EZB-Bilanzsumme: Entwicklung und Prognose

Autor: Mag. Elfi Stampfl
aktualisiert am 10. April 2024

Die Bilanzsummen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Fed geben Auskunft über den jeweiligen Kurs bei der Geldpolitik. Je größer die Bilanz, desto mehr Geld bringt die Zentralbank in Umlauf. Erfahren Sie hier, wie sich die Bilanzsumme der EZB und Fed entwickelt hat und welche Folgen sich für die private Wohnbaufinanzierung ergeben.

Die aktuelle EZB-Bilanzsumme [Stand März 2024]

Im März 2024 hat sich die EZB-Bilanzsumme weiter reduziert und liegt Ende des Monats bei 6,620 Billionen Euro (Reduzierung innerhalb nur eines Monats um deutliche 3,1 % gegenüber Ende Februar 2024). Bereits im Gesamtjahr 2023 hatte sich die Bilanzsumme der EZB um 12,8 % auf 6,935 Billionen Euro im Vergleich zum Vorjahresendwert verringert.

 

Bilanzsumme der EZB: Bedeutung für private Kreditkunden

Die Bilanzsumme einer Zentralbank zeigt, ob diese aktuell eine expansive oder restriktive Geldpolitik fährt. Wenn Sie über einen Immobilienkauf nachdenken, ist die Geldpolitik aus zweierlei Gründen interessant: Erstens beeinflusst diese die aktuellen Zinsen und zweitens die Inflation und damit auch die Immobilienpreise in Österreich.

Kurz gesagt: Sinkt die Bilanzsumme, so bedeutet dies eine Phase restriktiver Geldpolitik. Die Leitzinsen (und in Folge auch die Kreditzinsen) sind tendenziell hoch. Im Gegenzug sollen die Inflation und die (Immobilien-)Preise sinken.

Blick zurück: Bilanzsumme von EZB und Fed seit 2002

Die Bilanzsumme der EZB hat sich seit der Euro-Einführung 2002 massiv vergrößert: Sie betrug Ende 2022 nahezu das Zehnfache des Wertes von 2002. Ähnliches gilt für die Bilanzsumme der US-amerikanischen Fed – diese hat sich in diesem Zeitraum fast verzwölffacht. Die erhebliche Ausweitung beginnt in beiden Fällen im Jahr 2008, als sich die Finanzmarktkrise abzeichnet und die Zentralbanken mit expansiver Geldpolitik gegensteuern. Der Chart zur Bilanzsumme der Fed und EZB verdeutlicht die Entwicklung.

Starke Ausweitung seit 2008

Bis 2007 nahmen die Bilanzsumme der EZB und Fed nur leicht zu, etwa im Einklang mit dem damaligen Wirtschaftswachstum. 2008 kam es dann zu ersten größeren Anleihekäufen. In diesem Jahr überschritten beide Zentralbanken die Grenze von 2,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar). Mit der Corona-Krise 2020 folgte dann erneut ein sprunghafter Anstieg, sodass die Bilanzsummen von EZB und Fed in 2022 sich schon in Richtung 9,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar) entwickelten. 2023 setze die Wende ein und die Bilanzsummen beider Notenbanken sinken seither wieder.

 

chart bilanzsumme ezb und fed seit 2002

Anstieg der Immobilienpreise als Nebenwirkung

Diese Entwicklung der EZB-Bilanzsumme führte unter anderem zu einem erheblichen Anstieg der Immobilienpreise. Sozusagen als „Nebenwirkung“ der expandierenden Bilanzsummen stiegen auch die Preise für Wohneigentum. Wenn Sie vor der Corona-Krise Wohneigentum erworben haben, dann können Sie sich über die Entwicklung freuen: Höchstwahrscheinlich hat Ihre Immobilie an Wert gewonnen. Allerdings scheint die beschriebene expansive Phase der EZB jetzt zunächst einmal beendet zu sein – und der Leitzins-Verlauf wird eher zunächst auf dem jetzigen Zinsplateau verharren. Mit zehn Leitzinserhöhungen der EZB im Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar, März, Mai, Juni, Juli und September 2023 ist dieser Weg eingeschlagen. Interessant ist, dass derzeit eine inverse Zinskurve vorliegt und damit für Neuabschlüsse privater Wohnbaufinanzierungen die Zinssätze für eine langfristige Fixzinsbindung günstiger sind als für eine variable Finanzierung.

