Manche Experten sprechen von einer Immobilienblase in Österreich und sehen in jüngsten Preisrückgängen den Anfang eines Platzens dieser Blase, denn: Von 2010 bis 2022 stiegen laut der Österreichischen Nationalbank (OeNB) die durchschnittlichen Preise für Wohnungen und Häuser jährlich um 6,6 %. Vom vierten Quartal 2020 bis zum dritten Quartal 2022 stiegen die Preise zweistellig. Danach bildete sich ein Scheitel mit rückläufiger Preisentwicklung. Dieser Beitrag zeigt, wie angespannt die Situation am heimischen Immobilienmarkt tatsächlich ist und geht auch der Frage nach einer möglichen Immobilienblase in Österreich nach.
Immobilienblasen sind unverhältnismäßig starke Immobilienpreisanstiege über einen längeren Zeitraum.
Quantitativ können Blasen in Abweichungen der realen Preisentwicklung vom langjährigen Schnitt gemessen werden.
Fundamental misst man Wohnimmobilienblasen an der Entwicklung der Mietrendite und Relation von Einkommen zu Immobilienpreisen, aber auch anhand der Leistbarkeit.
Abgeleitet aus dem Fundamentalpreisindikator der OeNB zeichnet sich nach einer Überhitzung des österreichischen Wohnimmobilienmarktes eine Scheitelbildung der Preise ab.
Strengere Vergabe von Immobilienkrediten und inflationsbedingt eine beschnittene Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten führen zu einem massiven Einbruch der Immobiliennachfrage seitens kreditfinanzierter Käufer.
Definition: Was ist eine Immobilienblase?
Die Definition Immobilienblase bezieht sich auf einen unverhältnismäßig starken Anstieg der Immobilienpreise über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg. Beim „Zerplatzen“ der Blase kommt es dann zu einem schnellen Rückgang der Immobilienpreise, verbunden mit negativen gesamtwirtschaftlichen Folgen. Der Begriff „unverhältnismäßig“ bezieht sich auf diverse quantitative Größen zur Immobilienbewertung in einem historischen Kontext.
Konkret geht es um die Mietrenditen (jährliche Mieteinnahmen in Prozent des Kaufpreises), die Relation Immobilienpreise zu Jahreseinkommen sowie Abweichungen der Preisanstiege im Verhältnis zur normalen Inflationsrate und dem Durchschnittseinkommen. Auch Abweichungen von langjährigen gleitenden Preisdurchschnitten können über eine gewisse Aussagekraft verfügen.
Je größer die Verzerrungen zum Durchschnitt sind, desto stärker ist die Tendenz Richtung Blase. Der Begriff spekulative Blase ist aber erst dann zutreffend, wenn wichtige volkswirtschaftliche und fundamentale Indikatoren Werte aufweisen, wie sie kurz vor früheren Immobilienkrisen auftraten. Bei einem Mangel an historischen Daten können beispielsweise stärkere Abweichungen als in 95 % der Fälle als potenzielle Gefahrensignale gewertet werden.
Wie kommt es zu einer Immobilienblase?
Für die Bildung einer Immobilienblase gibt es nicht nur eine einzige Erklärung. Sie ist Ergebnis aus dem Zusammenspiel zahlreicher wirtschaftlicher und politischer Einflussfaktoren, die zu einer stärkeren Immobiliennachfrage führen. Schauen wir uns einmal nachfolgend einige Einflussfaktoren an, welche eine Immobilienblase fördern können:
Erleichterungen der Immobilienkreditvergabe durch Banken, beispielsweise mittels Senkung der erforderlichen Eigenmittelanteile
Besonders günstige Refinanzierungszinssätze für Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB)
Generell großzügigere Kreditvergabe durch Banken und Bausparkassen
Besonders niedrige Realzinssätze, also Zinsen abzüglich Inflation
Wirtschaftsboom mit steigendem Einkommen (erhöht Leistbarkeit)
Steuerliche Begünstigung von Immobilien im Vergleich zu anderen Geldanlagen
Eine besonders expansive Geldpolitik der Notenbanken
Angst der Anleger vor Geldentwertung
Regionale Gegebenheiten und Auslandsnachfrage nach Immobilien (z. B. Zweitwohnsitze für Deutsche in Tirol oder auf Mallorca)
Die Leitzinsen sind ein wesentliches Instrumentarium der EZB zur Bekämpfung zu hoher Inflationen, Deflationen oder auch von Immobilienblasen.
