Autor: Mag. Harald Draxl Kategorie: Zinsen Datum: 18.09.2024
Variable Zinsen schwanken, denn diese orientieren sich an der Marktentwicklung der Leitzinsen. Für die Immobilienfinanzierung können variable Zinsen durchaus interessant sein, denn variable Kredite sind im Vergleich Fixzinskrediten in Zeiten einer normalen Zinskurve zu günstigeren Konditionen erhältlich. Derzeit sind variabel verzinste Wohnbaukredite aber teurer als jene mit Fixzinsbindung. Sind diese für mich die richtige Wahl oder ist für einen langfristigen Wohnkredit doch eine Fixzinsbindung die bessere Alternative? Zu diesem Punkt sowie weitere Details zu einer Finanzierung mit variablen Zinsen finden Sie in diesen Beitrag.
Ein variabler Zinssatz richtet sich nach dem aktuellen Leitzinssatz. Steigen bzw. sinken die Leitzinsen, so steigt bzw. sinkt auch der variable Zinssatz. Die Kreditrate passt sich also bei variabler Verzinsung während der gesamten Kreditlaufzeit immer wieder dem neuen Zinsniveau an. Als Kreditnehmer bedeutet das für Sie, dass bei steigenden Sollzinsen Ihre monatliche Ratenbelastung steigt.
Variable Immobilienkredite in Österreich haben sich im Einklang mit einer Verteuerung der Indikatorzinsen seit dem Sommer 2022 erheblich verteuert. Im Vergleich zu den Fixzinskrediten sind diese derzeit sogar teurer, was sich vermutlich bis 2026 sukzessive aber wieder ändern könnte.
Doch zunächst die Grundlagen: Wie entstehen variable Zinsen überhaupt? Es gibt zwei Parameter, die für die Entstehung bzw. Höhe des variablen Zinssatzes wichtig sind. Das ist einerseits der Euribor als Referenzzinssatz und andererseits die Marge, also der Aufschlag der Bank.
Zinssatz = Referenzzinssatz + Marge
Die gängigen Euribor-Modelle sind der 3-Monats-Euribor sowie der 12-Monats-Euribor, welcher meist von Bausparkassen in Österreich angeboten wird. Da die kurzfristigen Euribor-Sätze zwischenzeitlich wieder deutlich angestiegen sind, ergeben sich bei einem variablen Kredit derzeit bei weitem keine so günstigen Außenzinssätze (Zinssatz für den Kundenkredit) mehr, wie dies Anfang 2022 noch der Fall war.
Der Vergleich 2024: variabler oder fixer Zinssatz?
Es gibt aber nicht nur variable Zinsen, sondern auch eine Fixzinsbindung ist möglich. Diese zwei Modelle unterscheiden sich lediglich darin, dass sich variable Zinsen ständig ändern, während Fixzinsen für eine vereinbarte Laufzeit gleich bleiben. Aber welche Vor- und Nachteile gibt es nun konkret und welches Modell ist für Sie als Kreditnehmer die richtige Wahl?
Kurz gesagt: Wenn Sie mit höheren Zinsbelastungen leben können und bei Zinssteigerungen nicht nervös werden, können Sie eine variable Verzinsung in Betracht ziehen. Ebenfalls hilfreich sind eine gute Bonitätund zukünftige Sondertilgungen, um das Risiko für zu hohe monatliche Belastungen zu reduzieren. Vergessen Sie aber nicht, dass Zinssätze von bis zu 7 % oder schlimmstenfalls mehr möglich sind, das würde Ihre Monatsrate erheblich erhöhen - ist eine so hohe Kreditrate für Sie nicht finanzierbar, dann wählen Sie lieber eine Fixzinsbindung.
Nichtsdestotrotz bietet ein variabler Zinssatz in manchen Marktsituationen Vorteile. Da wäre zum Beispiel die Höhe des Zinssatzes, welcher häufig wesentlich niedriger ist als ein fixer Zinssatz (Stand 16.09.2024 ist dies jedoch nicht der Fall!). Das führt zu einer geringeren monatlichen Belastung. Außerdem sind vorzeitige Tilgungen kostenfrei (unter Einhaltung der Kündigungsfrist) möglich.
