Der EURIBOR-Zinssatz gilt als Referenzzinssatz für viele Kredite, welche in Euro vergeben werden. Dieser hat insofern auch eine hohe Bedeutung für alle Immobilienkredite in Österreich, welche neu vergeben werden sowie teilweise auch auf bestehende Finanzierungen. Der EURIBOR wurde zwischenzeitlich reformiert und bleibt im Gegensatz zu anderen Referenzzinssätzen auch nach dem 31.12.2021 erhalten. Dieser Beitrag erläutert Ihnen, was sich hinter dem Begriff EURIBOR verbirgt. Zudem erfahren Sie, wie die EURIBOR-Werte entstehen, wie sich diese auf variabel verzinste Kredite auswirken, welche verschiedenen Laufzeiten es gibt und ob eine verlässliche Prognose für die Zukunft möglich ist.
Definition: Was ist der EURIBOR?
Die Abkürzung EURIBOR steht für Euro Interbank Offered Rate. Wenn von „dem EURIBOR“ gesprochen wird, ist das übrigens nicht ganz richtig, denn tatsächlich handelt es sich nicht um einen, sondern fünf verschiedene Zinssätze.
Diese sind der Durchschnitt aus den Zinssätzen, zu denen sich ausgewählte europäische Banken mit höchster Bonität untereinander für einen festgelegten Zeitraum unbesicherte Euro-Kredite gewähren. Ausgewählt werden die Banken vom Beratungsausschuss der Europäischen Bankenvereinigung.
Viele Banken verwenden diesen Zinssatz als Referenz, um die variablen Zinsen für Kredite wie etwa Hypothekendarlehen festzulegen. Wenn Sie einen Immobilienkredit aufnehmen wollen, hat also mit großer Wahrscheinlichkeit der EURIBOR einen wesentlichen Einfluss auf die Konditionen, welche die Bank Ihnen bei variabler Verzinsung bietet.
EURIBOR aktuell und historisch
Die genauen EURIBOR-Werte werden jeden Tag um 11 Uhr vormittags (Mitteleuropäische Zeit) von Reuters mitgeteilt – allerdings nur an die Banken, denn seit 2014 dürfen die Werte nur mit einer Verzögerung von 24 Stunden veröffentlicht werden. Die aktuellsten EURIBOR-Stände können Sie zum Beispiel hier einsehen.
Prognose: Entwicklungen beim EURIBOR
3 Monate, 6 Monate, 12 Monate oder sogar bis 2024 – wie weit kann man eigentlich die EURIBOR-Entwicklung vorhersagen und warum ist überhaupt die Rede vom 3- bzw. 6-Monats-EURIBOR? Nachfolgend werden diese Fragen erläutert.
3-Monats-EURIBOR und 6-Monats-EURIBOR
Der Begriff 3-Monats-EURIBOR bezieht sich schlicht und einfach auf den Zeitraum, in dem sich die ausgewählten Banken untereinander das Geld leihen. Die maximale Frist sind 12 Monate. Der längst laufende EURIBOR ist also der 12-Monats-EURIBOR.
Der 3-Monats-EURIBOR bzw. der EURIBOR auf 6 Monate werden deshalb oft genannt, weil diese am häufigsten verwendet werden. Darüber hinaus wird der EURIBOR außerdem für eine Woche sowie für 1, und 12 Monate ermittelt.
So und so: Wenn Sie einen (Immobilien-)Kredit mit variablen Zinsen aufnehmen möchten, sollten Sie, allerdings abhängig von Ihrem Bedarf, Möglichkeiten und Wünschen, eine kürzere Kreditlaufzeit wählen. Auf diese Weise senken Sie das Zinsänderungsrisiko. Denn je länger der Zeitraum, desto größer ist das Risiko, dass der EURIBOR und damit Ihr Zins ansteigt. Aber Achtung: Bei fixer Verzinsung wiederum ist es schlauer, sich für einen möglichst langen Zeitraum die aktuellen Zinsen zu sichern.
EURIBOR 2023 und langfristige Zinssatz-Prognosen
Die Entwicklung der Finanzmärkte weit voraussehen zu können, wäre zweifellos sehr praktisch. In der Realität aber ist es so gut wie unmöglich, eine EURIBOR-Prognose bis das gesamte Jahr 2023 zu stellen. Denn selbst eine genaue Betrachtung vergangener Entwicklungen kann nicht als verlässlicher Indikator dafür gesehen werden, was vielleicht in der Zukunft passiert.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt zum Beispiel, dass der EURIBOR seit 2000 immer wieder starke Schwankungen von über 5 Prozent bis unter 0 Prozent erlebt hat. All diese Entwicklungen lassen sich natürlich auch begründen – allerdings erst im Nachhinein. Nur bei kürzeren Zeiträumen ist es möglich, einigermaßen konkrete Vorhersagen zu treffen.
