Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Ihre Ankündigungen konsequent umgesetzt und bereits die sechste Leitzinserhöhung seit 2022 in der Sitzung am 16. März 2023 beschlossen. Nach vier Anhebungen im letzten Jahr folgten im Jahr 2023 im Februar und März nochmals jeweils Erhöhungen um 0,5 %. Aber was bedeutet das eigentlich für Sie als Verbraucher und Kreditnehmer? In diesem Beitrag erfahren Sie die wichtigsten Fakten rund um den Leitzins: Was ist darunter eigentlich zu verstehen? Wie hoch sind die wichtigsten Leitzinssätze aktuell? Welche Folgen hat es, wenn diese Zinsen sinken oder steigen?
Was ist der Leitzins: eine kurze Definition
Der Leitzins ist jener Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei einer Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen können. Die Zentralbank kann diesen Zinssatz nach eigenem Ermessen bestimmen. Über den Leitzins kann sie zum Beispiel die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung beeinflussen. Deshalb ist die Höhe dieses Zinssatzes ein wichtiges geldpolitisches Mittel jeder Zentralbank. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Festlegung des Leitzinses zuständig.
Wie wird der Leitzins festgelegt?
Jede Zentralbank (z. B. die Europäische Zentralbank oder die Fed in den USA) legt den Leitzins eigenmächtig fest, die Entscheidung wird von einem dafür zuständigen Gremium gefällt. Bei der EZB ist das etwa der EZB-Rat. In der Regel verfolgt die Zentralbank mit der Höhe des Leitzinses bestimmte Ziele wie wirtschaftlichen Aufschwung oder stabile Preise. Die Zinsänderungen werden an vorher festgelegten Terminen öffentlich verkündet.
Unter bestimmten Umständen kann es auch zu Zinsänderungen außerhalb der regulären Termine kommen: In 2022 und 2023 (Stand 16.03.2023) war dies bislang nicht Fall, aber am Beginn der Corona-Krise in den USA: Am 03.03.2020 verkündete die Fed eine außerplanmäßige Senkung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte und am 15.03.2020 senkte sie den Leitzins erneut um einen weiteren Prozentpunkt. Damit reagierte sie auf wirtschaftliche Einbußen wegen des grassierenden Corona-Virus und versuchte, die Konjunktur wieder etwas anzukurbeln. Es waren sogenannte „Notfallszinssenkungen“.
Wie hoch ist nun der aktuelle Leitzins der EZB? Ab dem 16. März 2016 befand sich der EZB-Leitzins lange Zeit bei genau 0,00 %. Damit war er historisch gesehen auf dem niedrigsten Niveau seit der Euro-Einführung im Jahr 1999. Doch mit Datum 21. Juli 2022 ist dies Geschichte.
Tipp
Auf der Website der Österreichischen Nationalbank lässt sich die Entwicklung einiger Leitzinssätze seit 1980 nachverfolgen.
Sehen wir uns den EZB-Leitzins nun etwas genauer an – denn genau genommen gibt es mehrere Leitzinssätze der Europäischen Zentralbank. Welche sind das und wie hat sich der Zinssatz in den letzten Jahren entwickelt?
Arten der EZB-Leitzinsen
Wenn von dem Leitzins der EZB gesprochen wird, dann ist grundsätzlich jener Zinssatz gemeint, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können. Im Fachjargon heißt dieser Zinssatz auch „Hauptrefinanzierungssatz“. Möchte man genau sein, ist jedoch zwischen drei verschiedenen Leitzinsen zu unterscheiden:
Deutsche Bezeichnung | Englische Bezeichnung | Erklärung | aktuell (Stand: 16.03.2023, gültig ab 22.03.2023) |
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Einlagesatz oder Einlagenzins | deposit facility | Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken ihr Geld bei der EZB anlegen können. | 3,00 % |
Hauptrefinanzierungszinssatz | main refinancing operations | Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken von der EZB Geld leihen können. | 3,50 % |
Spitzenrefinanzierungszinssatz | marginal lending facility | Zinssatz, zu dem die Geschäftsbanken kurzfristig („über Nacht“) Geld bei der EZB leihen können. | 3,75 % |
Hier kam es in der Vergangenheit manchmal zu Verwirrung, wenn von „Negativzinsen“ die Rede war, aber gleichzeitig angegeben wurde, dass der EZB-Leitzins bei null liegt. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich gar nicht um die gleichen Zinssätze. Mit den „Negativzinsen“ bezog man sich auf den Einlagesatz; mit dem „EZB-Leitzins“ meinte man üblicherweise den Hauptrefinanzierungssatz. Streng genommen handelt es sich jedoch bei beiden um Leitzinsen.
