Ob Neuvermietung, Vertragsverlängerung oder Mietzinsanpassung: Der Richtwertmietzins ist für viele Altbauwohnungen in Österreich rechtlich bindend. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, kann bares Geld sparen oder rechtliche Fallstricke vermeiden. Dieser Ratgeber erklärt verständlich, für wen der Richtwert gilt, wie er berechnet wird und worauf zu achten ist.
MRG Richtwertmietzins: Wann gilt er und für welche Wohnungen?
Der Richtwertmietzins ist eine gesetzlich geregelte Mietzinsform, die für Wohnungen zur Anwendung kommt, die dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) unterliegen. Das betrifft: Altbauwohnungen in Gebäuden mit mehr als zwei Einheiten, die vor dem 1.7.1953 zum Bau genehmigt wurden und Eigentumswohnungen in Gebäuden, die vor dem 9.5.1945 zum Bau genehmigt wurden. Ebenfalls in diese Gruppe fallen geförderte Neubauten mit mehr als zwei Einheiten.
Richtwertmietzins berechnen: So funktioniert die Formel
Die zulässige Miete bei Richtwertwohnungen wird auf Grundlage einer gesetzlich definierten Rechenformel ermittelt. Diese lautet:
Richtwert + Zuschläge – Abschläge = zulässiger Hauptmietzins.
Als Referenz dient dabei die sogenannte mietrechtliche Normwohnung der Kategorie A. Sie beschreibt eine Wohnung mit durchschnittlicher Ausstattung, mindestens 30 m² Nutzfläche, eigenem Bad, WC, Vorraum, Küche oder Kochnische und einer stationären Heizung (z. B. Zentral- oder Etagenheizung).
Der Richtwert selbst ist ein gesetzlich festgelegter Basiswert, der alle zwei Jahre vom Justizministerium veröffentlicht und nach Bundesland unterschiedlich angesetzt wird. Für Wien beträgt der Richtwert seit 1. April 2023 genau 6,67 Euro/m².
Dazu kommen Zuschläge, etwa für besondere Merkmale wie ein Balkon, ein Aufzug, eine besonders gute Lageoder zusätzliche Ausstattung (z. B. Kellerabteil, Garage, Garten). Demgegenüber stehen Abschläge, etwa wenn wichtige Elemente wie ein Bad oder WC fehlen, die Wohnung unterdurchschnittlich ausgestattet ist oder der Erhaltungszustand des Gebäudes mangelhaft ist.
Ein zusätzlicher Faktor betrifft befristete Mietverträge: Hier ist ein gesetzlich vorgeschriebener Befristungsabschlag von 25 % auf die errechnete Miete zu berücksichtigen. Für Wohnungen der Kategorie B ist darüber hinaus ein pauschaler Abschlag von 25 %, für Kategorie C sogar von 50 % auf den Hauptmietzins vorgesehen.
Weitere wertrelevante Merkmale, die sich in Zuschlägen oder Abschlägen niederschlagen können, sind z. B. das Stockwerk (mit oder ohne Lift), die Gesamt- und Innenausstattung der Wohnung sowie der bauliche und technische Erhaltungszustand des gesamten Hauses.
Diese Faktoren werden nach allgemeinen Verkehrsanschauungen und mit Unterstützung von Mietwerttabellen, Gutachten oder behördlichen Lagezuschlagskarten (z. B. MA 25 in Wien) berücksichtigt. Entscheidend ist stets der Zustand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses – spätere Verbesserungen durch den Mieter selbst bleiben bei der Mietzinsberechnung unberücksichtigt.
Höhe der Zu- und Abschläge Beispiel Wien (AK Wien):
- Kategorie B: 25 % Abschlag
- Abschlag wegen überdurchschnittlicher Lärmbeeinträchtigung: - 2,5 %
- Abschlag bei fehlendem Kellerabteil: -2,5 %
- Zuschlag für Gegensprechanlage: +1 %
- Zuschlag für 3. Obergeschoß: + 3 %
- Zuschlag für Lift (3. Stock): +9,09 %
Anhebung Richtwertmietzins: Aktuelle Werte
Die Richtwertmietzinsen werden alle zwei Jahre an den Verbraucherpreisindex angepasst. Doch nun kommen Änderungen: Die nächste Anpassung des Richtwertmietzinses würde unter den alten Bedingungen am 1. April 2025 erfolgen, doch das 4. Mietrechliche Inflationslinderungsgesetz (4. MILG) sieht vor, dass diese Anpassung entfällt.
Beispiele aktueller Richtwerte (ab 1. April 2023):
- Wien: 6,67 €/m²
- NÖ: 6,85 €/m²
- OÖ: 7,23 €/m²
- Salzburg: 9,22 €/m²
- Steiermark: 9,21 €/m²
- Tirol: 8,14 €/m²
- Vorarlberg: 10,25 €/m².
Richtwertmietzins und Lagezuschlag: Was gilt wann?
Der Richtwert ist bereits klar definiert worden. Darauf ein Lagezuschlag ist nur zulässig, wenn die Lage überdurchschnittlich ist und spätestens beim Vertragsabschluss schriftlich mitgeteilt wurde. In Gründerzeitvierteln (Altbauten zwischen 1870–1917) ist der Lagezuschlag grundsätzlich ausgeschlossen.
Anpassung Richtwertmietzins: Was bei Indexanpassung zu beachten ist
Dazu gelten folgende Fakten:
- Die Indexanpassung ist nur zulässig, wenn sie im Vertrag ausdrücklich vereinbart wurde und schriftlich rechtzeitig angekündigt wird.
- Die Mitteilung muss mindestens 14 Tage vor dem nächsten Zinstermin erfolgen.
- Rückwirkende Anpassungen sind nicht erlaubt.
Was in Zukunft wichtig wird
Der Richtwertmietzins ist ein zentrales Instrument des österreichischen Mietrechts und soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mieterschutz und wirtschaftlicher Vermietbarkeit schaffen. In der Praxis führt die Anwendung allerdings immer wieder zu Diskussionen, insbesondere bei der Berechnung von Zuschlägen, der Bewertung von Wohnumgebungen und der Transparenz für Mieterinnen und Mieter. Auch Vermieter sehen sich mit einer Vielzahl von Formalitäten und Interpretationsspielräumen konfrontiert, die zu Rechtsunsicherheit führen können.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die aktuelle politische und rechtliche Debatte über eine Reform des Richtwertsystems zunehmend an Bedeutung. Ziel ist es, klarere Kriterien für Zuschläge, eine transparente Definition von Lagequalitäten sowie eine Begrenzung spekulativer Aufschläge einzuführen.
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