Das Vorkaufsrecht in Österreich begründet das Recht des Berechtigten zum bevorzugten Erwerb einer Sache für den Fall, dass der Verpflichtete diese verkaufen will. Diese wird hauptsächlich für Immobilienverkäufe vereinbart. Der Vorverkaufsberechtigte kann das Recht gegenüber einem Dritten geltend machen, der im Begriff ist, die mit dem Vorkaufsrecht versehene Liegenschaft zu erwerben. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kaufberechtigten sich den Zugriff auf Objekte sichern können, wenn der Eigentümer die Immobilie veräußern möchte. In diesem Beitrag können Sie nachlesen, was das Vorkaufsrecht alles umfasst.
Ein Vorkaufsrecht (§§1072 ff ABGB) kann für jede Sache im Sinne des Gesetzes begründet werden (unbewegliche Sache; bewegliche Sache).
Wenn der Eigentümer einen Kaufvertrag mit einem Dritten abschließt bzw. ein bindendes Angebot eines Dritten vorliegt, hat die Person, welche zum Vorkauf berechtigt ist, das Recht, das Objekt zu den gleichen Bedingungen zu erwerben wie der Dritte.
Vorkaufsrechte können sich aus dem Gesetz ergeben, durch letztwillige Verfügung oder aufgrund einer vertraglichen Einräumung.
Vorkaufsberechtigte haben im Falle von unbeweglichen Sachen 30 Tage Zeit, das Vorkaufsrecht für sich zu nutzen.
Durch Eintragung ins Grundbuch wird ein Vorkaufsrecht zwar nicht zu einem "dinglichen" Recht, es wirkt aber wie ein solches gegen Dritte.
Der Verkäufer muss den Erstkaufberechtigten vor dem voraussichtlichen Verkauf benachrichtigen.
Eine Eintragung von Vorkaufsrechten erfolgt im C-Blatt des Grundbuchs.
Definition: Was ist ein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht in Österreich ist ein gesetzlich oder vertraglich geregeltes Sonderrecht. Schließt der Eigentümer von beweglichen oder unbeweglichen Sachen mit einem Dritten einen Kaufvertrag, so hat ein Vorkaufsberechtigter das Recht, das Objekt statt dem Dritten zu gleichen Bedingungen zu erwerben.
Vorkaufsrecht Beispiel: Ein Ehepaar verkauft die Wohnung im Obergeschoss des elterlichen Hauses an ein befreundetes Ehepaar. Sie wollen aber unbedingt vermeiden, dass andere fremde Personen möglicherweise später die Wohnung erwerben und lassen sich deshalb ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen.
Was passiert, wenn Sie…
Nachfolgend finden Sie Antworten zu Fragestellungen, welche häufig im Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht für eine Immobilie gestellt werden.
… eine Immobilie erben, auf die ein Vorkaufsrecht besteht?
Das Vorkaufsrecht in Österreich gilt lebenslang für den Vorkaufsberechtigten und ist auch für alle gesetzlichen Erben (Empfänger oder Erben) bindend. Der Vorkaufsberechtigte kann allerdings das Vorkaufsrecht nicht vererben, für ihn ist es ein höchst persönliches Recht, das nur ihm selbst zusteht.
… eine Immobilie verkaufen, auf die ein Vorkaufsrecht besteht?
Wenn Sie eine Immobilie verkaufen möchten, auf welcher im Grundbuch ein Vorkaufsrecht eingetragen ist, muss dem Vorkaufsberechtigten zunächst entweder ein fix unterzeichnetes Angebot eines Käufers oder abgeschlossener Kaufvertrag vorgelegt werden. Der Kaufvertrag für die Immobilie kann nach Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten nicht mehr geändert oder aufgehoben werden. Vorkaufsberechtigte haben dann genau 30 Tage Zeit, das Vorkaufsrecht für sich zu nutzen. Unterschreibt der Vorkaufsrechtsinhaber das Angebot, kommt der Kaufvertrag automatisch in Form der Unterzeichnung mit dem Vorkaufsrechtsinhaber zustande. Der Verkäufer ist zudem verpflichtet, die erforderlichen Unterschriften zu leisten, damit die Vorkaufsberechtigten in das Grundbuch eingetragen werden können. Der Vorkaufsberechtigte ist an den vorliegenden Vertrag vollinhaltlich gebunden und hat alle im Vertrag genannten Bedingungen ohne Änderungsmöglichkeiten zu erfüllen. Ist also ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen, darf das Eigentumsrecht des Käufers nur dann im Grundbuch einverleibt werden, wenn der Vorkaufsberechtigte nicht in das Anbot bzw. den Kaufvertrag eintritt.
…. eine Immobilie kaufen, auf die ein Vorkaufsrecht besteht?
