Zum 11. Juni 2025 senkt die Europäische Zentralbank (EZB) zum achten Mal seit 2024 die Leitzinsen um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Solche Zinssenkungen führen normalerweise dazu, dass Kredite günstiger werden. Doch aufgrund der Veränderung von einer flachen Zinskurve in zwischenzeitlich wieder eine normale Zinskurve gestaltet sich die Situation differenzierter. In diesem Ratgeber werden die Auswirkungen der EZB-Zinssenkung auf Wohnbau- und Immobilienfinanzierungen erläutert sowie ein Ausblick auf die künftige Zinsentwicklung gegeben.
Was bedeutet die Zinssenkung der EZB für die Immobilienfinanzierung?
Die Marktteilnehmer erwarteten überwiegend für die EZB-Leitzinsentscheidung am 05. Juni 2025 eine achte Leitzinssenkung der EZB um 0,25 Prozentpunkte. Dies führte dazu, dass der überwiegend verwendete Referenzzinssatz für variabel verzinste Immobilienkredite, der 3-Monats-Euribor, bereits im Vorfeld von ca. 4 % im Oktober 2023 auf rund 2 % sank. Je nach Kreditvertrag bedeuten diese Rückgänge auch eine Zinssenkung bei der Immobilienfinanzierung.
Senkungen bei den Konditionen erfolgten bereits sukzessive vor der tatsächlichen Leitzinssenkung bei neuen Immobilienfinanzierungen mit variablem Zinssatz, bei bestehenden Finanzierungen mit variabler Verzinsung erfolgt dann eine Reduzierung zum nächsten Zinsanpassungstermin. Die Leitzinssenkung hat jedoch keine Auswirkungen auf bestehende Wohnbaufinanzierungen mit Fixzinssatz. Aufgrund der sich normalisierenden inversen Zinskurve wurden die Festzinssätze für neue Wohnbaufinanzierungen eher wieder teurer.
Wie profitieren Erstkäufer und Bauherren von der Zinssenkung?
Die EZB-Leitzinssenkungen seit 2024 bietet Erstkäufern Vorteile durch niedrigere Finanzierungskosten. Ein variabel verzinster Immobilienkredit hatte sich durch die Senkung des 3-Monats-Euribor und des 12-Monats-Euribor seit dem Zinshoch bereits um bis zu 2,00 Prozentpunkte verbilligt. Beispiel: Bei einer Kreditsumme von 300.000 Euro und Laufzeit von 30 Jahren sind die Zinsen (variabel, Nomimalzinssatz, Basis: 3-Monats-Euribor) seit dem Hoch im Herbst 2023 von etwa 5,00 % auf 3,00 % p.a. im September 2025 gesunken (bonitätsabhängig), was die monatliche Rate deutlich reduziert. Dies erhöht die Kaufkraft und verbessert die Kreditverfügbarkeit. Wäre die Leitzinssenkung im Juni 2025 übrigens nicht wie erwartet gekommen, wären der 3- und 12-Monats-Euribor vermutlich direkt wieder angestiegen.
Tipp: Zudem sollten Sie wissen, dass langfristige Fixzinskredite bei Neuabschlüssen aktuell nur vertretbar teurer sind wie variable Kredite, was zu einer Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken führt. Überlegenswert ist zudem, auf eine langfristige Fixzinsbindung umzuschulden, um eine monatliche Entlastung beim Kredit zu erhalten, sofern das Einkommen nicht im gleichen Maße wie die Lebenshaltungskosten gestiegen sind.
Bestehende Immobilienfinanzierungen: Was ändert sich?
Die achte Leitzinssenkung seit 2024, die der EZB-Rat am 05. Juni 2025 beschlossen hat und die ab 11. Juni 2025 in Kraft tritt, führt im Neugeschäft derzeit nur zu begrenzten Vergünstigungen bei variabel verzinsten Krediten. Dennoch eröffnet die aktuelle Marktzinsstruktur interessante Optionen:
- Optionen für Umschuldungen: Normalerweise sind langjährige Fixzinsbindungen deutlich teurer als variable Finanzierungen. Aufgrund des noch vertretbaren Abstands ist es aktuell noch attraktiv, variabel verzinste Kredite auf langjährige Fixzinsbindungen umzuschulden. Die Zinsen sind aktuell noch nicht zu weit auseinander, sodass nur eine vertretbare Prämie für die langfristige Zinsabsicherung anfällt.
- Vor- und Nachteile von Fixzinsbindungen im aktuellen Zinsumfeld: Fixzinsbindungen bieten kalkulierbare Kreditraten. Sinkt das Marktzinsniveau weiter, bleibt der Kreditzins für die vereinbarte Bindungsdauer des Zinssatzes jedoch gleich. Aber auch vorzeitige Sondertilgungen über 10.000 Euro pro Jahr können gegen eine Pönale von maximal 1 % vorgenommen werden. Bis 10.000 Euro sind zusätzliche Rückzahlungen pro Jahr oftmals sogar ohne Ponäle möglich.