Und für jene, die zwar keine Fixzinsbindung möchten, aber eine variable Verzinsung als zu riskant empfinden, gibt es eine sogenannte Zinsabsicherung in Form eines Zinscaps. Manche Kreditinstitute, vor allem Bausparkassen, bieten sogenannte Bandbreitenkredite an, bei denen sowohl eine Zinsuntergrenze als auch eine Zinsobergrenze vereinbart wird. Das verhindert das Risiko einer zu hohen Monatsrate. Leider ist dieses Modell nicht bei jedem Kreditinstitut erhältlich.
Was spricht aber nun für einen fixen Zinssatz? Nun, der Nachteil variabler Zinsen sind die möglichen Zinssteigerungen – und genau das ist der große Vorteil bei einem Fixzinssatz, denn hier gibt es für einen vereinbarten Zeitraum keine steigenden Zinsen. Dies bringt Ihnen nicht nur Sicherheit, sondern auch eine bessere Kalkulierbarkeit für die monatlichen Ausgaben der Kreditrate.
Sowohl in einem sehr guten Aufschwungsszenario als auch Krisenszenario können die Kreditzinsen steigen. Seit Anfang 2022 waren im Einklang mit der gestiegenen Inflation, infolge von Warenengpässen, höheren Frachtraten und gestiegenen Energiepreisen (infolge des Ukraine-Kriegs), die Zinsen in allen Laufzeiten gestiegen. Die Fed hat im März 2022 ihr Anleihenkaufprogramm beendet und danach ihre Leitzinsen elfmal von ursprünglich 0,00 bis 0,25 % auf 5,25 bis 5,50 % erhöht. Am 15. Juni, 21. September sowie 02. November 2022 erfolgten mit jeweils 0,75 Prozentpunkten die stärksten Leitzinsanhebungen seit Mitte November 1994. Danach folgten kleiner Zinsschritte und seit 20. September 2023 legte die Fed mehrere Zinspausen ein. Am 18. September 2024 hat die US-Notenbank dann, wie zuvor die EZB, die Zinswende mit einer Leitzinssenkung um 0,5 % auf eine Spanne von 4,75 bis 5,00 % eingeleitet (Stand 18.09.2024). Mit einem radikalen Zinsanhebungsschritt von einem Prozentpunkt auf 2,5 % hatte die kanadische Notenbank bereits Mitte Juli 2022 auf hohe Inflationsraten reagiert (zudem diverse weitere Anhebungen und zwischenzeitlich ebenfalls Senkungen auf aktuell 4,25 %, Stand 18.09.2024). Die von Experten erwartete Leitzinssenkung in den USA wurde eingeleitet, dennoch scheint ein zeitnahes Verlassen des Zinsplateaus noch nicht sicher.
Im Euroraum stieg die Inflationsrate im Oktober 2022 auf ein neues Rekordniveau von 10,6 %. Im August 2024 lag diese immer noch bei 2,2 % (Schnellschätzung). Das letzte Asset-Ankaufprogramm beendete die EZB mit 1. Juli und am 21. Juli 2022 erfolgte eine erste Leitzinserhöhung um 0,50 %. Mit Wirkung zum 14.09.2022 sowie 02.11.2022 folgten zwei historische Zinsschritte mit jeweils weiteren Erhöhungen um 0,75 % des Leitzinses. Anschließend erhöhte die EZB am 15.12.2022, 02.02.2023, 16.03.2023, 04.05.2023, 15.06.2023, 27.07.2023 und 14.09.2023 die Leitzinsen auf 4,50 %. Darauf folgten mehrere Sitzungen des EZB-Rates, in welchen keine Änderung des Leitzinses vorgenommen wurde. Zuletzt erfolgten in drei Sitzungen des EZB-Rats dann zwei Leitzinssenkungen um jeweils 0,25 %. Aufgrund einer Verringerung des Abstands zwischen Hauptrefinanzierungssatz und Einlagensatz um 0,35 % führt die zu einem Leitzins von 3,65 % mit Wirkung zum 18.09.2024 (Stand 16.09.2024).
