Immobilienertragsteuer in Österreich: Höhe, Berechnung und Befreiung
Autor: Mag. Harald Draxl Kategorie: Finanzierung Datum: 06.08.2024
Seit dem 1. April 2012 unterliegen grundsätzlich sämtliche Gewinne aus der Veräußerung von privaten Immobilien der Einkommensteuerpflicht. Die vormalige Spekulationsfrist von zehn Jahren wurde abgeschafft. Die Immobilienertragsteuer in Österreich hat sich im Laufe der Zeit auf zuletzt 30 % der Bemessungsgrundlage verteuert. Diese ist so gestaltet, dass Sie unter Umständen trotz eines kleinen Wertverlustes bei der Veräußerung noch Steuern bezahlen müssen. Allerdings gibt es auch Ausnahmeregelungen. Dieser Beitrag setzt sich mit dem Steuerthema auseinander und zeigt Ihnen wesentliche Grundlagen auf.
Immobilienertragsteuer: das Wichtigste im Überblick
Der 01. April 2002 entscheidet als Datumsgrenze darüber, ob Sie nur 4,2 % bzw. 18 % des Verkaufserlöses als Immobilienertragsteuer zahlen oder 30 % des tatsächlichen Veräußerungsgewinnes.
Die Erbschaft oder Schenkung alleine löst noch keine ImmoESt-Pflicht aus, aber wenn Sie als Beschenkte oder Erben die Liegenschaft verkaufen, hängt es vom Zeitpunkt des Erwerbs des Schenkers oder Erblassers ab, ob der Verkaufsgewinn analog Alt- oder Neubestand versteuert wird.
Bei Hauptwohnsitzen und selbst erstellten Gebäuden kann es unter bestimmten Bedingungen einen Steuererlass geben.
Im Falle umgewidmeter Grundstücke kommen beim Verkauf abhängig vom Umwidmungsdatum verschiedene Pauschalen zum Tragen.
Was ist die Immobilienertragsteuer (ImmoESt)?
Am 1. Jänner 2011 wurde in Österreich die neue Wertpapier-KESt eingeführt. Die einjährige Spekulationsfrist, nach der Kursgewinne bei Wertpapieren steuerfrei waren, wurde abgeschafft. Fast gleichzeitig hat der Fiskus die Immobilienbesitzer als neue Steuerquelle entdeckt. Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien, sprich die Differenz aus Verkaufserlös und Anschaffungskosten hat der Staat einer Immobilienertragsteuer unterworfen.
Im Laufe der Jahre haben sich die Bedingungen für die Bürger zunehmend verschlechtert (z. B. Abschaffung bereinigter Inflationsabschlag beim Immobilienverkauf zum 01.01.2016). Mittlerweile müssen Sie sich die Frage stellen, ob sich eine Immobilienveräußerung noch lohnt, oder ob es angesichts der hohen Inflation in Österreich nicht besser wäre, die betreffende Liegenschaft einfach nur zu belasten.
Höhe und Berechnung der Immobilienertragsteuer in Österreich
Für den Verkauf oder Tausch von Grundstücken ist seit 1. April 2012 eine Steuerpflicht gegeben. Als „Grundstücke“ klassifiziert der Gesetzgeber in Österreich dabei Grund und Boden, grundstücksgleiche Rechte wie beispielsweise Baurechte sowie Gebäude. Letzte umfassen dabei auch die Eigentumswohnungen. Dabei unterscheidet das Finanzamt zwischen zwei Gruppen von Liegenschaften, nämlich
Neubestand
Das sind Liegenschaften, die ab dem 01.04.2002 angeschafft wurden oder zum 31. März 2012 steuerpflichtig waren.
Altbestand
Das sind Liegenschaften, bei denen der letzte entgeltliche Erwerb vor dem 01.04.2002 lag.
Auf die jeweilige Bemessungsgrundlage, fällt seit Anfang 2016 ein Ertragssteuersatz von 30 % an. Zuvor waren es 25 %. Dabei gilt, dass die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken nicht progressionserhöhend für das Resteinkommen wirken. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage fällt bei „Altvermögen“ in der Regel ein großzügiger pauschaler Wert bei den Anschaffungskosten an. Bei Neu-Grundstücken hingegen sind die tatsächlichen Anschaffungskosten und vergangenen Abschreibungen sowie Subventionen (zwecks Adaptierung der Anschaffungskosten) relevant.
Immobilienertragsteuer Altvermögen
Altvermögen bzw. Altbestände bei Immobilien waren am 31. März 2012 nicht ImmoESt-pflichtig. Es handelt sich also dabei um Grundstücke, die bei zehnjähriger Spekulationsfrist vor dem 31. März 2002 (oder 31. März 1997 bei 15-jähriger Spekulationsfrist) angeschafft wurden. Nehmen wir an, Sie wollen eine Immobilie verkaufen, sprich veräußern ein Haus oder eine Wohnung. Dann nimmt das Finanzamt pauschal Anschaffungskosten von 86 % des Veräußerungserlöses an. Somit müssen Sie 14 % des Veräußerungserlöses einem Steuersatz von 30 % (vor 2016: 25 %) unterwerfen. Konkret bedeutet dies für Sie eine effektive Steuerbelastung von 4,2 % (bis 31.12.2015: 3,5 %).
