Im Einklang mit den Rekordinflationsraten im Euroraum und den höchsten Inflationsraten der letzten Jahrzehnte in den USA explodierten die Zinsen am langen Ende im Laufe des Jahres 2022, bevor sich die Zinsen am langen Ende im Zuge der Entwicklung einer inversen Zinskurve (kurze Laufzeiten werden höher verzinst als längere) wieder beruhigten, begleitet von der Hoffnung auf baldige Zinssenkungen infolge sinkender Inflationsraten. Anhand des 20-jährigen Euro Swapsatzes lässt sich die Schwankungsbreite der langfristigen Zinsen aufzeigen: von Jahresbeginn 2022 bis zum 31. August 2023 stieg dieser von 0,54 auf 2,95 %.
Unabhängig von variablen oder fixen Zinsen unterscheidet man noch zwischen dem Nominalzins und dem Effektivzins. Es kann durchaus sein, dass eine Bank nur einen der beiden Zinssätze erwähnt - es sind aber beide gleichermaßen wichtig. Als Kreditnehmer oder Sparer sollten Sie die wesentlichen Unterschiede kennen.
Nominaler Zinssatz
Banken verlangen für die Kreditgewährung ein Entgelt, das der Kreditnehmer zahlen muss. Dieses Entgelt ist der nominale Zinssatz. Auch wenn die Zinsen monatlich bezahlt werden, so bezieht sich der Nominalzins grundsätzlich auf ein Kalenderjahr. Der Abrechnungszeitraum ist also trotz monatlicher Zahlung des Kreditnehmers immer das Jahr. Üblicherweise erhält der Kreditnehmer auch am Ende des Jahres eine sogenannte Saldenmitteilung, in der angeführt ist, wie viele Zinsen im vergangenen Jahr bezahlt wurden. Anders ist es bei Kapitalanlagen: Hier schreibt die Bank die erwirtschafteten Zinsen erst am Jahresende gut.
Effektiver Zinssatz
Wie steht es aktuell um Kreditzinsen?
Es gibt verschiedene Faktoren, die aktuell auf die Kreditzinsen wirken. Ein sehr großer Teil ist vom Marktzinsniveau abhängig. Dieses tendierte aufgrund der zwischenzeitlich zehn EZB-Leitzinsanhebungen im Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar, März, Mai, Juni, Juli sowie September 2023 im kurzen Zinsbereich weiterhin aufwärts. Bei den langfristigen Zinsen sind mögliche Zinsrückgänge bereits wieder eingepreist (inverse Zinskurve). Der EZB-Rat geht in den Projektionen davon aus, dass die Inflation für eine längere Zeit zu hoch bleibt. Mit der Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte hat somit der EZB-Rat am 14. September 2023 auf vorherrschende Rahmenbedingungen reagiert. Aber es gibt noch weitere Einflussfaktoren.
Regulatorisches Umfeld: Die Vergaberichtlinien für Immobilienkredite an Konsumente wurden zum 1. August 2022 verschärft (neues Gesetz: Eigenmittel für Wohnkredite). Faktisch 20 % Eigenmittel des Kaufpreises (Nebenkosten von ca. 10 % und maximal 90 % Beleihungsquote vom Immobilienwert) sind erforderlich. Darüber hinaus darf die monatliche Rückzahlungsrate 40 % des Nettoeinkommens nicht überschreiten und die maximale Laufzeit wird auf 35 Jahre begrenzt. Zwar können Banken in einem kleinen Rahmen Ausnahmen machen, doch diese Vorgaben führen in vielen Fällen dazu, dass die Konditionsbandbreiten zwischen den Banken größer werden dürften und auch innerhalb der einzelnen Institute größere Unterschiede zwischen Top-Kunden und ausreichender Bonität gemacht werden.
Wettbewerbsumfeld und Geschäftspolitik der Banken: Es gibt einen stärkeren Mitbewerb durch vereinzelte Großbanken und deutsche Institute. Das wirkt zu starken Margenaufschlägen und dadurch Zinsverteuerungen entgegen. Doch individuell von Bank zu Bank unterscheidet sich die Geschäftspolitik, von der es auch abhängt, welche Fälle genehmigt werden und welche Finanzierungen abgelehnt werden.
Kreditzinsen in Österreich
Hier sollten vier Bereiche betrachtet werden. Zum einen bestimmen die wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen des Euroraums das Geschehen. Auf die Geldpolitik wurde zuvor eingegangen. Ein weiterer Bereich ist die Geschäftspolitik heimischer Banken sowie die vorherrschende Wettbewerbssituation am österreichischen Kreditmarkt. Hinzukommen regulatorische Rahmenbedingungen.
Makroökonomisch und geldpolitisch werden die kurz und langfristigen Eurozinsen beeinflusst. Die Konkurrenzsituation am heimischen Kreditmarkt hingegen bestimmt bei Krediten mit variablen Zinsen die Zinsaufschläge auf die Referenzzinssätze und die Abstände der langjährigen Fixzinsen zu den relevanten Euro-Swapsätzen (Zinssätze von Zinstauschgeschäften fixe gegen variable Verzinsung), zumal 2022 rund 62 %, aller derzeit in Österreich neu abgeschlossenen Wohnbaukredite bereits Fixzinskredite waren (weiterführende Informationen finden Sie in unserem Finanzierungs-Trend Verhältnis fix zu variabel verzinste Wohnbaukredite).