- Auswirkungen auf variabel verzinste Wohnbaukredite: Die Kreditzinsen sinken nicht unmittelbar nach einem Zinssenkungsbeschluss. Der Kreditvertrag regelt, wann eine Zinssenkung bei der Immobilienfinanzierung erfolgt, in der Regel zu den vertraglich festgelegten Zinsanpassungsterminen. Fixe Wohnbaukredite hingegen bleiben unverändert.
Wann und warum könnten weitere EZB-Zinssenkungen folgen?
Manche Experten erwarten für das Jahr 2025 oder 1. Halbjahr 2026 noch eine kleinere Zinssenkung, wenn sich die Inflationsrate im Euroraum nachhaltig weiterhin um das Stabilitätsziel von 2 % bewegt. Das erwartete Zinssenkungspotenzial hängt mit dem neutralen Zinsniveau zusammen, bei dem die Geldpolitik weder expansiv noch restriktiv wirkt. Dieses liegt laut den Schätzungen der Volkswirte der EZB im Bereich von 1,75 bis 2,5 %. Das aktuelle Niveau von 2 % im Einlagezins scheint derzeit als "Komfortzone" zu gelten, aus der die geldpolitischen Entscheidungsträger nur in besonderen Notfällen weiter nach unten gehen. Die Inflation des Euroraums hat sich in etwa um die 2 % eingependelt. Gleichzeitig lag das BIP-Wachstum des Euroraums im zweiten Quartal 2025 bei 1,6 %. Obwohl Einkaufsmanager-Indexdaten ein Ende der Rezession des Industriesektors signalisieren, mäßigen sich die Lohnsteigerungen weiter.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte sich dazu in der Stellungnahme zur geldpolitischen Entscheidung vom 11. September 2025: "Die Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation stehen weiterhin mit unserem mittelfristigen 2-%-Ziel im Einklang. Gegenüber dem Vorjahr stieg das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer im zweiten Quartal um 3,9 % an. Im Vorquartal hatte der Anstieg noch bei 4,0 % und im zweiten Quartal des Vorjahres bei 4,8 % gelegen. Zukunftsgerichtete Indikatoren, darunter die EZB-Indikatoren für die Lohnentwicklung (Wage Tracker) sowie Umfragen zu den Lohnerwartungen deuten darauf hin, dass sich das Lohnwachstum weiter abschwächen wird".
Was folgt nach der Zinssenkung?
Bereits am 12. Juni 2025, eine Woche nach der 8. Leitzinssenkung der EZB äußerte sich EZB-Direktoriumsmitglied, Isabel Schnabel, gegenüber Bloomberg, zur möglichen weiteren Entwicklung der Leitzinsen und dass die Zinssenkungskampagne der EZB bald vorbei sein könnte, da sowohl die Inflation als auch die Wirtschaft auf Kurs sind. Die EZB-Ratssitzung vom 11. September 2025 ist bereits die zweite Entscheidungsrunde mit unveränderten Leitzinsen in Folge. EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, fühlt sich offensichtlich mit dem aktuellen Zinsniveau ganz wohl, denn die Inflation bleibt in etwa im mittelfristigen Zielbereich von 2 % und die gesunkenen Zinsen sind in der Lage, die Wirtschaft zumindest für ein moderates Wachstum ausreichend zu stützen. Dies lässt sich u.a. aus folgender Antwort Lagards auf eine Journalistenfrage in der Pressekonferenz vom 11. September 2025 ableiten: "Wir befinden uns weiterhin in einer guten Lage. Warum sage ich das? Weil die Inflation dort ist, wo wir sie haben wollen. Aktuelle Werte: 2,1 %, 2 % bis 2,1 %. Mittelfristige Aussichten: im Zielbereich. Die Binnenwirtschaft zeigt sich widerstandsfähig, der Arbeitsmarkt ist solide und die Risiken sind ausgewogener". Dennoch verwies sie in ihrem offiziellen Statement auf Risiken wie eine erneute Verschlechterung der Handelsbeziehungen, die Exporte weiter dämpfen und die Investitionen sowie den Konsum bremsen könnte. Weitere Risiken wären eine Eintrübung der Stimmung an den Finanzmärkten und geopolitische Spannungen. Fakt ist, dass die EZB einen datenabhängigen Entscheidungsansatz verfolgt und sich ihre Entscheidungen Sitzung für Sitzung offen lässt. Blickt man auf die Forward Kurve im 3-Monats-Euribor, so kann aus den eingepreisten Markterwartungen eine mögliche weitere Leitzinssenkung in der ersten Jahreshälfte 2026 abgeleitet werden.
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