Kredit Entlastungsrechner
Die Zinsen für Ihre variable Finanzierung sind deutlich gestiegen und Sie haben zunehmend Probleme sich Ihre Kreditrate noch zu leisten? Mit dem Kredit Entlastungsrechner von Infina können Sie sich anzeigen lassen, wie hoch Ihre monatliche Rate konkret bei weiteren Anstiegen des Leitzinses sein wird.
Weiterhin können Sie sehen, welchen Betrag Sie monatlich weniger bezahlen, wenn Sie auf eine neue maximale Laufzeit von 35 Jahren bei gleichzeitiger Absicherung mit einem Fixzinssatz auf 20 Jahre umstellen. Unsere Wohnbau-Finanz-Experten beraten Sie diesbezüglich gerne und helfen Ihnen, Ihre monatliche Kreditrate zu reduzieren.
Der weitere Verlauf hängt von den Konjunkturdaten ab, denn die wirtschaftliche Schwäche ist im Euroraum unverändert spürbar, während die USA sich im zweiten Quartal 2024 noch eines BIP-Wachstums von 3,1 % erfreuen. Allerdings ist ein nicht zu unterschätzender Teil dieses Aufschwungs durch Neuverschuldung des Staates finanziert. In China hingegen belastet der Immobiliensektor, während die Regierung bestrebt ist, die Binnenwirtschaft anzukurbeln. Die weitere Entwicklung ist mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet: Wie lange können die USA ihr "Deficit Spending" noch durchhalten? Welche geopolitischen Faktoren werden 2024 Einfluss auf die Wirtschaft nehmen? Wie schnell sinken in den USA und im Euroraum wieder die Leitzinsen? Wie entwickelt sich die chinesische Wirtschaft? Diese Punkte werden das Geschehen maßgeblich bestimmen.
Zunächst entbrannte ein Wettlauf der nachhaltigen Inflationsbekämpfung. Zwar sind die Fed und EZB einer Geldwertstabilität von jeweils 2 % Inflationsrate verpflichtet. Dies erfolgt aber nicht um jeden Preis, vor allem wenn ein Abschwung an Konturen gewinnt und die krisenanfälligen Peripherieländer der Eurozone Schaden erleiden könnten. Doch vorerst stehen die Zeichen noch auf Inflationsbekämpfung und Leitzinssenkungen in größerem Umfang sind kurzfristig nicht zu erwarten.
Variable Kredite sind gegenüber Fixzinskrediten wieder unattraktiver geworden. Wer mittels Fixzinssatz auf Nummer Sicher gehen will, bekommt dies derzeit sogar günstiger im Vergleich zu einer variablen Verzinsung. Um sich auf sehr lange Zeit (bis zu 35 Jahre) Zinssätze ab etwa 3,50 % (Effektivzinssatz, Stand 16.09.2024) zu sichern, ist jedoch eine sehr gute Bonität erforderlich.
Beachten Sie dabei: Jährliche Sondertilgungen von über 10.000 Euro sind nur selten kostenfrei und jederzeit möglich, meist wird dafür ein Pönale von 1 % verrechnet. Eine umfangreiche Entscheidungshilfe bietet auch unser Beitrag zum Thema Sondertilgung.
Lesen Sie mehr in unserem Beitrag zu den Zinsoptionen
Sie haben aktuell eine Finanzierung mit variablem Zinssatz. Jetzt denken Sie darüber nach, den Zinssatz langfristig abzusichern? Mit einem unserer Kreditvergleichsrechner können Sie sich zu den aktuellen Konditionen ein Bild machen. Auch die Laufzeit der Finanzierung und Höhe der monatlichen Kreditrate können Sie bei Bedarf damit anpassen.