Zur Makroökonomie im Euroraum: Im Euroraum hat sich das BIP-Wachstum bis zum zweiten Quartal 2023 auf 0,6 % verlangsamt. Obwohl sich von Oktober 2022 bis August 2023 die Inflationsrate von 10,6 auf 5,3 % halbierte, gibt es noch eine wesentliche Hürde, die gegen sinkende Leitzinsen spricht, nämlich: die hartnäckige Kerninflation (Veränderung HVPI ohne Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak), die im August 2023 mit 5,3 % im Euroraums liegt. Insbesondere Dienstleistungen werden teurer, worin sich teils auch steigende Arbeitskosten reflektieren. An der Ölpreisfront könnten zuletzt günstige Basiseffekte bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Preisen ab August 2023 ins Gegenteil umschlagen, denn seit August 2022 liegen die Ölpreise im Schnitt unter aktuellem Niveau. Derzeit noch preisdämpfend wirkt die Rezession in der Industrie des Euroraums, wo sich die Wirkung jüngster Leitzinsanhebungen bemerkbar macht und im Juni 2023 Firmen erstmals seit Januar 2021 ihren Personalstand reduzierten. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor bleibt die Entwicklung der Rohstoffnachfrage Chinas. Somit steht die EZB im Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Rücksichtnahme auf das konjunkturelle Umfeld, weshalb für kommende Zinsentscheidungen die Auswertung aktueller Wirtschaftsdaten ausschlaggebend sein wird.
Österreichischer Kreditmarkt: Banken vergaben grundsätzlich gerne Immobilienkredite, solange die Immobilienpreise kontinuierlich nach oben gingen. Doch mit dem massiven Zinsanstieg und der seit 1. August 2022 geltenden Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) herrschen kritischere Rahmenbedingungen. Bei den Immobilienpreisen hingegen erreichte der von der OeNB veröffentlichte Wohnimmobilienpreisindex für Gesamt-Österreich im dritten Quartal 2022 seinen Hochpunkt. Auf Jahressicht verlangsamte dann sich die bundesweite Steigerung des Wohnimmobilienpreisindex vom vierten Quartal 2022 auf das zweite Quartal 2023 von 5,2 auf 2,3 %. Vor allem ältere Gebäude stehen im Hinblick anfallender thermischer Sanierungen immer mehr unter Preisdruck. Allerdings führte die Kombination aus hoher Inflation, strengeren Immobilienkreditvergaberichtlinien (KIM-V) und höheren Zinsen dazu, dass das Volumen neu vergebener Wohnbaukredite an Private Haushalte 2022 um 9,7 % auf 23,17 Mrd. EUR fiel. Im ersten Halbjahr 2023 brach dieses im Vorjahresvergleich um 62,1 % auf 5,52 Mrd. EUR ein. Im Monat Juli 2023 beschleunigte sich der Rückgang im Vorjahresvergleich auf 68 %.
Kreditzinsen international
Vergleicht man Kreditzinsen in Österreich mit dem Ausland, so erkennt man: Wir leben in einer sehr günstigen Kreditwelt. Dies liegt auch daran, dass Kreditinstitute in Österreich einen harten Wettbewerb austragen und Preise nicht beliebig anpassen können, da sie sonst Marktanteile verlieren könnten. Letztlich trägt auch die Digitalisierung ihren Teil dazu bei: Preissensible Kunden können sehr einfach und schnell die Bank wechseln.
Wer bietet die günstigsten Kreditzinsen in Österreich?
In Österreich gibt es knapp 500 Haupt- und 3.300 Zweiganstalten (Stand 31.12.2022). Welche Bank aktuell die günstigsten Kreditzinsen anbietet, ist schwer zu sagen. Diese Frage zu beantworten ist kaum möglich, da dies von einer Vielzahl von Faktoren Ihrer Finanzierung in Österreich abhängt. Besonders wichtig sind die persönliche Bonität sowie vorhandene Eigenmittel. Ebenfalls relevant ist das Kreditmodell. Denn während einige Kreditinstitute bei variablen Zinsen sehr günstige Angebote haben, gibt es Banken, welche bei Fixzinsbindungen im Kreditvergleich sehr niedrige Zinsen anbieten. Lassen Sie sich von einem unabhängigen Kreditvermittler verschiedene Kreditangebote einholen, um das für Sie beste Angebot zu erhalten. Eine erste Indikation zu den aktuellen Kreditzinsen können Sie mit unserem Zinsrechner erhalten.
