Jeder Bauherr kennt es: Endlich ist der Hausbau abgeschlossen und die Schlussrechnung ist zu bezahlen. Allerdings steht einem noch eine Gewährleistung von drei Jahren zu, sollten in dieser Zeit Baumängel auftauchen. Um sich abzusichern, dass der Auftragnehmer (meist die Baufirma) sich an seine Garantiepflicht hält, wird in fast jedem Bau-Werkvertrag in Österreich der Haftrücklass aufgenommen. Wie und in welchen Fällen dieser funktioniert, welchen Zweck er erfüllt und Weiteres zu diesem Thema, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist der Haftrücklass?
Der Haftrücklass, oft auch als Haftungsrücklass bezeichnet, ist der Einbehalt eines prozentuellen Teils des (Bau-) Werklohns. Er wird vertraglich geregelt und wird erst nach Ende der vereinbarten Gewährleistungsfrist vom Bauherrn (Auftraggeber) an den Bauträger (Auftragnehmer) ausbezahlt.
Welchen Zweck hat der Haftungsrücklass?
Dieser Einbehalt ist für den Auftraggeber eine Sicherstellung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen, sollten Mängel bei Übergabe schon vorhanden aber noch nicht erkennbar sein. Dies heißt konkret: Wenn der Auftragnehmer innerhalb der vertraglichen Garantiefrist bestehende Baumängel nicht beseitigt, hat der Auftraggeber das Recht, den Haftungsrücklass einzubehalten. Er hat die Möglichkeit damit die Mängel oder Schäden in Eigenregie zu reparieren.
Der Haftungsrücklass hat also vor allem den Zweck, das wirtschaftliche Risiko des Auftraggebers abzuschwächen, wenn Mängel oder Schäden am Bau, für die der Auftragnehmer einzustehen hat, nicht behoben werden.
In welchen Fällen kommt der Haftrücklass zur Anwendung?
Ein Haftungsrücklass kann grundsätzlich nur dann angewandt werden, wenn er auch ausdrücklich im (Bau-)Werkvertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart ist. Dies ist auch der Fall, wenn dem Vertrag eine entsprechende ÖNORM (veröffentlichte nationale österreichische Norm) zugrunde liegt, die bereits den Haftungsrücklass teilweise regelt. So regelt ÖNORM B2110 die Ansprüche des Auftraggebers nur für Gewährleistungsansprüche und umfasst keine darüber hinausgehenden Schadensersatzansprüche. Aus diesem Grund ist eine genaue vertragliche Vereinbarung erforderlich.
Verpflichtend ist ein Haftungsrücklass nur dann, wenn es sich um einen der folgenden Punkte handelt:
- Erwerb einer zu errichtenden Eigentumswohnung.
- Erwerb eines Baurechts in Österreich, Mietrechts oder sonstigen Nutzungsrechts von zu errichtenden oder zu erneuernden Bauwerken.
- Erwerb eines zu errichtenden Hauses samt Grundstück (auch wenn das Grundstück getrennt wird vom Hauskauf , es aber mit der Errichtung des Hauses eine wirtschaftliche Einheit bildet).
Haftrücklass: Höhe und Dauer?
Höhe
Gilt der Haftungsrücklass als vertraglich festgehalten, darf er in Höhe von mindestens 2 % des Werklohns einbehalten werden. Wenn kein konkreter Prozentsatz bestimmt wird, beschränkt die zugrundeliegende ÖNORM B2110 den Haftungsrücklass auf höchstens 2 %. Grundsätzlich ist die Höhe aber frei verhandelbar und sollte konkret im Vertrag aufgeführt werden. Üblicherweise werden in Werkverträgen 3 bis 5 % oder sogar mehr vereinbart.
Dauer
Auch wie lange der Haftrücklass vom Auftraggeber einbehalten werden darf, richtet sich nach der dafür getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Normalerweise ist er nach Ablauf der Gewährleistungsdauer an den Auftragnehmer auszuzahlen, sofern er nicht vorher berechtigt in Anspruch genommen wurde. Bei neu zu errichtenden Bauwerken beträgt diese Garantiefrist drei Jahre ab Übernahme.
Formen des Haftrücklasses: Bargeld oder Bankgarantie?
Neben der Bargeldauszahlung gibt es noch eine weitere Art die Ablöse des Haftrücklasses zu regeln: Versicherungen und Bankgarantien. Diese wird für eine befristete Zeit von Kredit- oder Versicherungsinstituten ausgestellt. Diese verpflichten sich gegenüber dem Bauherrn den vereinbarten Haftungsrücklass über jederzeitige Aufforderung innerhalb kurzer Zeit auszubezahlen. In der Praxis wird die Bankgarantie regelmäßig als Sicherungsmittel für den Haftrücklass vereinbart.
Hinweis
Ob die Voraussetzungen für eine Versicherung oder Bankgarantie vorliegen, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Je nach Vereinbarung zwischen Auftraggeber und -nehmer kann die Garantie enger oder weiter ausgelegt werden. Jedenfalls sollten sich beide Parteien genau darüber schriftlich vereinbaren, um spätere Differenzen in der Auslegung zu vermeiden.
Deckungsrücklass und Haftrücklass: Was sind die Unterschiede?
Auch der Deckungsrücklass wird gerne in Bauwerkverträgen vereinbart. Beim Deckungsrücklass wird allerdings ein bestimmter Prozentsatz der Abschlagsrechnungen abgezogen. Der Haftungsrücklass hingegen wird von der Schlussrechnung einbehalten. Der Deckungsrücklass dient der Sicherheit vor Ungenauigkeiten bei der Abrechnung des Auftragnehmers und soll zusätzlich zur Vertragserfüllung beitragen. Die ÖNORM empfiehlt einen Deckungsrücklass von 5 bis 7 % und maximal 10 % der Abschlagsrechnungen. Mit der Schlussrechnung wird die Zahlung des Deckungsrücklasses fällig oder kann auf den Haftungsrücklass angerechnet werden.
Haftrücklass
- Dient zur Absicherung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen des Bauherrn.
- Entspricht üblicherweise 2 bis 5 % des Werklohns (Gesamtsumme).
- Wird von der Schlussrechnung einbehalten.
- Der Haftrücklass ist nach Ablauf der Gewährleistungsfrist (drei Jahre bei Neubau) noch dem Auftraggeber zu bezahlen.
Deckungsrücklass
- Dient zur Absicherung vor Abrechnungsungenauigkeiten seitens Baufirmen.
- Entspricht üblicherweise 5 bis 7 % der Abschlagsrechnungen (Teilzahlungen).
- Wird von den einzelnen Abschlagsrechnungen abgezogen.
- Der Deckungsrücklass ist dem Auftraggeber mit der Schlussrechnung dann noch zu bezahlen.
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