Am Geldmarkt (kurzfristiger Zeithorizont, im Gegensatz zum Kapitalmarkt mit einem langfristigen Zeithorizont) werden die Zinsen durch Angebot und Nachfrage bestimmt, wobei die Leitzinsen der EZB einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Geldmarktzinsen haben, die also faktisch von der Notenbank gesteuert werden können. Von diesen Zinssätzen, in vielen Fällen vom 3-Monats-EURIBOR, hängt es ab, wieviel Zinsen Sie als Häuslebauer für Ihre Wohnbaukredite zahlen.
Dieser Ratgeber informiert Sie über die Entwicklung und Hintergründe zum 3-Monats-EURIBOR.
Was ist der 3-Monats-EURIBOR?
Der 3-Monats-EURIBOR ist ein wichtiger Geldmarktzinssatz. Er ist eine Orientierungsgröße für den Zins, den Banken am Geldmarkt für die kurzfristige Überbrückung anderer Banken verlangen können. Banken verleihen Geld zu diesem Zins plus Risikoaufschlägen untereinander und an Schuldner von Hypothekarkrediten für Wohnbauzwecke. Zudem können Banken auch variabel verzinste Anleihen auf 3-Monats-EURIBOR-Basis emittieren, um damit ihre Kreditgeschäfte zu refinanzieren. Allerdings erhalten Anleger, die hier investieren weniger Zinsen als Kreditnehmer bei der Bank bezahlen. Aus dieser Zinsdifferenz erwirtschaftet die Bank einen Ertrag.
3-Monats-EURIBOR aktuell [Stand 03.04.2024]
Per 03. April 2024 liegt der 3-Monats-EURIBOR bei 3,857 % und somit auf dem nahezu höchsten Niveau der letzten 10 Jahre.
3-Monats-EURIBOR: Entwicklung der letzten 12 Monate
Das Jahr 2023 war in punkto „Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR“ ein Jahr der Extreme. Noch im Januar 2023 war der 3m -EURIBOR bei knapp über 2 %. Aufgrund des Verlaufs des EZB-Leitzinses, welcher durch viele Zinserhöhungen gekennzeichnet war, stieg der 3-Monats-EURIBOR bis Ende Q3.2023 dann auf knapp 4 %. Danach bildete sich ein Zinsplateau auf diesem Zinsniveau.
EZB hinkt Fed im Zinszyklus hinterher
Bereits 2021 stieg infolge von Warenknappheit durch coronabedingte Lieferkettenunterbrechungen die Inflation. Infolge eines durch den seit 24. Februar 2022 tobenden Ukrainekrieg ausgelösten Erdgaspreisschocks erreichte die Inflation in Europa zweistellige Größenordnungen. Die US-Notenbank (Fed) begann Mitte März 2022 mit ihrer Leitzinsanhebungsreihe, während die EZB zu diesem Zeitpunkt noch in einem expansiven geldpolitischen Modus war und erst ca. vier Monate später eine erste Leitzinsanhebung durchführte. Doch dann erhöhte sie bis 20. September 2023 ihren Hauptrefinanzierungssatz bis auf 4,50 %, das höchste Niveau seit dem Jahr 2001.
Lohninflation im Fokus
Der EURIBOR mit 3 Monaten Laufzeit gewinnt im Einklang mit weiteren restriktiven geldpolitischen Aussagen von Entscheidungsträgern der EZB besonders an Dynamik. Sowohl in den USA als auch in Europa wird die stärker mit den Lohnkosten korrelierende Kerninflation von den Notenbanken genau beobachtet. Infolge starker Gewerkschaften in Europa, die vehement Inflationsausgleich fordern, beobachtet die EZB insbesondere auch den Faktor Lohninflation. Dieser hat für weitere geldpolitische Entscheidungen an Bedeutung gewonnen.
3-Monats-EURIBOR: historische Entwicklung seit 1999
Die historische Entwicklung des 3-Monats-EURIBORs gleicht seit 1999 einer Berg-und-Tal-Fahrt. Geprägt war diese Zeit von mehreren Krisen mit unterschiedlichen geldpolitischen Entscheidungsträgern in der EZB. Am Ende folgte ein erneuter „Zinsschock“ nachdem der 3-Monats-EURIBOR seit April 2015 infolge von massiven Anleihenkäufen und negativen Einlagezinsen der EZB über 7 Jahre im Negativ-Terrain verharrte. Am Tiefpunkt fiel der 3-Monats-EURIBOR im vierten Quartal 2021 unter -0,60 %. Dies war eine Folge der Corona-Sondermaßnahmen der EZB, die massiv Anleihen aufkaufte, um die langfristigen Zinsen zu drücken. Abgelöst wurde diese Phase von einem Inflationsschock, dem ab Juli 2022 dann eine Vielzahl von Leitzinsanhebungen der EZB und steigende EURIBOR-Sätze folgten.
Von Negativzinsen zum Zinsschock
In den vergangenen 23 Jahren haben nach der Finanzkrise 2008/09 Interventionen der Notenbanken an den Kapitalmärkten zu einer Verzerrung des Marktgefüges geführt. Seit 2009 boomten vor allem in deutschsprachigen Raum bei niedriger Verbraucherinflation die Wohnimmobilienpreise, die teils kritische Höhen erreichten. Seit 2015 waren in Österreich dann variable Wohnbau-Kreditverzinsungen zwischen 0,375 und 1,000 % p.a. möglich, da Banken von der Marge den negativen 3-Monats-EURIBOR-Zins abzogen und bereit waren, im Notfall Nullzinskredite zu vergeben, während es in Dänemark bereits erste Negativzinskredite gab. Doch der auf die Pandemie und im Zuge des Ukrainekriegs einsetzende Inflationsschub ließ die „Negativzinsträume“ wie Seifenblasen zerplatzen und leitete die aktuelle „Zinsschockphase“ ein.
Ende des Zinsparadieses
Vor allem in den Jahren 2020 und 2021 konnten langjährige Fixzinsbindung zu teils 1,000 bis 1,250 % p.a. abgeschlossen werden und variable Zinsen wurden teilweise unter 0,5 % p.a. gewährt. Die Jahre zuvor hingegen haben Experten wiederholt vergeblich eine Zinswende proklamiert, denn seit 2008 waren die Notenbanken weltweit im „Sonderoperationsmodus“, um größere Krisen an den Finanzmärkten zu verhindern. Diese Zeiten sind seit 2022 - zumindest vorerst – vorbei. Nun pflegt die EZB in Europa wieder ihre Kernaufgabe, die Sicherstellung der Geldwertstabilität (mit dem Ziel einer Inflation in Höhe von 2 %). Die Handlungsbereitschaft der Währungshüter in Frankfurt am Main lässt sich dabei an einer Erhöhung des wichtigsten Leitzinssatzes um 4,5 Prozentpunkte binnen vierzehn Monaten (bis September 2023, danach 5 Sitzungen des EZB-Rates ohne Änderung) sehr gut erkennen.
Verzögern sich die Leitzinssenkungen der EZB bis in den Herbst 2024 hinein, dann ist am Jahresende 2024 mit einem 3-Monats-Euribor von immer noch über 3,50 % zu rechnen. Hingegen im Falle eines stärkeren Abschwungs und moderaterer Lohnabschlüsse wären infolge früherer Zinsschritte der EZB sogar noch stärkere Rückgänge möglich.
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