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Beispiel 1: US-Immobilienblase, die zur Finanzkrise 2008/2009 führte
Eine Immobilienblase in den USA entstand in den Jahren 2006 und 2007, nachdem sich in teuren Küstengebieten in Florida und Kalifornien die Immobilienpreise teilweise binnen weniger Jahre vervielfacht hatten. Dadurch kam es quer durch die größten Ballungszentren zu starken Preisanstiegen, die zu einem über eine Billion US-Dollar großen Finanzierungssegment, dem Subprime-Hypothekarkreditmarkt, führten.
Eine vorangegangene Liberalisierung des Kreditwesens in den USA ermöglichte in den 2000er-Jahren einen Markt für Immobilienkredite an besonders bonitätsschwache Schuldner, die eigentlich gar nicht in der Lage waren, jemals im Leben die Verbindlichkeiten zurückzuführen. Man nannte diesen Bereich „Subprime-Hypotheken“. Dieser Markt boomte und vermittelte den Eindruck, dass selbst Einkommensschwache in der Lage wären, Immobilien der Mittelklasse zu erwerben.
Zusätzlich wurde es diesen Schuldnern ermöglicht, im Falle steigender Immobilienpreise, die Immobilien weiter zu belehnen (Mortgage Equity Withdrawal). Anfänglich niedrige Leitzinsen der US-Notenbank, an denen sich auch die Höhe der Immobilienkreditzinsen orientieren, beflügelten den Markt. Der wichtigste Leitzins der Notenbank lag 2003 und 2004 bei nur einem Prozent, ehe bis Juni 2006 ein schrittweiser Anstieg auf 5,25 % erfolgte.
Viele konnten sich dann die Kredite nicht mehr leisten. Die Immobilienpreise brachen ein und die Ausfälle und Zwangsversteigerungen nahmen zu. Viele Hausbesitzer wurden obdachlos oder mussten in billige Appartements umziehen. Und es kam noch schlimmer. Da die schlechten Kredite in verschiedenen Geldanlagekonstruktionen der Banken verpackt waren, verbreiteten sich diese sogenannten toxischen Papiere im Bankensystem, während immer mehr Subprime-Hypothekenbanken pleitegingen.
Es kam zu einer Kettenreaktion, Marktpanik und Banken verweigerten einander Überbrückungsfinanzierungen. Gleichzeitig schlitterte der größte Kreditausfallversicherer AIG in die Krise und musste von der amerikanischen Notenbank (Fed) gerettet werden. Zahlreiche Großbanken wurden von der Fed und US-Regierung aufgefangen, nicht jedoch Lehman-Brothers, deren Pleite am 15. September 2008 den Startpunkt der Finanzkrise darstellte.
Die Folge: Immobiliencrash, fallende Aktien- und Anleihekurse, eine tiefe Wirtschaftskrise und mehr Arbeitslosigkeit, zeitweise sogar rückläufige Verbraucherpreise.
Beispiel 2: Immobilienblase in Japan
Immer mehr Volkswirte halten für Europa ein ähnliches Zinsszenario wie in Japan für plausibel: In den 80er-Jahren herrschte eine weltweite Japan-Euphorie. Die japanischen Manager galten als Maß aller Dinge und die Spekulation trieb seltsame Blüten. Von 1956 bis 1986 stiegen in Japan die Immobilienpreise im Schnitt auf das 50-fache.
Um die Spekulation einzudämmen, wurde zwischen Mai 1989 und August 1990 von der japanischen Notenbank der Diskontsatz von 2,50 auf 6,00 % angehoben und eine Abwärtsspirale der Immobilienpreise begann. Ähnliche Verhaltensmuster zeigten sich in den USA, wo binnen weniger Jahre die Zinsen von 1,00 auf 5,25 % anstiegen, ehe wieder massive Zinssenkungen folgten.
