei Schritten auf bis zu 5 % ansteigen und zur Bekämpfung einer weiteren Inflationswelle bis 2025 in einer Bandbreite von 4,25 bis 5,00 % bleiben.
Beschleunigter Abschwung oder neuer externer Schock
China gelingt kein vernünftiges Konjunkturprogramm und immer mehr zeigen sich die Ausmaße von Chinas Immobilienkrise. Auch in Europa und den USA fallen die Immobilienpreise weiter. Zunehmend mehr Unternehmen schlittern in die Insolvenz. Die im März 2023 bereits aufgekeimte Bankenkrise kehrt zurück. Je nach Tiefe der Rezession in Europa führt die EZB stärkere Zinssenkungen durch. Selbst ein Bereich von 2 bis 2,5 % wäre dann im Hauptrefinanzierungssatz möglich. Im Falle eines externen geopolitischen Schocks, wie beispielsweise einer möglichen Besetzung Taiwans durch chinesische Truppen und Unterbrechungen von Lieferketten in der Halbleiterindustrie, könnte es sogar noch stärkere Notfalls-Zinssenkungen geben.
EZB-Prognose zur Zinsentwicklung
Die Europäische Zentralbank (EZB) muss im Euroraum auf Stabilität setzen, um den Wunsch nach einer kontrollierten Inflation umsetzen zu können. Bei nachhaltiger Überschreitung des gewünschten mittelfristigen Inflationsziels von 2 % können die Leitzinsen angehoben werden. Unter diesem Aspekt erfolgten bereits zehn (Stand 21.09.23) Leitzinsanhebungen durch die EZB. Immer wieder betonte in dieser Zeit EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, die Bedeutung des Stabilitätsziels einer Inflationsrate von 2 %. Auf einen Zeitraum von mehreren Monaten eine gewisse Orientierungshilfe gaben folgende Aussagen Lagardes im Zuge der Leitzinsanhebung am 27. Juli 2023: „Ich kann versichern, dass wir nicht die Zinsen senken“ und „Wir wollen der Inflation das Rückgrat brechen. Die Daten werden zeigen, wie viel Boden wir noch gutmachen müssen“. Allerdings liegen wunde Punkte in der Kontraktion des Industriesektors der Eurozone, dem Wohnbaugeschäft sowie den Staatshaushalten und Bankensystemen hoch verschuldeter Peripherieländer der Eurozone wie zum Beispiel Griechenland, Italien, Zypern, Spanien und Portugal. Aufgrund der Komplexität der Situation legt sich Lagarde auf keine ganz konkrete geldpolitische Entscheidung fest, sondern verweist auf Entscheidungen auf Basis der aktuellen Datenlage.
Die Europäische Zentralbank ist für die langfristige Zinsentwicklung im EU-Raum verantwortlich.
Konkrete Zinsprognosen der EZB existieren nicht. Prognosen zur weiteren Leitzinsentwicklung werden nur von Dritten, also von der EZB unabhängigen Analysten, erstellt. Was es allerdings gibt und intuitiv auch ein mögliches Zinsszenario vermittelt, sind regelmäßige Inflations- und Wachstumsprognosen, die in diesem Ratgeber auch verarbeitet wurden.
Die Zinsentwicklung in den nächsten 20 Jahren
Es können keine Prognosen über Zinsentwicklungen der nächsten 10 bis 20 Jahre aufgestellt werden. Die Kapitalmärkte sind viel zu beweglich. Schon kleinere Krisen können Prognosen über Nacht komplett widerlegen. In den letzten 50 Jahren hat es im Schnitt alle 7-8 Jahre eine merkliche Krisensituation an den Weltfinanzmärkten gegeben. Die letzte Wirtschaftskrise war 2008, also schon vor 15 Jahren. Nun befinden wir uns in einer neuen Krise, in der die Karten letztendlich wieder neu gemischt werden.
Baufinanzierung: Mögliche Zinsprognosen
Derzeit kristallisiert sich vor allem für den Euroraum und unter Umständen auch für die USA eine baldige Entspannung an der Zinsfront heraus. Die Märkte preisen dabei folgende Leitzins-Peaks ein: 4,25 % im Hauptrefinanzierungssatz der EZB (bereits erreicht) und 5,25 bis 5,50 % (ebenfalls bereits erreicht) in der Fed-Fund-Rate. Dann könnten erste Leitzinssenkungen ab März 2024 (USA) bzw. ab Juni 2024 (Euroraum) folgen. Voraussetzungen sind dafür: Weiterhin rückläufige Inflationsraten, und zwar Headline- und Kerninflation, anhaltender Wirtschaftsabschwung oder gar eine Rezession in den USA und Europa und keine Angebotsschocks, die preistreibend wirken. Gleichzeitig sollte keine länger anhaltende Lohn-Preis-Spirale losgetreten werden.
Auf der Bankenseite wären zunehmend höhere Risikoaufschläge und Liquiditätskosten ein Gefahrenpotenzial für steigende Zinssätze im Bereich Wohnbaufinanzierung. Vor allem die Zinsspreads zwischen schlechten und guten Bonitäten könnten sich mit weiteren Bankenschieflagen in den USA oder auch Europa ausweiten. Derzeit ändern sich die Finanzierungskonditionen fast täglich, im Einklang mit volatilen Zinssätzen am Markt. Das macht derzeit den Kreditmarkt komplexer und Prognosen schwieriger. Die Wohnbau-Finanz-Experten von Infina informieren Sie aber gerne im Detail hierzu.
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Über den Autor: Mag. Harald Draxl Position: Geschäftsführer
Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.
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