Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt Ihrem Kurs weiterhin treu und hat bereits die zehnte Leitzinserhöhung seit 2022 in der Sitzung am 14.09.2023 beschlossen. Im vergangenen Jahr gab es vier Anhebungen. Diesem Trend folgend, wurden im Jahr 2023 im Februar und März weitere Erhöhungen von jeweils 0,5 % vorgenommen. Zuletzt wurden im Mai, Juni, Juli sowie September erneut Anpassungen nach oben durchgeführt, diesmal allerdings nur in Höhe von jeweils 0,25 %. Aber was bedeutet das eigentlich für Sie als Verbraucher und Kreditnehmer? In diesem Beitrag erfahren Sie die wichtigsten Fakten rund um den Leitzins: Was ist darunter eigentlich zu verstehen? Wie hoch sind die wichtigsten Leitzinssätze aktuell? Welche Folgen hat es, wenn diese Zinsen sinken oder steigen?
Der Leitzins ist jener Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei einer Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen können. Die Zentralbank kann diesen Zinssatz nach eigenem Ermessen bestimmen. Über den Leitzins kann sie zum Beispiel die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung beeinflussen. Deshalb ist die Höhe dieses Zinssatzes ein wichtiges geldpolitisches Mittel jeder Zentralbank. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Festlegung des Leitzinses zuständig.
Das Wichtigste im Überblick
Der Leitzins wird von der Zentralbank festgelegt. Geschäftsbanken können sich zu diesem Zinssatz Geld bei der Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen.
Der aktuelle Leitzins der EZB liegt bei 4,50 Prozent (mit Gültigkeit ab 20. September 2023).
Infolge immer noch sehr hoher Inflationsraten ist die EZB unverändert unter Zugzwang, der Teuerung entgegenzuwirken. Weitere Leitzinsanhebung in 2023 sind nicht ausgeschlossen.
Der Leitzins ist ein wichtiges Instrument für eine Zentralbank: Sie kann damit Einfluss auf die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung nehmen.
Niedrige Leitzinsen kurbeln tendenziell die Wirtschaft an, höhere Zinsen bremsen sie.
Der Leitzins wirkt sich auf andere Zinssätze aus: zum Beispiel den Interbanken-Zinssatz EURIBOR und darüber hinaus auch auf Kreditzinsen und Sparzinsen.
Wer einen Wohnkredit aufnehmen oder zurückzahlen will, profitiert von einem niedrigen Leitzinssatz. Für Inhaber von Sparkonten wirkt sich das dagegen negativ aus.
Wie wird der Leitzins festgelegt?
Jede Zentralbank (z. B. die Europäische Zentralbank oder die Fed in den USA) legt den Leitzins eigenmächtig fest, die Entscheidung wird von einem dafür zuständigen Gremium gefällt. Bei der EZB ist das etwa der EZB-Rat. In der Regel verfolgt die Zentralbank mit der Höhe des Leitzinses bestimmte Ziele wie wirtschaftlichen Aufschwung oder stabile Preise. Die Zinsänderungen werden an vorher festgelegten Terminen öffentlich verkündet.
Unter bestimmten Umständen kann es auch zu Zinsänderungen außerhalb der regulären Termine kommen: In 2022 und 2023 (Stand 14.09. 2023) war dies bislang nicht Fall, aber am Beginn der Corona-Krise in den USA: Am 03.03.2020 verkündete die Fed eine außerplanmäßige Senkung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte und am 15.03.2020 senkte sie den Leitzins erneut um einen weiteren Prozentpunkt. Damit reagierte sie auf wirtschaftliche Einbußen wegen des grassierenden Corona-Virus und versuchte, die Konjunktur wieder etwas anzukurbeln. Es waren sogenannte „Notfallszinssenkungen“.
Wann ist die nächste Zinsentscheidung? Termine der EZB
Die nächsten Zinsentscheidungen der EZB werden an folgenden Terminen getroffen:
Der EZB-Rat tagt mehrere Male im Jahr, um Leitzinsentscheidungen zu treffen.