Kommende Zins-Entscheidungen der EZB: Termine
Wenn Sie zeitnah auf Änderungen des Leitzinses reagieren wollen, dann lohnt es sich, die kommenden Veröffentlichungen der EZB im Auge zu behalten. Wer etwa Anlage- oder Kreditentscheidungen trifft, sollte diese möglichst nach diesen Terminen tun.
Welche Funktion hat der Leitzins?
Der Leitzinssatz hat erhebliche Auswirkungen: auf Finanzmärkte, die allgemeine Wirtschaftslage, die Preise und einiges mehr. Auch Privatpersonen bekommen die Folgen zu spüren, wenn etwa die Arbeitslosigkeit sinkt oder sie weniger Kreditzinsen zahlen müssen.
Auswirkung auf die Konjunktur
Zum einen beeinflussen die Leitzinsen die Wirtschaft: Niedrige Zinsen bedeuten, dass sich die Banken billiges Geld bei der EZB besorgen können und insgesamt mehr Geld zur Verfügung steht. Dadurch werden Kredite allgemein günstiger – und Unternehmen werden zum Investieren angeregt.
Gleichzeitig lohnt sich Sparen kaum mehr und die Konsumenten geben ihr Geld lieber direkt aus. Auf diese Weise wird die Wirtschaft angekurbelt und die Konjunktur steigt. Bei hohen Zinsen passiert genau das Gegenteil und die Wirtschaftslage wird gebremst.
Nicht zuletzt haben Zentralbank-Zinsen eine wichtige psychologische Signalfunktion: Die Zentralbank signalisiert mit einer Senkung beispielsweise den Finanzmärkten, dass sie bereit ist, der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Allein dies führt oft schon zu steigenden Kursen an der Börse.
Auswirkung auf die Inflation
Der Leitzinssatz hat nicht zuletzt Einfluss darauf, wie sich das allgemeine Preisniveau entwickelt – also auf die Inflation. Denn bei niedrigen Zinsen leihen sich die Banken mehr Geld von der EZB und es ist insgesamt mehr Geld im Umlauf. Dadurch verliert das Geld an Wert und die Preise klettern nach oben – die Inflation nimmt zu.
Wenn die Inflation zu stark ist, kann die Zentralbank deshalb die Zinsen anheben – um die Wirtschaft etwas abzukühlen und die Preise zu stabilisieren. Dies hat aber Auswirkung auf die Exportlage und Währung. Außerdem können sich Folgen für den Wechselkurs ergeben. Ein Beispiel: Bei niedrigen EZB-Zinsen wird der Euro für ausländische Anleger unattraktiver – und der Wert des Euro sinkt. Gleichzeitig sind damit Produkte aus der Eurozone billiger und die Nachfrage nach ihnen steigt: Die Exporte nehmen also tendenziell zu.
Bedeutung des Leitzinses für Wohnkredite
Was bedeutet das alles nun im Zusammenhang mit dem Wohnbau? Nun, der Leitzinssatz wird von den Geschäftsbanken auch an die Verbraucher weitergegeben. Beispielsweise beeinflusst der Leitzins den EURIBOR. Dieser dient wiederum bei variablen Zinsvereinbarungen sehr oft als Referenzzinssatz.
Wer also einen Wohnkredit mit variablen Zinssätzen hat, der profitiert vom niedrigen Leitzinssatz. Denn in der Folge sind die Kreditzinsen günstig. Bei Negativzinsen können diese sogar bis auf 0 % sinken.
Leitzins: wichtiges Steuerungsmittel für Zentralbanken
Der Leitzins legt also die Konditionen fest, zu denen Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank ausleihen und anlegen können. Für die Zentralbanken ist er ein wichtiges Instrument, um für eine stabile Wirtschaftslage und gleichbleibende Preise zu sorgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte davon auch reichlich Gebrauch gemacht: Seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 hatte sie den Leitzinssatz immer weiter gesenkt. Für alle, die ein Immobilien-Investment vornehmen wollten, war dies ein großer Vorteil: Wohnkredite waren mit niedrigsten Zinskonditionen zu bekommen. Zwischenzeitlich sind die Konditionen bei einem Leitzins von 3,50 % (gültig ab 22.03.2023) wieder deutlich höher.
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