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Bearbeitungsgebühr beim Kredit in Österreich: Aktuelle Rechtslage im Überblick

zwei männer beim gespräch
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Autor: Mag. Harald Draxl
Kategorie: Finanzierung
Datum: 25.08.2025

Obwohl in vielen anderen Ländern Kreditbearbeitungsgebühren unüblich sind, war es in Österreich bis 2025 gängige Praxis, dass Banken Konsumenten einen Prozentsatz der Kreditsumme oder einen Fixbetrag als Bearbeitungsgebühr verrechneten. Jüngste Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH) haben diese Praxis jedoch neu bewertet und eine grundlegende Änderung herbeigeführt.

Das Wichtigste im Überblick

Was hat der OGH entschieden und was ist neu?

Mit seinem Urteil 7 Ob 169/24i hat der OGH in Österreich am 19. Februar 2025 eine juristische Zäsur gesetzt. Er hat eine Klausel über eine prozentuale Kreditbearbeitungsgebühr (1,5 % der Kreditsumme) als "gröblich benachteiligend" beurteilt und für unzulässig erklärt.

  • Keine Hauptleistung: Der OGH stuft die Bearbeitungsgebühr nicht mehr als Teil der Hauptleistung, sondern als kontrollfähige Nebenleistung ein.
  • "Gestehungskosten-Test": Der OGH begründet die Unzulässigkeit damit, dass eine prozentuale Gebühr allein an der Höhe der Kreditsumme bemessen wird und bei kundenfeindlichster Auslegung eine grobe Überschreitung der tatsächlichen Bearbeitungskosten der Bank ergibt. So ist es laut OGH nicht nachvollziehbar, warum der Aufwand für die Bank bei einem doppelten Kreditbetrag ebenfalls doppelt so hoch sein sollte.

    Das Urteil betrifft die konkrete Klausel der beklagten Bank. Es lässt jedoch offen, ob eine formularmäßige Bearbeitungsgebühr generell unzulässig ist.


Konsequenzen für neue und bestehende Kreditverträge

  • Neuverträge: Banken dürfen keine pauschalen Kreditbearbeitungsentgelte mehr verlangen, die ihre tatsächlichen Kosten grob überschreiten. Viele Banken dürften daher die Kosten für Bearbeitung und Prüfung künftig in den Zinssatz einrechnen, um das rechtliche Risiko zu minimieren.
     
  • Altverträge: Ob bereits gezahlte Gebühren zurückgefordert werden können, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Während die AK (Arbeiterkammer) dies in einer Einzelfall-Einigung mit der BAWAG (BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft) regelt, ist eine Verallgemeinerung auf andere Banken nicht möglich. Eine Einreichung der Rückforderung kann über ein Online-Formular auf der BAWAG-Website bis zum 31.03.2026 erfolgen.

Die Verjährungsfrist für die Rückforderung unzulässiger Gebühren beträgt in Österreich aktuell bis zu 30 Jahre.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Ratgeber OGH-Urteil Kreditbearbeitungsentgelt.


Das Wichtigste für Sie als Kreditnehmer

  • Bei neuen Krediten: Achten Sie in Kreditangeboten genau darauf, ob und wie Bearbeitungsentgelte verrechnet werden. Vergleichen Sie immer den effektiven Jahreszinssatz, der alle Kosten transparent ausweist.
  • Bei bestehenden Kreditverträgen: Wenn Sie Bearbeitungsgebühren gezahlt haben, können Sie eine Prüfung in Betracht ziehen. Das OGH-Urteil löst jedoch keinen Automatismus auf Rückzahlung aus, da der Einzelfall zu beurteilen ist.
  • Achtung bei vermittelten Krediten: Die von der AK verhandelte Aktion mit der BAWAG schließt vermittelte Kreditverhältnisse, bei denen die Bearbeitungsgebühr vollständig als Provision an den Kreditvermittler weitergegeben wurde, ausdrücklich aus.

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Höhe der Bearbeitungsgebühr beim Kredit

Die Höhe der Bearbeitungsgebühr bei einem Kredit lag bis 2025 typischerweise bei 1 bis 3 Prozent von der Kreditsumme. Dies galt für Immobilienkredite, während bei Konsumkrediten auch eine höhere Bearbeitungsgebühr vereinbart sein kann.


Wie war die Bearbeitungsgebühr zu zahlen?

Die Bearbeitungsgebühr war als Einmalzahlung fällig, sobald der Kreditbetrag ausbezahlt wurde. Die Summe verringerte somit den tatsächlich ausgezahlten Kreditbetrag. Alternativ konnte die Bearbeitungsgebühr auch über die gesamte Laufzeit mitfinanziert und somit nach und nach bezahlt werden. In diesem Fall wurden die Bearbeitungsgebühren auf den Kreditbetrag aufgeschlagen und erhöhen damit den Kreditbetrag.


Kredit-Bearbeitungsgebühr berechnen

Die Bearbeitungsgebühr für einen Kredit in Österreich war entweder ein Prozentsatz von gesamten Kreditbetrag oder es handelte sich um einen Fixbetrag. Jedenfalls musste sie im Kreditvertrag vereinbart und vor Kreditvertragsabschluss offen kommuniziert werden. Wenn es sich um eine prozentuelle Bearbeitungsgebühr handelte, ist die Kalkulation ganz einfach:

Kreditbetrag x Höhe der Bearbeitungsgebühr in % = Bearbeitungsgebühr in Euro.

Beispiel Berechnung Kredit-Bearbeitungsgebühr:

100.000 Euro Kredit werden aufgenommen, die Bearbeitungsgebühr beträgt 2 Prozent. Damit müssen 2.000 Euro an Kredit-Bearbeitungsgebühr bezahlt werden.

Wichtig ist, dass Sie bei Ihrer Kredit-Kalkulation ein ganzheitliches Bild aller Kosten bekommen. Dafür muss immer der effektive Jahreszinssatz von Kreditangeboten miteinander verglichen werden. Für eine unkomplizierte, schnelle Kalkulation können Sie unseren Kreditrechner nutzen:

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Was das Urteil für die Zukunft bedeutet

Das OGH-Urteil bringt mehr Klarheit und stärkt den Verbraucherschutz. Es zeigt, dass pauschale Kreditbearbeitungsgebühren, die sich rein prozentual zur Kreditsumme bemessen und keine nachvollziehbare Gegenleistung erkennen lassen, unzulässig sein können. Auch wenn noch nicht alle Rechtsfragen abschließend geklärt sind, markiert das Urteil eine wichtige Trendwende im Umgang mit Zusatzkosten bei Kreditverträgen.

Wir bei Infina als Wohnbau-Finanz-Experte beobachten diese Entwicklungen weiterhin genau und unterstützen Sie dabei, eine transparente und fundierte Finanzierungsentscheidung zu treffen.

Bildquellen: fizkes/ Shutterstock.com, Pixel-Shot/ Shutterstock.com, fizkes/ Shutterstock.com
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.


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Über den Autor: Mag. Harald Draxl
Position: Geschäftsführer

Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.

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