Eine 2001 erworbene Wohnung verkaufen Sie um 300.000 Euro (Veräußerungserlös). Das Finanzamt nimmt die Anschaffungskosten pauschal mit 258.000 Euro an, selbst wenn Sie dafür ursprünglich nur 100.000 Euro bezahlt haben. Es bleibt ein Veräußerungsgewinn von 42.000 Euro. Davon zahlen Sie 30 %, also 12.600 Euro. Dieser Betrag macht 4,2 % des Veräußerungserlöses aus.
Immobilienertragsteuer Neubestand
Als Neubestand bzw. Neuvermögen gelten Immobilien, die am 31. März 2012 der Steuerpflicht (ImmoESt) unterlagen bzw. die ab dem 01.04.2002 angeschafft wurden. Dies war der Fall, wenn ein Verkauf zu diesem Zeitpunkt aufgrund der zehnjährigen Spekulationsfrist (in Ausnahmefällen 15 Jahre) steuerpflichtig gewesen wäre. So berechnen Sie die Immobilienertragsteuer für den Neubestand einer Liegenschaft:
Angenommen Sie verkaufen nach 10 Jahren eine vermietete Wohnung um 300.000 Euro, die Sie vor 10 Jahren für 200.000 Euro (inkl. Nebenkosten) erwarben. Sie bekamen keine Subventionen und hatten noch die Abschreibung von der Einkommenssteuer abgesetzt, 1,5 % von 70 % von 200.000 Euro pro Jahr.
Veräußerungserlös: 300.000 Euro
- Anschaffungskosten: 200.000 Euro
+ Abschreibung: 21.000 Euro
Dann beträgt die Bemessungsgrundlage der ImmoESt 121.000 Euro. Davon 30 % sind 36.300 Euro ImmoESt.
Welche Umstände vermindern die ImmoESt?
Da gibt es wenig Spielraum. Lediglich die Kosten der Berechnung durch Steuerberater und Nebenkosten des Kaufes (Makler, Grunderwerbsteuer, Anwalt/Notar ...) können Sie ansetzen. In einigen wenigen Fällen kann noch die Regelbesteuerungsoption herangezogen werden, sofern die anderen laufenden Einkünfte des Steuerpflichtigen niedriger als durchschnittlich mit 30 % besteuert werden.
Befreiung von der Immobilienertragsteuer
In gewissen Fällen sind Sie von der Immobilienertragsteuer befreit. Die häufigsten und wichtigsten Fälle sind nachfolgend kurz erläutert:
Keine Immobilienertragsteuer bei Schenkung und Erbschaft
Seit 2008 sind in Österreich die Schenkungs- und Erbschaftssteuer abgeschafft. Sollten Sie Liegenschaften erben oder übertragen bekommen, so ist dieser Vorgang von der ImmoESt befreit. Allerdings ist der anschließende Verkauf ein anderes Thema.
Immobilienertragsteuer entfällt wegen Hauptwohnsitzbefreiung
Sie sind von der Immobilienertragsteuer befreit, wenn Sie als Verkäufer der Liegenschaft
diese ab der Anschaffung oder Fertigstellung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz genutzt haben oder
diese durchgehend für mindestens fünf Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung als Hauptwohnsitz genutzt haben.
Wichtig: Es muss sich um ein Eigenheim in Form eines Wohnhauses bestehend aus maximal zwei Wohnungen handeln. Zwei Drittel der Nutzfläche sollten eigenen Wohnzwecken dienen. Auch fallen Sie durch den Rost, wenn Ihr Grundstück zu groß ist. Die maximale Gesamtnutzfläche darf dabei 1.000 m2 betragen.
Herstellerbefreiung
Selbst hergestellte Gebäude und auch jene, die bei Bauherreneigenschaft des Auftraggebers von Dritten errichtet wurden, sind bei späterem Verkauf von der Immobilienertragsteuer ausgenommen (der Gebäudeanteil). Achtung: Eine Detailprüfung ist erforderlich, sofern das Gebäude in den letzten zehn Jahren zur Erzielung von Einkünften gedient hat!
Sofern die Voraussetzungen sowohl für die Hauptwohnsitzbefreiung als auch für die Herstellerbefreiung gegeben sind, so ist zunächst die Hauptwohnsitzbefreiung anzuwenden. Diese ist für den Verkäufer vorteilhafter, da die Herstellerbefreiung nur das Gebäude und die Hauptwohnsitzbefreiung das Gebäude und den Grund betrifft.