26. Oktober 2023
14. Dezember 2023
25. Januar 2024
07. März 2024
11. April 2024
06. Juni 2024
18. Juli 2024
12. September 2024
17. Oktober 2024
12. Dezember 2024
Das sind die Termine 2023 und 2024, an denen der EZB-Rat tagt, um die weitere Vorgehensweise in puncto Zinsen beschließen. Wenn Sie zeitnah auf Änderungen des Leitzinses reagieren wollen, dann lohnt es sich, die Veröffentlichungen der EZB im Auge zu behalten. Wer etwa Anlage- oder Kreditentscheidungen trifft, sollte diese möglichst nach diesen Terminen tun. Die aktuellen Termine können Sie übrigens auch direkt auf der Website der Europäischen Zentralbank erfahren.
Aktuelle Leitzinssätze
Wie hoch ist nun der aktuelle Leitzins der EZB? Ab dem 16. März 2016 befand sich der EZB-Leitzins lange Zeit bei genau 0,00 %. Damit war er historisch gesehen auf dem niedrigsten Niveau seit der Euro-Einführung im Jahr 1999. Doch mit Datum 21. Juli 2022 ist dies Geschichte.
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über aktuelle Leitzinssätze einiger wichtiger Währungsräume:
Name der Zentralbank
Leitzinssatz (Stand 21.09.2023)
Europäische Zentralbank (EZB)
4,50 % (mit Gültigkeit ab 20.09.2023, davor 4,25 %)
Federal Reserve (Fed) – USA
5,25 bis 5,50 %
Bank of England
5,25 %
Bank of Japan
-0,10 %
Chinesische Volksbanken (LPR 1y)
3,45 %
Schweizerische Nationalbank
1,75 %
Die Europäische Zentralbank hat Ihren Sitz in Frankfurt am Main.
Alle hier aufgeführten Zentralbanken, in den USA, England, Japan, China und der Schweiz, haben im September 2023 keine Zinserhöhung vorgenommen. Ausschließlich die Europäische Zentralbank hat den Leitzins um weitere 0,25 % weiter erhöht.
Sehen wir uns den EZB-Leitzins nun etwas genauer an – denn genau genommen gibt es mehrere Leitzinssätze der Europäischen Zentralbank. Welche sind das und wie hat sich der Zinssatz in den letzten Jahren entwickelt?
Arten der EZB-Leitzinsen
Wenn von dem Leitzins der EZB gesprochen wird, dann ist grundsätzlich jener Zinssatz gemeint, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können. Im Fachjargon heißt dieser Zinssatz auch „Hauptrefinanzierungssatz“. Möchte man genau sein, ist jedoch zwischen drei verschiedenen Leitzinsen zu unterscheiden:
Deutsche Bezeichnung
Englische Bezeichnung
Erklärung
aktuell (Stand: 21.09.2023)
Einlagesatz oder Einlagenzins
deposit facility
Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken ihr Geld bei der EZB anlegen können.
4,00 %
Hauptrefinanzierungszinssatz
main refinancing operations
Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken von der EZB Geld leihen können.
4,50 %
Spitzenrefinanzierungszinssatz
marginal lending facility
Zinssatz, zu dem die Geschäftsbanken kurzfristig („über Nacht“) Geld bei der EZB leihen können.
4,75 %
Hier kam es in der Vergangenheit manchmal zu Verwirrung, wenn von „Negativzinsen“ die Rede war, aber gleichzeitig angegeben wurde, dass der EZB-Leitzins bei null liegt. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich gar nicht um die gleichen Zinssätze. Mit den „Negativzinsen“ bezog man sich auf den Einlagesatz; mit dem „EZB-Leitzins“ meinte man üblicherweise den Hauptrefinanzierungssatz. Streng genommen handelt es sich jedoch bei beiden um Leitzinsen.
Wie hat sich der EZB-Leitzins ganz aktuell entwickelt?
Und was bedeutet das für den Zinssatz meiner Finanzierung?
Der Leitzinssatz hat erhebliche Auswirkungen: auf Finanzmärkte, die allgemeine Wirtschaftslage, die Preise und einiges mehr. Auch Privatpersonen bekommen die Folgen zu spüren, wenn etwa die Arbeitslosigkeit sinkt oder sie weniger Kreditzinsen zahlen müssen.
Auswirkung auf die Konjunktur
Zum einen beeinflussen die Leitzinsen die Wirtschaft: Niedrige Zinsen bedeuten, dass sich die Banken billiges Geld bei der EZB besorgen können und insgesamt mehr Geld zur Verfügung steht. Dadurch werden Kredite allgemein günstiger – und Unternehmen werden zum Investieren angeregt.
