Die Bilanzsummen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Fed geben Auskunft über den jeweiligen Kurs bei der Geldpolitik. Je größer die Bilanz, desto mehr Geld bringt die Zentralbank in Umlauf. Erfahren Sie hier, wie sich die Bilanzsumme der EZB und Fed entwickelt hat und welche Folgen sich für die private Wohnbaufinanzierung ergeben.
Vom Monatsende Januar auf Februar 2023 hat sich die EZB-Bilanzsumme wieder leicht um 0,055 auf 7,839 Billionen Euro reduziert. Im Jahr 2022 hatte sich die Bilanzsumme der EZB um 7,1 % auf 7,956 Billionen Euro im Vergleich zum Vorjahresendwert verringert.
Die Bilanzsumme einer Zentralbank zeigt, ob diese aktuell eine expansive oder restriktive Geldpolitik fährt. Wenn Sie über einen Immobilienkauf nachdenken, ist die Geldpolitik aus zweierlei Gründen interessant: Erstens beeinflusst diese die Zinsen und zweitens die Inflation und damit auch die Immobilienpreise.
Kurz gesagt: Sinkt die Bilanzsumme, so bedeutet dies eine Phase restriktiver Geldpolitik. Die Leitzinsen (und in Folge auch die Kreditzinsen) sind tendenziell hoch. Im Gegenzug sollen die Inflation und die (Immobilien-)Preise sinken.
Die Bilanzsumme der EZB hat sich seit der Euro-Einführung 2002 massiv vergrößert: Sie betrug Ende 2022 nahezu das Zehnfache des Wertes von 2002. Ähnliches gilt für die Bilanzsumme der US-amerikanischen Fed – diese hat sich in diesem Zeitraum fast verzwölffacht. Die erhebliche Ausweitung beginnt in beiden Fällen im Jahr 2008, als sich die Finanzmarktkrise abzeichnet und die Zentralbanken mit expansiver Geldpolitik gegensteuern. Der Chart zur Bilanzsumme der Fed und EZB verdeutlicht die Entwicklung.
Bis 2007 nahmen die Bilanzsumme der EZB und Fed nur leicht zu, etwa im Einklang mit dem damaligen Wirtschaftswachstum. 2008 kam es dann zu ersten größeren Anleihekäufen. In diesem Jahr überschritten beide Zentralbanken die Grenze von 2,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar). Mit der Corona-Krise 2020 folgte dann erneut ein sprunghafter Anstieg, sodass die Bilanzsummen von EZB und Fed in 2022 sich schon in Richtung 9,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar) entwickelten.
Diese Entwicklung der EZB-Bilanzsumme führte unter anderem zu einem erheblichen Anstieg der Immobilienpreise. Sozusagen als „Nebenwirkung“ der expandierenden Bilanzsummen stiegen auch die Preise für Wohneigentum. Wenn Sie vor der Corona-Krise Wohneigentum erworben haben, dann können Sie sich über diese Entwicklung freuen: Höchstwahrscheinlich hat Ihre Immobilie an Wert gewonnen. Allerdings scheint die beschriebene expansive Phase der EZB zu einem Ende zu kommen – und der Leitzins-Verlauf wird eher nochmals etwas weiter nach oben zeigen. Mit sechs Leitzinserhöhungen der EZB im Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar und März 2023 ist bereits dieser Weg eingeschlagen. Insofern macht es Sinn, sich mit einer Fixzinsbindung abzusichern.
Auch ein Blick auf die letzten Monate zeigt: Die Entwicklung der EZB-Bilanzsumme ging bis zum Höhepunkt im Mai 2022 mit 8,814 Billionen Euro zunächst weiter nach oben. Danach erfolgte eine Plateau-Bildung in der Höhe zwischen etwa 8,7 und 8,8 Billionen Euro. Seit November 2022 legt die EZB bezüglich der Bilanzsumme den Rückwärtsgang ein und reduzierte im Dezember 2022 erstmals diese wieder auf unter 8 Billionen Euro. Auch die Bilanzsumme der Fed zeigte zunächst einen ähnlichen Verlauf einer Seitwärtsbewegung. Im November 2022 setzte dann eine Trendumkehr ein. Die Bilanzsummen von Fed und EZB sind beide rückläufig.