Aktuelle Entwicklung: Fed- und EZB-Bilanzsumme 2023 und 2024

Auch ein Blick auf die jüngste Vergangenheit zeigt: Die Entwicklung der EZB-Bilanzsumme ging seit dem Höhepunkt im Juni 2022 mit 8,836 Billionen Euro stetig nach unten. Die EZB legt bezüglich der Bilanzsumme den Rückwärtsgang ein und reduzierte im Dezember 2022 diese wieder auf unter 8 Billionen Euro sowie im Dezember 2023 auf unter 7 Billionen Euro. Auch die Bilanzsumme der Fed zeigt einen ähnlichen Verlauf. Die Bilanzsummen von Fed und EZB waren zunächst beide rückläufig. Im März 2023 stieg allerdings die Bilanzsumme der Fed sprunghaft kurzfristig um über 300 Mrd. USD. Hintergrund war die Liquiditätsversorgung der Kreditinstitute zur Abwehr einer drohenden Bankenkrise. Von April bis Juli 2023 setzten dann wieder weitere Reduzierungen ein. In den letzten 12 Monaten erfolgte 1 große Reduzierung der Bilanzsumme der EZB um etwa 500 Mio. Euro: Von Mai auf Juni 2023. Im Jahresvergleich ist die Bilanzsumme der EZB in 2023 um 12,8 % gesunken, während die Bilanzsumme der Fed sich in diesem Zeitraum um 9,8 % verringerte. Diese Reduzierung der Bilanzsummen der EZB und Fed setzte sich auch in den ersten 3 Monaten des Jahres 2024 fort. In den letzten 12 Monaten reduzierten die beiden Zentralbanken kontinuierlich jeden Monat ihre Bilanzsummen, was einen eindeutigen Trend untermauert. Ende März 2024 liegt die Bilanzsumme der EZB bei 6,620 Billionen Euro.

chart bilanzsumme ezb und fed letzte 12 Monate

2022 war das Wendejahr, 2024 weitere Reduzierung erwartet

Anfang 2022 stieg die Bilanzsumme der EZB nur noch marginal. Seit dem Höchstwert im Juni 2022 sinkt diese zwischenzeitlich wieder und liegt im März 2024 auf ein 12-Monats-Tief. Wie lange diese Trendwende in der Geldpolitik von Dauer ist, bleibt weiter abzuwarten und wird wesentlich vom Wirtschaftswachstum und der weiteren Entwicklung der Inflation in 2024 abhängen.

Dass die Bilanzsumme einer Zentralbank auch wieder deutlich schrumpfen kann, wenn sie zuvor zu stark expandiert ist, zeigte beispielsweise bereits die US-amerikanische Fed in den Jahren 2017 bis 2019. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass die Zentralbanken in 2024 weiter eine restriktivere Geldpolitik betreiben. In naher Zukunft drohen deshalb weiter schrumpfende Bilanzsummen bei EZB und Fed, es sei denn, eine weitere Stabilisierung des Bankenmarktes oder der Wirtschaft ist erforderlich.

Schwierigere Bedingungen für die Wohnfinanzierung

Wenn die EZB-Bilanzsummen schrumpfen und weniger Geld im Umlauf ist, bedeutet das für Sie als Kreditnehmer: Die Banken sind restriktiver bei der Kreditvergabe. Es gelten z. B. strengere Richtlinien hinsichtlich des Anteils an Eigenmitteln und der Laufzeiten. Zusätzlich erfolgte mit verbindlicher Wirkung seit 01.08.2022 auch vonseiten der Finanzmarktaufsicht (FMA) eine Verschärfung der Kreditvergabe-Richtlinien für Privatkunden. Drohende Wertberichtigungen für gewerbliche Immobilienfinanzierungen, ausgelöst durch die Signa-Insolvenzen, könnten die Risikopolitik der Banken bei der Kreditvergabe insgesamt weiter verschärfen. Falls Sie einen Immobilienkauf planen, sollten Sie also nicht zu lange damit warten.


Prognose: Wird die Bilanzsumme der EZB weiter rückläufig sein?

Es ist Fakt, dass die Bilanzsummen von EZB und Fed den Höchststand zuerst einmal überschritten haben und eher ein weiterer Rückgang als ein Wachstum zu erwarten ist. Die Bilanzsumme der Fed hat bereits im April 2022 ihren Höhepunkt erreicht. Es ist weiterhin von einer tendenziellen Schrumpfung der EZB-Bilanzsumme auszugehen, denn: Was das große Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) angeht, beabsichtigt der EZB-Rat, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des PEPP erworbenen Wertpapiere in der ersten Jahreshälfte 2024 weiterhin bei Fälligkeit vollumfänglich wieder anzulegen. Er plant weiterhin, das PEPP-Portfolio in der zweiten Jahreshälfte im Durchschnitt um monatlich 7,5 Mrd. € zu reduzieren und die Wiederanlage der Tilgungsbeträge aus dem PEPP zum Jahresende 2024 einzustellen.

Zwar könnten die Immobilienpreise (vorwiegend für gebrauchte Immobilien) in 2024 zunächst noch etwas weiter sinken, aber Sie könnten dann mit einer noch strengeren Kreditvergabe der Banken konfrontiert sein: Denn wenn Geld knapper wird, hat es einen höheren Stellenwert. Dies könnte für Sie als Kreditkunde eine strengere Bonitätsprüfung bedeuten.


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Datenquelle: FRED St.Louis Fed, Europäische Zentralbank
Bildquellen: Infina Grafik
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