Gleichzeitig lohnt sich Sparen kaum mehr und die Konsumenten geben ihr Geld lieber direkt aus. Auf diese Weise wird die Wirtschaft angekurbelt und die Konjunktur steigt. Bei hohen Zinsen passiert genau das Gegenteil und die Wirtschaftslage wird gebremst.
Nicht zuletzt haben Zentralbank-Zinsen eine wichtige psychologische Signalfunktion: Die Zentralbank signalisiert mit einer Senkung beispielsweise den Finanzmärkten, dass sie bereit ist, der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Allein dies führt oft schon zu steigenden Kursen an der Börse.
Auswirkung auf die Inflation
Der Leitzinssatz hat nicht zuletzt Einfluss darauf, wie sich das allgemeine Preisniveau entwickelt – also auf die Inflation. Denn bei niedrigen Zinsen leihen sich die Banken mehr Geld von der EZB und es ist insgesamt mehr Geld im Umlauf. Dadurch verliert das Geld an Wert und die Preise klettern nach oben – die Inflation nimmt zu.
Wenn die Inflation zu stark ist, kann die Zentralbank deshalb die Zinsen anheben – um die Wirtschaft etwas abzukühlen und die Preise zu stabilisieren. Dies hat aber Auswirkung auf die Exportlage und Währung. Außerdem können sich Folgen für den Wechselkurs ergeben. Ein Beispiel: Bei niedrigen EZB-Zinsen wird der Euro für ausländische Anleger unattraktiver – und der Wert des Euro sinkt. Gleichzeitig sind damit Produkte aus der Eurozone billiger und die Nachfrage nach ihnen steigt: Die Exporte nehmen also tendenziell zu.
Bedeutung des Leitzinses für Wohnkredite
Was bedeutet das alles nun im Zusammenhang mit dem Wohnbau? Nun, der Leitzinssatz wird von den Geschäftsbanken auch an die Verbraucher weitergegeben. Beispielsweise beeinflusst der Leitzins den EURIBOR. Dieser dient wiederum bei variablen Zinsvereinbarungen sehr oft als Referenzzinssatz.
Wer also einen Wohnkredit mit variablen Zinssätzen hat, den treffen steigende Leitzinsen. Denn in der Folge werden die Kreditzinsen teurer. Wenn Sie dann eine Entlastung für den Kredit suchen, können Sie diese mit unserem Kredit Entlastungsrechner berechnen.
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Weiterhin können Sie sehen, welchen Betrag Sie monatlich weniger bezahlen, wenn Sie auf eine neue maximale Laufzeit von 35 Jahren bei gleichzeitiger Absicherung mit einem Fixzinssatz auf 20 Jahre umstellen. Unsere Wohnbau-Finanz-Experten beraten Sie diesbezüglich gerne und helfen Ihnen, Ihre monatliche Kreditrate zu reduzieren.
Leitzins: wichtiges Steuerungsmittel für Zentralbanken
Der Leitzins legt also die Konditionen fest, zu denen Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank ausleihen und anlegen können. Für die Zentralbanken ist er ein wichtiges Instrument, um für eine stabile Wirtschaftslage und gleichbleibende Preise zu sorgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte davon auch reichlich Gebrauch gemacht: Seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 hatte sie den Leitzinssatz immer weiter gesenkt. Für alle, die ein Immobilien-Investment vornehmen wollten, war dies ein großer Vorteil: Wohnkredite waren mit niedrigsten Zinskonditionen zu bekommen. Zwischenzeitlich sind die Konditionen bei einem Leitzins von 4,50 % wieder deutlich höher.
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Über den Autor: Mag. Elfi Stampfl Position: Prokuristin
Meine Expertise im Bereich der Organisation und Ausbildung habe ich als Verwaltungsleiterin einer großen Genossenschaft in Südtirol erworben. Die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Unternehmen war für mich die beste Schule des Lebens. Seit 2013 leite ich das Finanzierungsservice der Infina. Mein hohes Qualitätsverständnis führte zur Gründung der Infina Academy, da es mein Anspruch ist, dass unsere Wohnbau-Finanz-Experten dazu befähigt sind, die beste Finanzierungsberatung in ganz Österreich anzubieten. Zudem ist mir wichtig, unsere Kunden über die aktuelle Zinsentwicklung zu informieren. Für mich persönlich sind Ehrlichkeit und die Bereitschaft für den Kunden alles zu tun das höchste Gebot.
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