Im Verlauf der Krise versuchte die Bank of Japan sogar mit einer Nullzinspolitik entgegenzuwirken. Trotzdem blieb eine Wertvernichtung von 20 Billionen US-Dollar nicht aus. Die Wirkungen zwischenzeitlicher Konjunkturpakete ließen zu wünschen übrig. Zurückblieb ein Berg von Staatsschulden. Laut CEIC Data erreichten im 2. Quartal 2022 Japans Staatsschulden einen neuen Rekord von 227,2 % der Wirtschaftsleistung.
Welche Folgen hat es, wenn eine Immobilienblase platzt?
Wenn Immobilienblasen platzen, sind nicht nur verschuldete Immobilienbesitzer und deren finanzierenden Banken betroffen. Vielmehr kann dies bei Erreichen einer kritischen Masse eine Kettenreaktion auslösen, die aufgrund nicht gut aufgestellter Banken durch eine Kreditklemme in die Realwirtschaft übergreift. Letzteres bedeutet eine höhere Arbeitslosigkeit. Die letzte Finanzkrise 2008/ 2009 führte sogar zu einer tiefen globalen Rezession. Konkrete Auswirkungen haben platzende Immobilienblasen beispielsweise auf die folgenden Gruppen:
Immobilienbesitzer
Schuldenfreie Immobilienbesitzer können entspannt abwarten und die Krise einfach aussitzen. Sie stehen nicht unter Druck, wenn die Preise fallen. Doch wehe, wenn die Liegenschaften mit 80 bis 100 Prozent Fremdkapital finanziert sind, dann zeigt sich der sogenannte „Leverage-Effekt“ von seiner unangenehmen Seite:
Immobilienpreis fällt um 25 %: Dann steht einem reduzierten Verkehrswert von 150.000 Euro eine beispielsweise zwischenzeitliche Restschuld von 170.000 Euro gegenüber (10.000 Euro sind seit Darlehensgewährung getilgt). Die Überschuldung beträgt 20.000 Euro. Entweder Sie stellen eine zusätzliche Besicherung oder die Bank stellt unter Umständen den Kredit fällig und führt eine (Zwangs-) Versteigerung der Immobilie durch, was in so einem Fall vor allem in den USA gängige Praxis ist.
Immobilienkäufer
Diese brauchen viel Eigenkapital, da sich Banken in so einem Markt mit Immobilienkrediten stark zurückhalten. Doch gerade antizyklisch können durchaus günstige Käufe getätigt werden, sofern genug Eigenmittel dafür vorhanden sind.
Anleger
Immobilienfondsanleger und Käufer von Anlegerwohnungen sind mit Wertverlusten konfrontiert. Letztere benötigen deshalb ausreichend Eigenmittel als Sicherheit bzw. sollten in kritischen Marktsituationen in der Lage sein, Teiltilgungen durchzuführen, damit der restliche Kreditbetrag wieder voll gedeckt ist.
Gibt es 2023 eine Immobilienblase in Österreich?
Wir befinden uns vermutlich per Saldo bereits am Anfang einer platzenden Immobilienblase, die sich vor der Scheitelbildung der Preise, neben einer Überteuerung in Städten wie Wien, Salzburg und Innsbruck, zunehmend durch Preisexplosionen bei sogenannten „Schrottimmobilien“ in der Provinz äußerte. Konkret bedeutet dies, dass die Preise auf breiter Front überteuert waren und noch sind. Das zeigen statistische Abweichungen zu historischen Fundamentalwerten. Auf der anderen Seite herrscht, insbesondere in Österreich, eine sehr ungleiche Vermögensaufteilung. Einerseits gibt es eine kleine Gruppe von "Superreichen" mit einem investierbaren unbelasteten Nettovermögen von über 30 Millionen Euro und andererseits verfügt etwa die Hälfte der Bevölkerung über kein Wohneigentum. Bei Hauptwohnsitz-Wohnungen lag 2022 die Eigentumsquote nur bei 48,2 %.