Immobilienfinanzierung mit variablem Zinssatz
Bei der Immobilienfinanzierung kann man zwischen einem Kredit und einem Darlehen wählen. Doch was ist der Unterschied? Ein Kredit ist ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis. Dieses entsteht sowohl bereits durch mündliche Vereinbarung als auch schriftlich mit der Unterfertigung eines Kreditvertrages. Die Bank ist Kreditgeber und stellt dem Kreditnehmer Geld für einen bestimmten Zeitraum zu einem festgelegten Zinssatz und sonstigen Kreditbestimmungen zur Verfügung. Der Kreditnehmer verpflichtet sich, den Geldbetrag inklusive der vereinbarten Zinsen wieder zurückzuzahlen.
Ein Darlehen kann theoretisch auch unentgeltlich gewährt werden. Der Darlehensvertrag kommt in der Regel erst dann Zustande, wenn der Vertragsgegenstand, in der Regel als Geld definiert, dem Darlehensnehmer übergeben bzw. überwiesen wurde. Vor der Übergabe bestehen zwischen Darlehensgeber und -nehmer lediglich vorvertragliche Verpflichtungen, die im Darlehensvertrag geregelt sind.
Variabler Zinssatz beim Kredit
Nachdem Kredite auch häufig als kurzfristige Privatkredite ohne hypothekarische Besicherung angeboten und vergeben werden, schließt man diese meist mit einem variablen Zinssatz ab. Durch die kurzen Kreditlaufzeiten bis max. 10 Jahre und durch den dadurch rascheren Tilgungsverlauf ist es nicht üblich, diese sogenannten Privatkredite mittels Fixzinssatz abzuschließen.
Natürlich ist es auch möglich, einen Kredit längerfristig abzuschließen. Dabei spricht man dann größtenteils von einem sogenannten Hypothekarkredit. Diese Kreditform verlangt eine grundbücherliche Sicherstellung des Kredites auf der Liegenschaft des Kunden.
Variabler Zinssatz bei Darlehen
Darlehen sind hingegen vorwiegend langfristige Vereinbarungen. Der Begriff Darlehen wird in der Regel von den Bausparkassen verwendet. Aber auch Banken vergeben Darlehen. Wenn Sie einen variablen Zins bei einem Bauspardarlehen abschließen, spricht man vom sogenannten klassischen Bauspardarlehen. In diesem Fall erhalten Sie eine Zinsunter- und eine Zinsobergrenze. Die Zinsobergrenze hat derzeit eine Laufzeit von max. 20 Jahren (ab Zuteilung).
Die Rückzahlung bei variablen Zinsen
Die Rückzahlung eines variablen Kredites ist jederzeit möglich, denn Sondertilgungen können in beliebiger Höhe kostenfrei durchgeführt werden. Während einige Banken Sondertilgungen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist anbieten, gibt es auch Banken, die die Einhaltung der 6-monatigen Kündigungsfrist fordern – dies muss aber explizit vertraglich vereinbart werden.
Ein Kredit mit variablen Zinsen kann unter Umständen die perfekte Wahl für Sie sein. Halten Sie sich aber die Nachteile vor Augen und lassen Sie sich nicht zu sehr von vielleicht aktuell noch bezahlbaren Zinsen blenden, denn diese können schnell teurer werden. Egal, ob Sie sich nun für einen Kredit mit kurzer Laufzeit oder für ein längeres Immobiliendarlehen entscheiden – eine Beratung ist wichtig, damit Sie das für Sie optimale Zinsmodell finden und dadurch Ihre Rückzahlung sowie Ihre monatlichen Kreditraten auch wirklich finanzierbar sind.
Sie möchten einen Kredit mit variablen Zinsen oder suchen noch das für Sie passende Kreditmodell? Wir beraten Sie gerne!
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Über den Autor: Mag. Harald Draxl Position: Geschäftsführer
Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.
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