12-Monats-Euribor: aktuell und historische Entwicklung

Europäische Zentralbank
Autor: Hagen Luckert
Kategorie: Finanzierung
Datum: 02.04.2024

Der 12-Monats-Euribor ist einer der Geldmarktzinssätze, die bestimmen, wie hoch der Zins ist, den Banken bezahlen, wenn sie sich Geld von anderen Instituten ausleihen. Beeinflusst wird dieser Zins von Angebot und Nachfrage und den Leitzinsen der EZB. Vor allem bei Bausparkassendarlehen ist dieser Zinssatz relevant.


Was ist der 12-Monats-Euribor?

Der 12-Monats-Euribor ist ein wichtiger Geldmarktzinssatz. Er ist eine Orientierungsgröße für den Zins, den Bausparkassen am Geldmarkt für eine kurzfristige Refinanzierung bezahlen. Finanzinstitute verleihen Geld zu diesem Zins plus Risikoaufschlägen untereinander und an Hypothekarkreditschuldner für Wohnbauzwecke. Umgekehrt können Banken und Versicherungen auch variabel verzinste Anleihen auf 12-Monats-Euribor-Basis emittieren, um damit ihre Kreditgeschäfte zu refinanzieren.


12-Monats-Euribor: aktueller Zinssatz [Stand 03.04.2024]

Per 03. April liegt der 12-Monats-Euribor bei 3,648 % und somit nahe dem höchsten Stand seit Jänner 2009.


Euribor 12 Monate (Euribor 12M): Bedeutung für private Kreditkunden

Der 12-Monats-Euribor kommt bei Banken seltener als Indikator zum Einsatz als bei Bausparkassen. Er ist aber bei Förderkrediten für Unternehmen ein geläufiger Indikator. Bei Bausparverträgen und Bausparfinanzierungen hingegen betrifft der Euribor 12M ausschließlich Konsumenten, die im Falle eines Bauspardarlehens im Rahmen der Zinsbandbreite diesen Zins plus einen Aufschlag zahlen, sofern sie nicht eine Fixzinsbindung in Anspruch nehmen.

Tipp: Lesen Sie mehr zum Thema EURIBOR in unseren Ratgebern: EURIBOR: Definition, Entwicklung und Prognosen und 12-Monats-Euribor: aktuell und historische Entwicklung.


12-Monats-Euribor 2024: Entwicklung der letzten Monate

Seit 2023 hat der 12-Monats-Euribor eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Anfang 2023 befand sich der Zinssatz in einem höheren Bereich, mit Spitzenwerten von bis zu 4,198 % im Oktober 2023, was auf straffe geldpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und zur Stabilisierung der Wirtschaft hindeutet. Im Laufe des Jahres zeigten die Zinssätze eine Tendenz zur Stabilisierung und schließlich zu einem graduellen Rückgang, was sich in den ersten Monaten von 2024 fortsetzte, wobei der Zinssatz im März 2024 Werte um ca. 3,75 % erreichte. Diese Entwicklung deutet auf eine Anpassung der Märkte an die geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank und an globale wirtschaftliche Unsicherheiten hin. Der Rückgang seit den Spitzenwerten in 2023 reflektiert eine vorsichtig optimistische Haltung der Märkte, die auf eine allmähliche Normalisierung der wirtschaftlichen Bedingungen und eine Verbesserung der Inflationsaussichten hoffen lässt.

Hartnäckige Kerninflation

Seit Ende 2023 zeigt sich weiterhin eine hartnäckige Kerninflation im Euroraum. Obwohl die Gesamtinflation bis Februar 2024 auf 2,6 % zurückgegangen ist, lag die Kerninflation noch bei 3,1 %. Verarbeitete Lebensmittel verzeichneten mit 4,5 % die höchste Teuerungsrate, was teils durch schlechte Ernten bzw. letztlich durch den Klimawandel bedingt ist. Hinzukommen wegen Lohninflationstendenzen 4 % Teuerung bei Dienstleistungen. Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass trotz eines allgemeinen Rückgangs der Inflationsraten bestimmte Bereiche wie Dienstleistungen weiterhin Druck ausüben. Die Leitzinsen bleiben somit – im Gegensatz zu jenen der Schweiz – im Euroraum noch unverändert auf hohem Niveau.

12-Monats-Euribor als Weichensteller vor dem 3-Monats-Euribor

Am 03. April  2024 verzeichnete der 12-Monats-Euribor einen Wert von 3,648 %, während der 3-Monats-Euribor bei 3,857 % lag. Diese Zahlen verdeutlichen, wie der 12-Monats-Euribor längerfristigere Markterwartungen abbildet, im Gegensatz zum 3-Monats-Euribor, der stärker auf kurzfristige Zinsänderungen reagiert. Die Unterschiede in den Euribor-Raten reflektieren die Marktsicht auf die zukünftige Wirtschaftslage und Zentralbankpolitik, wobei der 12-Monats-Euribor eine Vorwegnahme zukünftiger Trends darstellt​.


