Die Bilanzsummen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Fed geben Auskunft über den jeweiligen Kurs bei der Geldpolitik. Je größer die Bilanz, desto mehr Geld bringt die Zentralbank in Umlauf. Erfahren Sie hier, wie sich die Bilanzsumme der EZB und Fed entwickelt hat und welche Folgen sich für die private Wohnbaufinanzierung ergeben.
Im Juli 2025 hat sich die EZB-Bilanzsumme weiter leicht reduziert und liegt Ende des Monats bei 6,122 Billionen Euro. Im Gesamtjahr 2024 hatte sich die Bilanzsumme der EZB bereits um 8,3 % auf 6,357 Billionen Euro verringert (Dezember 2024), verglichen mit dem Vorjahresendwert von 2023.
Die Bilanzsumme einer Zentralbank zeigt, ob diese aktuell eine expansive oder restriktive Geldpolitik fährt. Wenn Sie über einen Immobilienkauf nachdenken, ist die Geldpolitik aus zweierlei Gründen interessant: Erstens beeinflusst diese die aktuellen Zinsen und zweitens die Inflation und damit auch die Immobilienpreise in Österreich.
Kurz gesagt: Sinkt die Bilanzsumme, so bedeutet dies eine Phase restriktiver Geldpolitik. Die Leitzinsen (und in Folge auch die Kreditzinsen) sind tendenziell hoch. Im Gegenzug sollen die Inflation und die (Immobilien-)Preise sinken.
Die Bilanzsumme der EZB hat sich seit der Euro-Einführung 2002 massiv vergrößert: Sie betrug Ende 2022 nahezu das Zehnfache des Wertes von 2002. Ähnliches gilt für die Bilanzsumme der US-amerikanischen Fed – diese hat sich in diesem Zeitraum fast verzwölffacht. Die erhebliche Ausweitung beginnt in beiden Fällen im Jahr 2008, als sich die Finanzmarktkrise abzeichnet und die Zentralbanken mit expansiver Geldpolitik gegensteuern. Der Chart zur Bilanzsumme der Fed und EZB verdeutlicht die Entwicklung.
Bis 2007 nahmen die Bilanzsumme der EZB und Fed nur leicht zu, etwa im Einklang mit dem damaligen Wirtschaftswachstum. 2008 kam es dann zu ersten größeren Anleihekäufen. In diesem Jahr überschritten beide Zentralbanken die Grenze von 2,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar). Mit der Corona-Krise 2020 folgte dann erneut ein sprunghafter Anstieg, sodass die Bilanzsummen von EZB und Fed in 2022 sich schon in Richtung 9,0 Billionen (Euro bzw. US-Dollar) entwickelten. 2023 setze die Wende ein und die Bilanzsummen beider Notenbanken sinken seither wieder.
Diese Entwicklung der EZB-Bilanzsumme führte unter anderem zu einem erheblichen Anstieg der Immobilienpreise. Sozusagen als „Nebenwirkung“ der expandierenden Bilanzsummen stiegen auch die Preise für Wohneigentum. Wenn Sie vor der Corona-Krise Wohneigentum erworben haben, dann können Sie sich über die Entwicklung freuen: Höchstwahrscheinlich hat Ihre Immobilie an Wert gewonnen. Allerdings scheint die beschriebene expansive Phase der EZB jetzt zunächst einmal beendet zu sein – und der Leitzins-Verlauf zeigt, dass das Zinsplateau zwar verlassen wurde, der Leitzins jedoch voraussichtlich deutlich oberhalb der Null-Prozentmarke bleiben wird. Mit zehn Leitzinserhöhungen der EZB im Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar, März, Mai, Juni, Juli und September 2023 wurde dieser Weg eingeschlagen. Zwischenzeitlich erfolgten wieder acht Leitzinssenkungen im Juni, September, Oktober und Dezember 2024 sowie Januar, März, April und Juni 2025, eine weitere dürfte noch folgen. Interessant ist, dass derzeit immer noch eine flache Zinskurve vorliegt und damit für Neuabschlüsse privater Wohnbaufinanzierungen die Zinssätze für 5-jährige Fixzinsbindung nicht teurer sind als für eine variable Finanzierung.