Explodierende Baukosten machen den Neubau unerschwinglich, während im Zuge einer neuen EU-Gebäudeeffizienz-Richtlinie Eigentümer energieineffizienter Wohnungen oder Häuser bis 2030 kostspielige Sanierungsauflagen drohen. Dabei werden Bauarbeiten infolge der in Europa losgetretenen Lohnpreisspirale immer teurer und mit weiter sinkender Leistbarkeit kommt der Neubau faktisch zum Stillstand. Beispielsweise stieg von April auf Mai 2023 die Lohnkostenkomponente des österreichischen Baukostenindex für den Wohnhaus- und Siedlungsbau (Basis 1990) um 6,85 %. Mehr denn je wären bei aktuellen Neubaupreisen von bis zu 12.000 Euro pro Quadratmeter in Städten wie Wien, Innsbruck und Salzburg niedrige Zinsen für Durchschnittsverdiener erforderlich, die insbesondere bei aktuell exorbitanten Wohnungspreisen auf die Kreditfinanzierung von Wohneigentum angewiesen sind. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die EZB erhöhte bis September 2023 ihren Hauptrefinanzierungssatz binnen etwas mehr als eines Jahres in zehn Zinsschritten ununterbrochen von Null auf 4,50 %. Daher liegen die Zinssätze für variabel verzinste Wohnbaukredite jetzt bei nominell 4,75 % und höher (Stand: 21.09.2023). Der Inflationsbekämpfungsmodus der EZB läuft indessen weiter, weshalb trotz Konjunkturabschwung noch ein weiterer Zinsschritt nach oben nicht auszuschließen ist, denn: Der EZB ist vor allem die hartnäckige Kerninflation im Euroraum ein Dorn im Auge.
Aus der Sicht reicher Anleger hingegen verlieren infolge steigender Anleihenrenditen die Immobilien an Attraktivität, zumal heute die Mietrenditen in Wien beispielsweise nur noch zwischen weniger als 1,0 und 3,25 % liegen. Im Gegensatz dazu bieten „Online-Banken“ auf 12 Monate Bindungsdauer wieder Sparzinsen von bis zu 3 % an.
Erläuterung Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien
Der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien wird aus sieben Teilindikatoren gebildet: Haushaltsperspektive (zwei Indikatoren, Leistbarkeit von Wohneigentum und Kredittragfähigkeit), Investorenperspektive (zwei Indikatoren, Rentabilität von Investitionen in Immobilien und Wohnimmobilienpreise zu Baukosten), systemischen Perspektive (drei Indikatoren, Zusammenhänge zwischen Immobilienmarkt und Makroökonomie bzw. Finanzstabilität sowie reale Wohnimmobilienpreise und Wohnbauinvestitionen zu BIP und Zinsrisiko). Beim Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien werden diese sieben Teilindikatoren aufaddiert. Die prozentuelle Abweichung der Immobilienpreise ergibt dann den Fundamentalpreisindikator.
Fakten, die möglicherweise ein Ende der Blase untermauern
Der bundesweite OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien weicht im Jänner 2023 mit plus 29,1 % vom Fundamentalpreis ab, verglichen mit 37,3 % im dritten Quartal. Im Jahr 2015 lag er noch 5,0 bis 0,9 % unter dem fundamental gerechtfertigten Niveau. Nun sieht es nach einer Scheitelbildung der heimischen Immobilienpreise aus, denn: Der von der OeNB veröffentlichte Wohnimmobilienpreisindex für Gesamtösterreich war vom dritten Quartal 2022 auf das erste Quartal 2023 bereits rund 2,3 % rückläufig.
Noch früher und stärker sind die Immobilienpreise in Wien ihren Fundamentaldaten vorausgeeilt. Die Überschreitung des Fundamentalpreises stieg von 13,8 % im Jänner 2016 auf 43 % im April 2022, ehe bis zum Jänner 2023 wieder ein Rückgang auf 36,8 % folgte.
Unter Leistbarkeitsaspekten interessant zu beobachten ist, dass der Index für das Verhältnis von Immobilienpreisen zum Einkommen von 2018 bis zum vierten Quartal 2022 in Österreich von 110 auf 141,4 Punkte stieg.