Seit Anfang 2022 stieg die Bilanzsumme der EZB nur noch marginal. Seit dem Höchstwert von 8.814 Mrd. € im Mai 2022 sinkt diese zwischenzeitlich wieder und liegt im Februar 2023 auf einem Jahrestiefstand. Wie lange diese Trendwende in der Geldpolitik von Dauer ist, bleibt noch abzuwarten und wird wesentlich vom Wirtschaftswachstum und der Entwicklung der Inflation in 2023 abhängen. Dass die Bilanzsumme einer Zentralbank auch wieder schrumpfen kann, wenn sie zuvor zu stark expandiert ist, zeigte beispielsweise die US-amerikanische Fed in den Jahren 2017-2019. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass die Zentralbanken derzeit weiter eine restriktivere Geldpolitik betreiben. In naher Zukunft drohen deshalb weiter schrumpfende Bilanzsummen bei EZB und Fed.
Wenn die EZB-Bilanzsummen schrumpfen und weniger Geld im Umlauf ist, bedeutet dies folgendes für Sie als Kreditnehmer: Die Banken sind restriktiver bei der Kreditvergabe. Es gelten z. B. strengere Richtlinien hinsichtlich des Anteils an Eigenmitteln und der Laufzeiten. Zusätzlich erfolgte mit verbindlicher Wirkung seit 01.08.2022 auch vonseiten der Finanzmarktaufsicht (FMA) eine Verschärfung der Kreditvergabe-Richtlinien für Privatkunden und die Zinsen könnten zudem weiter steigen. Falls Sie einen Immobilienkauf planen, sollten Sie also nicht zu lange damit warten.
Aktuell scheint es, dass die Bilanzsummen von EZB und Fed den Höchststand zuerst einmal überschritten haben und eher ein weiterer Rückgang als ein Wachstum zu erwarten ist. Die Bilanzsumme der Fed hat bereits im April 2022 ihren Höhepunkt erreicht. Ab März 2023 ist ebenfalls von einer tendenziellen Schrumpfung der EZB-Bilanzsumme auszugehen, denn: Von nun an bis Ende Juni werden die Bestände aus dem Asset-Ankauf-Programm (Asset Purchase Programme APP) monatlich im Durchschnitt um 15 Mrd. € reduziert. Das Tempo danach wird im Zeitverlauf festgelegt. Was das größere Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) angeht, beabsichtigt der EZB-Rat, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des Programms erworbenen Wertpapiere mindestens bis Ende 2024 weiterhin bei Fälligkeit wieder anzulegen.
Dann könnten zwar die Immobilienpreise sinken, aber Sie könnten dann mit einer noch strengeren Kreditvergabe der Banken konfrontiert sein: Denn wenn Geld knapper wird, hat es einen höheren Stellenwert. Dies könnte für Sie als Kreditkunde z. B. höhere Zinsen und eine strengere Bonitätsprüfung bedeuten.
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Datenquelle: FRED St.Louis Fed, Europäische Zentralbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Expertise im Bereich der Organisation und Ausbildung habe ich als Verwaltungsleiterin einer großen Genossenschaft in Südtirol erworben. Die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Unternehmen war für mich die beste Schule des Lebens. Seit 2013 leite ich das Finanzierungsservice der Infina. Mein hohes Qualitätsverständnis führte zur Gründung der Infina Academy, da es mein Anspruch ist, dass unsere Wohnbau-Finanz-Experten dazu befähigt sind, die beste Finanzierungsberatung in ganz Österreich anzubieten. Zudem ist mir wichtig, unsere Kunden über die aktuelle Zinsentwicklung zu informieren. Für mich persönlich sind Ehrlichkeit und die Bereitschaft für den Kunden alles zu tun das höchste Gebot.