Das heißt nicht, dass nicht gewisse Prognosen aufgestellt werden können. Die US-Notenbank (Fed) erhöhte zum Beispiel 2022 in neun Zinsschritten um je 0,25; 0,50 bzw. 0,75 Prozentpunkten (stärkste Anhebung seit Mitte November 1994) die Fed Fund Rate von ursprünglich 0,00 bis 0,25 % auf 4,75 bis 5,00 % (Stand 23.03.2023). Dann hatte sich nach längerem Zögern auch die EZB der Inflationsbekämpfung verschrieben und in sechs Zinsschritten (Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar und März 2023) den Leitzins auf 3,50 % angehoben (Stand 23.03.2023). Weitere Zinsschritte seitens der EZB sind nicht unwahrscheinlich.
EURIBOR-Reform
Manipulationsskandale rund um den EURIBOR und LIBOR, als Panelbanken vorgeworfen wurde, die Zinssätze zu eigenen Gunsten künstlich niedrig zu halten, führten zu einer Reform der Referenzzinssätze, die künftig höhere Mindeststandards aufweisen. Dazu zählen eine ausreichend große Datenbasis, Transparenz und ein regelmäßiges Review. Interbank Offered Rates (IBORs), zu denen auch der EURIBOR gehört, wurden bis Ende 2021 entweder reformiert oder nach und nach durch Risk Free Rates (RFRs) abgelöst. Die meisten IBORs werden deshalb seit Anfang 2022 nicht mehr veröffentlicht.
Zu den Ausnahmen zählt dabei der reformierte EURIBOR, welcher als Referenzzins erhalten bleibt. Die neue Lösung beinhaltet sowohl Markttransaktionen als auch modellierte Werte, falls es zu wenige geeignete Transaktionen für die Zinsermittlung gibt. In der Außenkondition ist der neue „Hybrid-EURIBOR“ dem bisherigen sehr ähnlich.
Wovon hängt die Zinsentwicklung ab?
Die Zinssituation lässt sich nur bis zu einem gewissen Grad vorhersehen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Entwicklung von so vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Ausschlaggebend sind zum Beispiel Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB).
Nach der Finanzkrise 2008/09 entschied die EZB, die Zinsen zu senken, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Durch die niedrigeren Zinsen sollte – stark vereinfacht gesagt – ein Anreiz gegeben werden, mehr zu konsumieren und zu investieren. Das zeigt: Letztendlich wird der EURIBOR mit dadurch beeinflusst, wie viel Geld zur Verfügung steht.
Dabei spielen auch politische Faktoren eine große Rolle. Der Ukraine-Krieg birgt inflationären Sprengstoff, alleine schon durch Wegfall russischer Erdgaslieferungen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist der Konflikt China-Taiwan. Außerdem könnten verschiedene Nationen in eine Rezension schlittern, worauf dann auch die Notenbanken Rücksicht nehmen müssten. Unter diesen Aspekten lässt sich nicht vorhersagen, wie sich die Zinsen entwickeln werden und welche Auswirkungen dies auf die Zinssätze bei Euro-Krediten haben könnte.
Kurz und gut: Auf EURIBOR-Prognosen, die allzu weit in die Zukunft reichen, sollte man sich besser nicht bedingungslos verlassen. Denn politische und wirtschaftliche Entwicklungen lassen sich nun einmal nicht planen.
Lesen Sie mehr zur möglichen Zinsentwicklung in unserem Ratgeber
Zinsentwicklung und Prognosen
EURIBOR und Kreditzinsen in Österreich
Ein niedriger EURIBOR-Referenzzins ist des einen Freud, des anderen Leid. Denn wer einen Kredit aufnehmen will, profitiert von günstigen Zinsen. Auf der anderen Seite sorgen niedrige Zinssätze bei vielen Sparern für Frustration: Wirklich lohnend waren Sparvorhaben in den vergangenen Jahren bezüglich eines Zinsertrags nicht mehr.
Auch in Österreich sind die Kreditzinsen aktuell immer noch auf vertretbarem Niveau. Wenn Sie also mit dem Gedanken spielen, einen Immobilienkredit aufzunehmen, lohnt es sich, dies bald zu tun. Denn dass der EURIBOR eher noch etwas weiter ansteigt und die Immobilienfinanzierung dadurch nochmals teurer machen wird, ist wahrscheinlich.
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