Verschlechternde Kreditbedingungen nach einer langen Niedrigzinsphase: Im von Anfang 2022 bis Juni 2023 verteuerten sich Immobilienkredite im Schnitt um knapp über drei Prozent und seit August 2022 herrschen strengere Vergaberichtlinien für Wohnkredite. Die Nebenkosten beim Kauf berücksichtigt sind nun gemessen am Kaufpreis mindestens rund 20 % Eigenmittel erforderlich und der maximale Schuldendienst soll 40 % des Nettoeinkommens nicht mehr überschreiten.
Mit einem Einbruch der Wohnkreditvergaben um über 62 % im ersten Halbjahr 2023 (ggü. 1. HJ 2022) und steigenden Zinsen bei rückläufigen Realeinkommen ist jetzt der Bauboom der vergangenen Jahre beendet.
Die tatsächlich vergebenen neuen Wohnbaukredite brachen im vierten Quartal 2022 bereits um 46,3 % ein. Diese Entwicklung setzte sich bis Juli 2023 fort, in dem das Volumen mit nur noch 859 Mio. € um 68 % unter dem Vorjahresmonat lag.
Wie haben sich die Immobilienpreise für Wohnungen seit 2000 entwickelt?
Warum dies auch Einfluss auf meine Immobilienfinanzierung hat.
Faktoren und Indikatoren, die gegen ein schnelles Platzen der Immobilienblase sprechen
Infolge hoher Inflationsraten steigen die (zukünftigen) Mieterträge. Solange die Zinsen nur mäßig ansteigen, können diese den Zinssteigerungseffekt (höherer Zins durch Abzinsung zukünftiger Erträge) kompensieren.
Keine Gefahr geht in Österreich vom Anteil der Wohnbaukredite am BIP aus, welcher im dritten Quartal 2022 bei 30,9 % lag, vgl. mit je 87 % in Dänemark, 66,1 % in Schweden bzw. 59,7 % in den Niederlanden.
2021 lagen die Wohnbaukredite in Österreich in Prozent des verfügbaren Einkommens bei 56,8 % (vgl. mit 219,2 % in Dänemark, 149,4 % in Schweden und 125,7 % in den Niederlanden).
Erbengeneration und Großanleger suchen Inflationsschutz in Immobilien.
Bereits 2024 sind bei stärker rückläufigen Inflationsraten erste Leitzinssenkungen möglich. Das würde die Immobilienpreise eher stützen
Ratgeber Immobilienpreise in Europa: Vergleich und Entwicklung
Im Europa bestehen große Preisunterschiede bei den Immobilienpreisen. In einigen Großstädten sind die Preise in den vergangen Jahren enorm angestiegen. In der französischen Hauptstadt Paris ist aktuell in etwa das 2,5-fache pro m2 im Vergleich zu Wien zu bezahlen.
Wollen Sie sich mehr zu den aktuellen Immobilienpreisen in Europa und speziell im Vergleich zu Österreich wissen, so finden Sie hier die passenden Informationen.
Auch in Österreich gibt es ein großes Preisgefälle zwischen den einzelnen Bundesländern. Explizit bei einer Investition in eine Vorsorgewohnung sollten Sie sich hier ein genaues Bild machen.
Unsere Wohnbau-Finanz-Experten in den einzelnen Bundesländern beraten Sie gerne zur Finanzierung Ihres Immobilienwunsches, bei geplanter Eigennutzung ebenso wie zur Kapitalanlage.
Ratgeber Immobilienpreise in Österreich: Entwicklung und Prognose
Einfluss des Inlationsschocks
Das Wende-Datum war der 24. Februar 2022 – Ausbruch des Ukrainekriegs, der zu verminderten Erdgaslieferungen, Weizenausfuhren und zu Lieferkettenunterbrechungen führte. Die Inflationsraten explodierten im Euroraum. Der Höhepunkt war mit 10,6 % im Oktober 2022 erreicht, ehe es infolge rückläufiger Energiepreise nach einer klimatisch milden Heizsaison bis August wieder zurück auf 5,3 % ging. Doch wie bereits oben beschrieben, explodierten von Anfang Jänner 2022 bis September 2023 die Kreditzinsen. Rechnet man einen Schnitt zwischen variabel verzinsten Immobilienkrediten und 20-jährigen Fixzinsbindungen lag der Anstieg bei über 3 Prozentpunkten.