In jedem Fall muss die Immobilie zunächst dem Vorkaufsberechtigten angeboten werden, und zwar zu den Konditionen, welche Sie anbieten. Sie unterfertigen ein verbindliches Kaufanbot, welches dem Vorkaufsberechtigten vorgelegt werden muss. Dieser hat dann 30 Tage Zeit, vom Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Tut er dies, tritt er in das Anbot bzw. den Kaufvertrag ein und dieser kommt mit dem Vorkaufsberechtigten zustande. Tut er dies innerhalb dieser Frist nicht, dann können Sie wie geplant die Liegenschaft erwerben.
Um zu verhindern, dass Sie Ansprüche aus dem (verbindlichen) Angebot bzw. Kaufvertrag geltend machen, werden diese in aller Regel mit einer aufschiebenden Bedingung versehen sein, nach der die Wirksamkeit des Vertrages von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängt. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten Sie gegenüber der Verkäuferseite einen den aus der Zusage resultierenden Vertrauensschaden geltend machen.
Das Vorkaufsrecht im Grundbuch
Das Vorkaufsrecht wird im Grundbuch im C-Blatt eingetragen. Es handelt sich dabei um ein höchst persönliches Recht, das nicht übertragbar oder vererbbar ist. Mit dem Tod des Berechtigten erlischt auch das Vorkaufsrecht. Die Löschung aus dem Grundbuch ist diesfalls zu beantragen und wird nicht automatisch vorgenommen. Handelt es sich beim Objekt um eine Immobilie, kann mittels eines Grundbuchsantrags beim zuständigen Grundbuchsgericht unter Vorlage des unterzeichneten Vorkaufsrecht-Vertrages bzw. eines sonstigen Vertrages, welcher ein Vorkaufsrecht enthält und welcher notariell beglaubigt ist, das Vorkaufsrecht im Grundbuch einverleibt werden.
Kosten Eintragung Vorkaufsrecht Grundbuch
Inklusive der Gebühren können Sie zusammen mit den Beglaubigungskosten für die Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch mit Kosten in Höhe von etwa 500 Euro rechnen. Je nach Komplexität der Regelung können die Kosten auch höher oder niedriger liegen. Üblicherweise bezahlt derjenige die Kosten für das Vorkaufsrecht, welcher dieses eingeräumt bekommt.
Vorkaufsrecht ausüben
Damit Sie ein Vorkaufsrecht in Österreich ausüben können, muss dieses zunächst einmal überhaupt zu Ihren Gunsten bestehen. Grundbücherlich sichergestellte Vorkaufsrechte an Liegenschaften sind dabei im Grundbuch eingetragen. Hat der bisherige Eigentümer einen Käufer für seine Immobilie gefunden, muss er Sie darüber informieren. Sie als Berechtigter haben dann 30 Tage Zeit, Ihre Entscheidung zu treffen und den Verkäufer schriftlich über ihre Absicht zu benachrichtigen. Die Konditionen für Sie als Vorkaufsberechtigten, dazu zählt insbesondere der Kaufpreis, dürfen nicht schlechter und auch nicht besser ausfallen als für den anderen vorgesehenen neuen Eigentümer.
Voraussetzungen
Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist, dass ein verbindliches Angebot oder wirksamer Kaufvertrag über den das Vorkaufsrecht betreffenden Gegenstand (meist ein Grundstück oder eine Immobilie) zwischen Vorkaufsverpflichtetem (bisheriger Eigentümer) und Drittkäufer (neuer geplanter Eigentümer) vorliegt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung des Vorkaufsberechtigten gegenüber dem Vorkaufsverpflichteten (bisheriger Eigentümer). Die Ausübung hat unter Wahrung der gesetzlichen Ausschlussfristen zu erfolgen.
Frist
Der Berechtigte hat eine 30 Tage Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts. In dieser Zeit muss er seine Entscheidung treffen und den Verkäufer über seine Absicht benachrichtigen. Wenn dies nicht geschieht, wird angenommen, dass der Berechtigte von seinem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen will.
Abwicklung
Wenn Sie Ihr Vorkaufsrecht fristgerecht ausüben, müssen Sie den vollständigen Kaufpreis entrichten. Für den Fall, dass der Kaufpreis erst später zu bezahlen ist, reicht es aus, den Kaufpreis durch eine Bankgarantie sicherzustellen oder treuhänderisch zu hinterlegen.
Das Vorkaufsrecht bei Erbe und Schenkung
Was erwartet Sie in den Fällen Immobilien als Erbschaft oder Schenkung? Im Falle einer Schenkung oder Erbschaft sollten Sie sich zunächst alle relevanten Unterlagen für die Immobilie besorgen. Erben (oder Beschenkte) könnten eine Immobilie in der Regel sofort verkaufen und den Erlös unter allen Beteiligten teilen. Geschenknehmer bzw. Erben haben im Falle eines beabsichtigten Verkaufs jedoch das Vorkaufsrecht zu beachten. Als Beschenkte oder Erben sind Sie daran gebunden. Beim Verkauf von Immobilien gelten unverändert die Regelungen zur Benachrichtigung des Vorkaufberechtigten und zur Abwicklung des Kaufvertrages.