Auch ein Blick auf die jüngste Vergangenheit zeigt: Die Entwicklung der EZB-Bilanzsumme ging seit dem Höhepunkt im Juni 2022 mit 8,836 Billionen Euro grundsätzlich stetig nach unten. Die EZB legte beim Thema Bilanzsumme den Rückwärtsgang ein und reduzierte diese im Dezember 2022 auf unter 8 Billionen Euro und im Dezember 2023 auf unter 7 Billionen Euro. Im Dezember 2024 lag die Bilanzsumme schließlich unter 6,5 Billionen Euro. Auch die Bilanzsumme der Fed zeigt einen ähnlichen Verlauf. Die Bilanzsummen beider Zentralbanken waren im Jahresverlauf 2024 rückläufig. Im Jahresvergleich sank die Bilanzsumme der EZB um 8,3 %, jene der Fed um 10,7 %. Die Reduzierung der Bilanzsummen setzte sich somit im gesamten Jahr 2024 fort. In den letzten 12 Monaten verringerten die beiden Zentralbanken monatlich fast durchgehend ihre Bilanzsummen – ein eindeutiger Hinweis auf den geldpolitischen Straffungskurs. Zum Stichtag Ende Juli 2025 liegt die Bilanzsumme der EZB bei 6,122 Billionen Euro (erneut leicht rückläufig gegenüber Juni), und die der Fed bei 6,643 Billionen USD (ebenfalls leicht rückläufig gegenüber dem Vormonat).
Anfang 2022 stieg die Bilanzsumme der EZB nur noch marginal. Seit dem Höchstwert im Juni 2022 sinkt diese zwischenzeitlich wieder und lag im März 2025 auf einem 12-Monats-Tief. Nach dem 12-Monats-Tief im März 2025 setzte sich der Abwärtstrend fort, zuletzt lag die EZB-Bilanzsumme im Juli bei 6,122 Billionen Euro. Wie lange diese Trendwende in der Geldpolitik in 2025 von Dauer ist, bleibt weiter abzuwarten und wird wesentlich vom Investitionsvolumen, Wirtschaftswachstum und der weiteren Entwicklung der Inflation in 2025 abhängen.
Dass die Bilanzsumme einer Zentralbank auch wieder deutlich schrumpfen kann, wenn sie zuvor zu stark expandiert ist, zeigte beispielsweise bereits die US-amerikanische Fed in den Jahren 2017 bis 2019. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass die Zentralbanken in 2025 weiter eine restriktivere Geldpolitik betreiben. In naher Zukunft drohen deshalb weiter schrumpfende Bilanzsummen bei EZB und Fed, es sei denn, eine weitere Stabilisierung des Bankenmarktes oder der Wirtschaft ist erforderlich.
Wenn die EZB-Bilanzsummen schrumpfen und weniger Geld im Umlauf ist, bedeutet das für Sie als Kreditnehmer: Die Banken sind zunächst grundsätzlich restriktiver bei der Kreditvergabe. Es gelten z. B., wenn auch zwischenzeitlich als Empfehlung und nicht mehr Richtlinie, strengere Vorgaben hinsichtlich des Anteils an Eigenmitteln und der Laufzeiten. Im privaten Wohnbaubereich wird die Anschaffung von Wohneigentum aufgrund sinkender Leitzinsen und höheren Realeinkommen zunehmend wieder einfacher. Drohende Wertberichtigungen für gewerbliche Immobilienfinanzierungen, ausgelöst durch die Signa-Insolvenzen, könnten aber in 2025 noch auf die Risikopolitik der Banken bei der Kreditvergabe einwirken. Ein Systemrisikopuffer von 1 % auf Gewerbeimmobilienkredite für Kreditinstituten ist für Sommer 2025 durch den Regulator bereits geplant. Falls Sie einen Immobilienkauf planen, sollten Sie also nicht zu lange damit warten.
Es ist Fakt, dass die Bilanzsummen von EZB und Fed den Höchststand zuerst einmal überschritten haben und eher ein weiterer Rückgang als ein Wachstum zu erwarten ist. Die Bilanzsumme der Fed hatte bereits im April 2022 ihren Höhepunkt erreicht. Es ist weiterhin von einer tendenziellen Schrumpfung der EZB-Bilanzsumme auszugehen, denn: Was das große Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) angeht, hatte der EZB-Rat kommuniziert, dass die Wiederanlage der Tilgungsbeträge aus dem PEPP zum Jahresende 2024 eingestellt wurde.
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Datenquelle: FRED St.Louis Fed, Europäische Zentralbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.