Mittlerweile müssen laut Aussagen diverser Makler aus unterschiedlichen Städten Österreichs Immobilienverkäufer zunehmend flexibler und kompromissbereiter werden, um ihre Liegenschaften noch anzubringen. Vor allem bei teuren 3- bis 4-Zimmerwohnungen in ungünstigen bis durchschnittlichen Lagen werden die Verkäufe immer mehr zur Herausforderung. Beispielsweise in Innsbruck ist hier bereits von Preisnachlässen bis zu 15 % und mehr die Rede.
Inflationsschock und sinkende Realeinkommen, die KIM-Verordnung sowie hohe Zinsen mindern die Leistbarkeit und ohne entsprechende Preisnachlässe bleiben bereits zahlreiche Verkäufer auf ihren Liegenschaften sitzen. Vor allem die Preise für gebrauchte Wohnungen oder Einfamilienhäuser, die älter als 20 Jahre sind, fallen überproportional stark im Hinblick auf drohende staatliche Sanierungsauflagen im Zuge einer neuen Gebäuderichtlinie der EU, die im Sinne des Klimaschutzes strengere Sanierungsvorschriften vorsieht als ursprünglich geplant waren. Erste Folgen zeigen sich bereits am Wiener Immobilienmarkt: Die Preise neuer Wohnungen stiegen vom dritten Quartal 2022 bis ersten Quartal 2023 noch um 0,7 %, während jene gebrauchter Wohnungen um 3,9 % nachgaben.
Immobilienblasen ergeben sich aus statistisch deutlich erkennbaren Marktverzerrungen hin zu einer weit überdurchschnittlichen Verteuerung der Preise. In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Phasen überteuerter Immobilienpreise in verschiedenen Ländern, welche hohe Verluste für Banken, eine Kreditklemme und hohe Arbeitslosigkeit in der Realwirtschaft zur Folge hatten.
In Österreich signalisierte ein ausgefeilter Fundamentalpreisindikator der Nationalbank, insbesondere für Wien bereits eine beginnende Immobilienblase. Bis Anfang 2022 griffen die Immobilienspekulation auf ländlichere Gegenden über. Selbst qualitative weniger hochwertige Objekte wurden teils in exorbitante Höhen getrieben, was vor allem in kleineren Städten in Niederösterreich, der Steiermark, im Burgenland und Kärnten beobachtet werden konnte. Dies zeigt der Immobilienpreisspiegel 2022 der WKO. Im vierten Quartal 2022 setzte dann infolge der neuen Rahmenbedingungen (höhere Zinsen, hartnäckige Kerninflation und strengere Wohnkreditvergabe) eine Korrektur am Immobilienmarkt ein, wobei vor allem in Wien die Preise abzubröckeln begannen. Historisch betrachtet, hielten Hochinflationsphasen mit über 5 % Inflationsrate p.a. durchaus mehrere Jahre an. Entsprechend lange haben die Notenbanken gebraucht, um mit höheren Zinsen die Investitionstätigkeit abzuwürgen. Dies wäre auch der Vorbeugung einer Lohn-Preis-Spirale dienlich.
Führt aktuell eine längere hohe Inflation mittelfristig dazu, dass die Lebenshaltungskosten für Immobilieneigentümer kaum mehr zu stemmen sind, kann das begonnene „Softlanding“ der Immobilienpreise schnell in ein hartes Platzen der Blase übergehen. Derzeit sieht es aber eher nach raschen Rückgängen der Teuerung, sinkenden Zinsen ab 2024 und infolge eines Mangels an neuen Wohnungen nach einer baldigen Preisstabilisierung am Wohnimmobilienmarkt aus.
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Über den Autor: Hagen Luckert Position: Geschäftsführer
Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.
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