Sie benötigen rasch liquide Mittel und zahlen bereits mehrere Jahre laufend in einen Bausparvertrag ein, der jedoch erst später fällig wird. Sie wollen so schnell wie möglich an die bereits bisher angesparte Summe. Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, worauf es ankommt, wenn Sie Ihren Bausparvertrag kündigen und vorzeitig auflösen. Auch zeigen wir alternative Lösungen dazu auf.
Kann man einen Bausparvertrag kündigen?
Die Kündigung eines Bausparvertrags ist grundsätzlich jederzeit möglich. Doch wann sollten Sie kündigen? Planmäßig ist dies nach Ablauf der steuerlichen Mindestbindungsfrist von 6 Jahren vorgesehen. Kündigen Sie vor Ablauf dieser Bindungsfrist, ist dies mit finanziellen Nachteilen verbunden.
Bausparvertrag kündigen nach Ablauf der Bindungsfrist
Auch nach Ablauf der Bindungsfrist müssen Sie aktiv werden und den Bausparvertrag kündigen, damit Sie über die angesparte Geldsumme verfügen können. Die Kündigung ist allerdings unkompliziert und oft Online möglich.
Hintergrund: Da Bausparkonten nach Ablauf der Mindestsparzeit von 6 Jahren fortbestehen können, wird seitens der Bausparkasse zum Ablauf weder eine automatische Kündigung noch eine Stornierung des Einziehungsauftrags vorgenommen. In der Regel müssen Sie nach Ablauf der Bindungsfrist einen von Ihnen unterzeichneten Kündigungsauftrag samt einer Kopie eines gültigen Lichtbildausweises einreichen.
Alternativ können Sie mit den im Bausparvertrag angesparten Eigenmitteln auch ein Bauspardarlehen zur Schaffung von Wohneigentum beantragen. Mehr zu diesem Thema finden Sie in unserem Ratgeber „Bauspardarlehen“.
Bausparvertrag vorzeitig auflösen
Wenn Sie den Bausparvertrag vor Vertragsende auflösen, dann müssen Sie mit finanziellen Nachteilen rechnen. Denn der Preis für die schnelle Liquidität sind über die Jahre bereits angesammelten Erträge, nämlich Zinsen und staatliche Bausparprämien. Deshalb sollten Sie zuvor noch andere Möglichkeiten, wie beispielsweise den Verkauf von Wertpapieren oder anderer Vermögenswerte, in Betracht ziehen.
Wann bekomme ich nach der Kündigung des Bausparers mein Geld?
In der Regel dauert dies – je nach Bausparkasse – zwischen 24 Stunden und zwei Wochen. Beispielsweise kann laut Raiffeisen-Bausparkasse „das Guthaben zu jedem Bankwerktag überwiesen werden“, unabhängig davon ob es sich um eine vorzeitige oder eine reguläre Kündigung handelt. Aber grundsätzlich sollten Sie ab dem Einlangen der vollständigen Kündigungsunterlagen bei der Bausparkasse mit einer Dauer von etwa 14 Tagen rechnen, bis das Geld auf Ihrem Konto einlangt.
Bausparvertrag vorzeitig kündigen: Kosten
Die Höhe der Kosten einer vorzeitigen Kündigung hängt von Bausparkasse, dem Zeitpunkt der Kündigung und dem gewählten Tarif ab. Bei vorzeitiger Kündigung ist aber mit dem Verlust von Zinserträgen und erhaltenen Bausparprämienvorteilen zu rechnen.
Welche Kosten fallen an?
Hier sehen Sie, was es für Sie bedeutet, wenn Sie Ihren Bausparvertrag vorzeitig kündigen:
Verlust der staatlichen Bausparprämie: Erfolgt keine widmungsgemäße Verwendung des vorzeitig ausgezahlten Betrags, wie z.B. für Wohnraumbeschaffung, Wohnraumsanierung, berufliche Weiterbildung oder Pflege, dann wird die zugewiesene staatliche Bausparprämie durch die Bausparkasse an das Finanzamt rückverrechnet.
Für das Kalenderjahr 2024 beträgt die jährliche Bausparprämie gemäß § 108 Abs. 1 EStG 1988 beispielsweise 1,5 % der prämienbegünstigen Bausparkassenbeiträge. Im besten Fall kann dieser Wert 4,0 % betragen. Prämienbegünstigt sind Bausparkassenbeiträge bis zu einer Einzahlung von 1.200 Euro pro Jahr. Daher beträgt die Bausparprämie im Jahr 2024 maximal 18 Euro – ein Wert, der über die letzten Jahre konstant geblieben ist.