Prognose: So könnte es mit Kreditzinsen in Österreich weitergehen
Ab dem 20. September 2023 sind die neuen EZB-Leitzinssätze infolge des Beschlusses vom 14. September in Kraft. Der Referenzzins für variable Kreditzinsen, der 3-Monats-Euribor, hat zur Einpreisung aktueller Leitzinsen noch Spielraum nach oben. Die Forward-Kurve signalisiert momentan keine weiteren Zinserhöhungen, bedingt durch sinkende Rohstoffpreise und eine globale Konjunkturflaute. Dennoch könnten Faktoren wie ein anhaltend robustes US-Wirtschaftswachstum, gesteigerte Rohstoffnachfrage aus China (preistreibend) und eine anhaltend hohe Kerninflation im Euroraum bis zu zwei weitere Zinsanhebungen auf bis zu 5,00 % zur Folge haben.
Bei Normalisierung der Zinskurve und einem Anstieg der EUR-Swapsätze mit Laufzeiten von 10 bis 30 Jahren über das Niveau des 3-Monats-Euribor könnten neue Fixzinsbindungen wieder teurer werden. Gewöhnlich steigen unter marktüblichen Bedingungen die Zinssätze mit der Länge der Laufzeit. Ein Ende der seit Herbst 2022 bestehenden Seitwärtsbewegung bei den Langzeit-Zinsen könnte dann sowohl absolute als auch relative Fixzins-Konditionsverschlechterungen österreichischer Banken bedeuten.
Ein langfristiger Faktor ist Basel IV: Während Banken für eine Firmen-Pleitewelle im Zuge der Corona-Krise bilanziell bereits vorgesorgt haben und von dieser Seite her die Risiken wohl eher überschaubar sind, sollte das Regelwerk „Basel IV“ als zusätzliche Ergänzung von „Basel III“ im Auge behalten werden. Dieses bedeutet nämlich, dass Banken strengere standardisierte Ratings in der Bewertung von Krediten entsprechend gewichten müssen, woraus gegenüber früheren internen Ansätzen ein Anstieg der Risikoaktiva resultiert. In der Folge müssen Kredite mit noch mehr Eigenmittel unterlegt werden.
Dies und die neuen Vergaberichtlinien sowie generell ein Trend hin zu strengeren Risikomanagement-Maßnahmen könnten dann auf einer breiteren Front dazu führen, dass Banken bei Neuabschlüssen höhere Risikoaufschläge verrechnen, was per Saldo eines Tages sogar eine spürbare Verteuerung der Neukreditkonditionen bedeuten könnte.
Per Saldo bedeutet dies auch, dass die Konditionsunterschiede zwischen Kreditnehmern mit Top-Bonität und jenen mit ausreichender Bonität größer werden könnten. Wer nur eine ausreichende Bonität hat, könnte mit weitaus höheren Aufschlägen auf den Referenzzins und zusätzlich teureren Fixzinsbindungen konfrontiert werden. Hingegen Top-Bonitäten könnten sich günstigerer langjähriger Fixzinsbindungen (auf 20 bis 30 Jahre) erfreuen.
nen zur Zinsentwicklung finden Sie in folgendem Ratgeber
Zinsentwicklung und Prognosen
Zinsen und Zinseszinsen berechnen
Ihre Zinsen oder Zinseszinsen können Sie mithilfe eines finanzmathematischen Taschenrechners oder im Internet mit diversen Zinsrechnern berechnen. Sie sollten dabei aber beachten, dass die Zinseszinsen für Sie nur dann relevant sind, wenn Sie bei der Zahlung der Kreditraten säumig sind. Wie Zinsen berechnet werden und wie Sie selbst Ihre Zinsen berechnen können, erklären wir im folgenden Abschnitt.
Tipp: Informieren Sie sich über Zinsrechner.
Zinsrechner: Zinsen berechnen und vergleichen
Zinseszinsen: Berechnung und Auswirkungen
Wird ein Kredit über einen gewissen Zeitraum nicht zurückbezahlt, so fallen Zinsen an, die auch laufend zu bezahlen sind. Werden diese Zinsen allerdings nicht sofort bezahlt, so erhöht sich der Gesamtkreditbetrag um die nicht bezahlten Zinsen. Auf die nicht bezahlten Zinsen fallen deshalb wieder Zinsen an. Man spricht dabei vom Zinseszins bzw. Zinseszinseffekt, der hier zu einem erhöhten Zinsaufwand führt.
Zinsen berechnen mit Sondertilgung
Steht während der Kreditlaufzeit Kapital für die teilweise Rückzahlung eines Kredites zur Verfügung, so spricht man von einer Sondertilgung. Durch die Sondertilgung lässt sich die Kreditsumme verringern. Damit reduziert sich auch der Zinsaufwand. Im Vorhinein lässt sich das aber nur schwer berechnen.
Zinsen für einen Hauskredit: Womit ist zu rechnen?
Nimmt man einen Hauskredit auf, so werden dafür Zinsen fällig. Dies können dann variable oder fixe Zinsen über eine bestimmte Laufzeit sein. Egal für welches Kreditmodell Sie sich entscheiden, die Höhe des Kreditzinses hängt vor allem von Ihrer persönlichen Bonität sowie den vorhandenen Eigenmitteln ab. Fakt ist, je mehr Eigenkapital bzw. Sicherheiten Sie der Bank anbieten können, desto eher werden Sie in den Genuss von Bestkonditionen kommen.
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