Immobilienertragsteuer: Einige Spezialfälle
In manchen Sonderfällen gelten spezielle bzw. pauschale Steuerregeln. Diese gelten beispielsweise für folgende Vorgänge:
Immobilienertragsteuer: Umwidmung und Verkauf
Eine Umwidmung von Grünland und Bauland durch die Gemeinde bedeutet eine Vervielfachung des Wertes. Entsprechend höher sind hier die Pauschalen, wobei es eine entscheidende Datumsgrenze gibt, nämlich der 1. Jänner 1988.
Umwidmung nach dem 31. Dezember 1987: Das Finanzamt zieht von Verkaufserlös fiktive Anschaffungskosten von 40 % ab. Die verbleibenden 60 % unterliegen einer 30 % Immobilienertragsteuer. Daraus resultiert eine effektive Steuerbelastung von 18 % des Verkaufserlöses.
Beispiel: Immobilienertragsteuer - Umwidmung und Verkauf
Ein im Jahr 1990 erworbenes Wiesengrundstück wurde im Jahr 2000 um 100.000 Euro verkauft, dann sind 60.000 Euro mit 30 % zu versteuern, woraus eine Abgabenlast von 18 % resultiert.
Umwidmung vor dem 1. Jänner 1988: In diesem Fall erhöhen sich die fiktiven Anschaffungskosten auf 86 % des Verkaufserlöses und nur 14 % sind steuerrelevant. Bei einem Steuersatz von 30 % fallen insgesamt Immobilienertragsteuern in Höhe von 4,2 % des Verkaufserlöses an. Im obigen Beispiel würden dann die Abgaben nur 4.200 Euro betragen.
In beiden Fällen ist bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage im Falle von Zubauten der Veräußerungserlös verändert zu berechnen. Werbungskosten hingegen können bei Altbeständen nicht angesetzt werden.
Immobilienertragsteuer: Errichtung eines Gebäudes auf Altbestandsgrund
Errichteten Sie bzw. ließen Sie auf einem Grundstück, welches am 31. März 2012 nicht steuerverfangen war, nach dem 31. März 2012 ein Gebäude, welches Sie dann vermietet haben, dann stellen Grund und Boden bei Veräußerung Altbestand, aber der Gebäudewert-Anteil Neubestand dar. Entsprechend wird das Gebäude dann auch als Neubestand versteuert.
Immobilienertragsteuer: Verkauf nach Erbschaft
Grundsätzlich unterliegt seit April 2012 der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten einer 30 %-igen Immobilienertragsteuer. Doch bei Erbschaften gibt es keinen Kaufpreis für die Erben. Deshalb arbeitet hier das Finanzamt mit fiktiven Annahmen in Form von pauschalen Sätzen. Was bedeutet dies konkret?
Hat der Erblasser (z. B. Elternteil) die Liegenschaft vor dem 31. März 2002 gekauft, dann handelt es sich dabei um ein Altgrundstück. Konsequenz: Das Finanzamt nimmt die Anschaffungskosten von 86 % des Verkaufspreises an und unterwirft 14 % einer Steuer von 30 %. Die Immobilienertragsteuer beträgt beim Verkauf nur 4,2 % des Kaufpreises.
Hingegen wenn der Erblasser den Immobilienkauf nach dem 31. März 2002 tätigte, dann zahlen Sie als Erbe beim Verkauf 30 % vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn (analog Neubestand).
Wann wird die ImmoESt fällig und wie ist sie zu zahlen?
Die Immobilienertragsteuer müssen Sie spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses zweitfolgenden Monats an das Finanzamt überweisen.
Beispiel:
Der Verkaufserlös ging am 12. August auf Ihr Konto ein. Dann müssen Sie Ihre ImmoESt bis spätestens dem 15. Oktober ans Finanzamt überweisen.
Immobilienertragsteuer in Österreich – zahlbar bei privatem Grundstücksverkauf
Der Zeitpunkt der Investition in Immobilien ist für die Höhe der Immobilienertragsteuer in Österreich von entscheidender Bedeutung. Wenn Sie aktuell investieren wollen oder nach dem 31. März 2002 damit begonnen haben, dann müssen Sie heute auf den Veräußerungsgewinn, vereinfacht die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungswert inkl. Nebenkosten, 30 % Immobilienertragsteuer in Österreich bezahlen. Und es "wird noch teurer": Haben Sie Abschreibungen geltend gemacht, dann müssen Sie diese auf den Verkaufserlös zuschlagen, was die steuerliche Bemessungsgrundlage erhöht.
Vorteilhafter ist es, wenn es sich um Grundstücke des Altvermögens handelt, die per 31. März 2012 noch nicht steuerpflichtig waren. Dafür zahlen Sie beim Verkauf pauschal nur 4,2 % des Erlöses. Allerdings sollten Sie unbedingt zudem relevante Ausnahmen kennen, wie beispielsweise die Regelungen zum Hauptwohnsitz (unter bestimmten Bedingungen) oder für selbsterstellte Gebäude.
Über den Autor: Mag. Harald Draxl Position: Geschäftsführer
Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.
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