12-Monats-Euribor: Zeitreihe seit 1999

Die Zeitreihe des 12-Monats-Euribor seit 1999 zeichnet eine erhebliche Berg- und Talfahrt nach. Der Rückgang von über 5 % zu Beginn des Jahrtausends bis auf eine Talsohle von knapp über 2 % spiegelte die damalige Rezession und das Platzen der Dotcom-Blase wider. Anschließend stand der Anstieg im Einklang mit einer besseren Konjunktur wieder in Richtung 5 %. Der Lehman-Schock im Herbst 2008 markierte mit einem Anstieg auf rund 5,5 % eine Übertreibung, ausgelöst durch eine Liquiditätskrise an den Interbankenmärkten. Es folgte eine Phase des Krisenmodus, in der die Zentralbanken mit Zinssenkungen und massiven Anleihekäufen reagierten, die während der Corona-Krise 2020 nochmals intensiviert wurden. Ein Inflationsschock durch Lieferkettenunterbrechungen und den Ukraine-Krieg führte schließlich zu deutlichen Leitzinserhöhungen, die sich in den jüngsten Anstiegen widerspiegeln.

Zu dieser historischen Entwicklung kommen sich aktuelle geldpolitische Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die auf die anhaltende Inflation abzielen und die Erwartungen für den Euribor maßgeblich beeinflussen. Insbesondere die jüngsten Signale für eine Straffung der Geldpolitik haben die Märkte sensibel reagiert, was sich in Anpassungen des 12-Monats-Euribors manifestiert. Diese aktuelle geldpolitische Ausrichtung unterstreicht die dynamische Interaktion zwischen makroökonomischen Ereignissen, Zentralbankpolitik und den Euribor-Zinssätzen, wobei der 12-Monats-Euribor als Indikator für langfristige Markterwartungen dient.

Marktanomalie Negativzins

Die historische Entwicklung des 12-Monats-Euribor zeigte in den vergangenen zehn Jahren etwas auf, was es in den vergangenen 100 Jahren noch nie gegeben hat, nämlich Negativzinsen, was bedeutet, wer sich Geld ausborgt, bekommt dafür auch noch Zinsen. Geld wird nicht nur gratis verliehen, sondern der Verleiher zahlt dem „Abnehmer“ auch noch Geld dafür. Das ist bizarr. Doch diese bizarre Situation hielt von Februar 2016 bis April 2022 an, ehe ein Zinsanstieg der Leitzinsen und der damit verbundenen Zinsen für Wohnbaufinanzierungen auf den höchsten Stand seit Dezember 2008 folgte.

Das Ende der Nullzinsära

Lange prognostizierten Experten eine Zinswende, die dann erst 2022 eintrat, dafür aber dann mit entsprechender hoher Geschwindigkeit. Angesichts eines 12-Monats-Euribor von etwa 3,75 % im März 2024 signalisieren die Zinssätze, dass die Ära der Nullzinspolitik vorbei ist und bestätigen den Trend zu einer anhaltend strafferen Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank. Kleinere zwischenzeitliche Zinsschwankungen werden jedoch normal sein.


12-Monats-Euribor: Prognose und Ausblick

Eine Prognose für den 12-Monats-Euribor ist herausfordernd. Es ist leichter den EZB-Leitzins und mit ihm korrelierende kurzfristige Geldmarktzinssätze zu prognostizieren als einen bereits fast mittelfristigen Zins, welcher den Leitzinsen vorauseilt. Aktuell liegt wegen einer inversen Zinskurve der 12-Monats-Euribor um rund 21 Basispunkte unter dem 3-Monats-Euribor. Nachdem sich das BIP-Wachstum im Euroraum im dritten und vierten Quartal 2023 mit 0,1 % nur knapp über dem Rezessionsniveau befand, ist die Rezessionsgefahr noch nicht gebannt. Fakt ist, dass in der Vergangenheit inverse Zinskurven sehr häufig vor dem Beginn einer neuen Rezession aufschienen. Doch im Verlaufe der Rezession normalisiert sich dann in der Regel die Zinskurve wieder. Dieses Mal könnten Rückgänge der kurzfristigen Zinsen leichten Anstiege am langen Ende gegenüberstehen. Der 12-Monats-Euribor würde dabei wohl eher gleichbleiben. Doch die konkrete Entwicklung hängt von den weiteren Inflations- und Konjunkturentwicklungen ab.

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Über den Autor: Hagen Luckert
Position: Geschäftsführer

Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.

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