Zu beachten ist, dass das Vorkaufsrecht im Falle einer Schenkung grundsätzlich nicht zum Tragen kommt. Ein solches gilt im Falle einer Schenkung nur, wenn dieser Rechtsvorgänge in der Vereinbarung über das Vorkaufsrecht ausdrücklich als „Vorkaufsfall“ festgelegt wurde.
Für den Fall, dass Sie eine Erbschaft antreten und für den Erblasser eine Vorkaufsberechtigung auf eine Liegenschaft eingetragen war, verliert dieses mit dem Ableben des Erblassers seine Gültigkeit. Bei zeitlichen Befristungen eines Vorkaufsrechts oder einer explizit abweichenden vereinbarten Regelung kann dies anders sein. Die Einholung einer juristischen Beratung ist an dieser Stelle zu empfehlen.
Vorkaufsrecht umgehen?
Beim Verkauf von Liegenschaften kommt gerade immer wieder die Frage auf, ob sich das Vorkaufsrecht umgehen lässt. Davon ist jedoch abzuraten, da Scheinangebote oder fingierten Tauschgeschäfte rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Wird der Vorkaufsberechtigte umgangen, hat dieser zudem ein Recht auf Schadenersatz.
Gibt es ein Vorkaufsrecht für Mieter?
Ein Vorkaufsrecht kann für Mieter und Pächter von Wohnungen, Immobilien und Grundstücken bestehen. In Österreich gibt es Vorkaufsrechte für diese nur unter ganz bestimmten Bedingungen im Zusammenhang mit dem Mietkauf von Genossenschaftswohnungen.
Wann erlischt ein Vorkaufsrecht?
Ein Vorkaufsrecht schränkt den Eigentümer einer Liegenschaft zunächst einmal dahingehend ein, dass er sein Eigentum nicht ohne weiteres an einen von ihm präferierten Käufer frei verkaufen kann. Daher ist es wichtig zu wissen, wann das Vorkaufsrecht Österreich eigentlich erlischt.
Auf das Vorkaufsrecht verzichten
Jeder Vorkaufsberechtigte kann durch eine entsprechende Erklärung auf sein Vorkaufsrecht verzichten. Zudem sollten Sie wissen, dass es teilweise auch Vorkaufsrechte von Städten und Gemeinden gibt. Beispielsweise für Grundstücke, im Bereich der Wohnbauförderung zur Vermeidung von Spekulationsgeschäften oder zur Vermeidung von Mietkostenexplosionen durch Umwandlungen in Ferienimmobilien.
Vorkaufsrecht abgelten
Das Vorkaufsrecht beim Immobilienkauf in Österreich kann abgegolten werden, wenn der Begünstigte dem schriftlich zustimmt. Im Gegenzug erfolgt eine entsprechende Ausgleichszahlung für den Verzicht. Übt der Rechteinhaber das Vorkaufsrecht nicht aus und ist das Kaufrecht auf den Erstverkauf beschränkt, so erlischt sein Recht übrigens auch.
Todesfall des Rechteinhabers
Mit dem Tod des Berechtigten erlischt auch das Vorkaufsrecht. Ist der Vorkaufsberechtigte verstorben, wird das Vorkaufsrecht gegen Vorlage der Sterbeurkunde aus dem Grundbuch gelöscht. Häufig werden Vorkaufsrechte nicht aus dem Grundbuch gelöscht, nachdem der Berechtigte verstorben ist (z.B. weil dies vergessen wurde). Da das Grundbuch diese Löschung nur auf Basis eines aktiven Antrages macht, bleiben diese Eintragungen oft noch jahrelang nach dem Tod des Vorkaufsberechtigten im Grundbuch. Sie müssen sich also in diesem Fall beim Verkäufer/ Makler erkundigen und nachweisen lassen, ob der Vorkaufsberechtigte noch lebt oder bereits verstorben ist.
Mindert das Vorkaufsrecht den Wert der Immobilie?
Für die Immobilienbewertung in Österreich spielen Vorkaufsrechte eine untergeordnete Rolle. Da das Vorkaufsrecht nur jeweils dazu berechtigt, in den Vertrag eines Dritten als Käufer einzutreten, geht von dem Verkaufsrecht eine zumindest deutliche Wertminderung nicht hervor. Allerdings kann der Interessent sich nicht sicher sein, ob er die Liegenschaft erwerben kann, bevor die Situation mit dem Berechtigten final geklärt ist.
Vorkaufsrecht in Österreich: Vorrang beim Immobilienkauf
Das Vorkaufsrecht in Österreich stellt für Immobilienverkäufer und Kaufinteressenten ein mögliches ungeliebtes Hindernis dar. Dennoch ist die Regelung sinnvoll, um den Vorkaufsberechtigten ihr Kaufrecht zu ermöglichen oder gegebenenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz zu erheben. Alle Beteiligten sollten sich ausreichend informieren und wenn möglich, vorab mit dem Vorkaufsberechtigten klären, ob ein Kaufinteresse besteht.
Über den Autor: Hagen Luckert Position: Geschäftsführer
Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.
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