Vertragsstrafen: Diese sind von Bausparkasse, Laufzeitjahr der Kündigung und auch vom gewählten Tarif abhängig:
Die Raiffeisen Bausparkasse formuliert in ihren allgemeinen Bedingungen für das Bauspargeschäft (Fassung 16. Oktober 2023) wie folgt:
Wird der Bausparvertrag gekündigt und das Sparguthaben vor Ablauf der Mindestlaufzeit von 6 Jahren ausgezahlt, hat der Bausparer der Bausparkasse eine Entschädigung für den ihr aus der vorzeitigen Auszahlung voraussichtlich entstehenden Vermögensnachteil zu leisten, und zwar in folgender Höhe bzw. zu folgendem Prozentsatz in Prozent der vereinbarten Sparleistung: bei Auszahlung des Sparguthabens im 1. Jahr nach Vertragsbeginn 3 %; im 2. Jahr 2,5 %; im 3. Jahr 2 %; im 4. Jahr 1,5 %; im 5. Jahr 1 % und im 6. Jahr 0,5 %.
Die start:bausparkasse hat nachfolgende Regelung:
Im Falle einer vorzeitigen Auflösung hängt die Höhe der Vertragsstrafe vom Tarif und vom Jahr der Laufzeit ab, in dem die Kündigung wirksam wird: a) Tarife J und L im 1. Jahr der Laufzeit: 0,80 % der Vertragssumme; 2. Jahr: 0,80 %; 3. Jahr: 0,64 %; 4. Jahr: 0,48 %; 5. Jahr: 0,32 % und 6. Jahr: 0,16 % der Vertragssumme (vereinbarte Sparleistung plus mögliches zuteilbares Bauspardarlehen).
Anhand der beiden Beispiele wird ersichtlich, dass die getroffenen Regelungen nicht exakt miteinander vergleichbar sind. Während eine Bausparkasse als Basis für die Vertragsstrafe die vereinbarte Sparleistung nutzt, verwendet das andere Kreditinstitut die Vertragssumme. Um sich über die konkreten Auswirkungen einer vorzeitigen Kündigung vollkommen klar zu sein, sollten Sie daher von der Bausparkasse immer eine konkrete Kostenaufstellung anfordern.
Eine Vertragsstrafe wird übrigens auch dann meist fällig, wenn der Bausparvertrag zwar bis zum Ende der steuerlichen Bindefrist von 6 Jahren ungekündigt aufrecht ist, aber die ursprünglich vertraglich vereinbarte Sparleistung oder Vertragssumme bei einer späteren Kündigung nicht vollständig erreicht wird.
Wie kann ich den Verlust möglichst gering halten?
Haben Sie nur einen Bausparvertrag, dann gibt es bei vorzeitiger Kündigung keine Ventillösung, wie z.B. bei manchen Lebensversicherungen, einer Teilauszahlung. Entweder Sie kündigen den Bausparvertrag und haben Kosten, oder Sie wählen eine alternative Lösung. Sollten Sie hingegen über mehrere Bausparverträge verfügen, so können Sie jenen auflösen bei dessen Kündigung die geringsten absoluten Kosten anfallen. Einen Bausparvertrag ohne Verlust aufzulösen ist nur im Falle der regulären Kündigung bei Fälligkeit möglich.
Alternativen zur vorzeitigen Kündigung des Bausparers
Folgende Alternativen zur Kündigung des Bausparvertrags sind denkbar:
- Beleihung des Bausparvertrags für einen Konsumkredit mit kurzer Laufzeit. Ob und wie die Abtretung oder Verpfändung des Vertragsguthabens möglich ist, ist den „Allgemeinen Bedingungen für das Bauspargeschäft“ der jeweiligen Bausparkasse zu entnehmen.
- Verkauf von Wertpapieren und nicht lebensnotwendigen Vermögen wie Goldmünzen oder Barren, Autos, Antiquitäten oder anderer liquidierbarer Vermögenswerte.
- Aufnahme eines Dispokredit (Überziehung des Girokontos innerhalb des Kreditrahmens) und Rückzahlung der Restschuld aus dem Erlös des fälligen Bausparvertrags.
- Sofern es möglich ist, kann auch die Sparrate über einige Monate ausgesetzt werden.
Den Bausparvertrag zu kündigen sollte gut überlegt sein
Einen Bausparvertrag vorzeitig zu kündigen, sollten Sie sich gut überlegen. Alleine die Kosten seitens der Bausparkasse können mehr als 2 % der vereinbarten Sparsumme ausmachen. Hinzukommt noch eine Rückerstattung der Bausparprämie. Sofern Sie kostengünstigere Alternativen für eine Liquiditätsbeschaffung sehen, sollten Sie von einer vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrags Abstand nehmen.
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