Rating von Unternehmen: So funktioniert die Firmenbewertung

Autor: Redaktion
Kategorie: Corporate Finance
Datum: 28.07.2021

Die Einstufung der wirtschaftlichen Lage und Bonität des Schuldners hat sowohl bei Firmen als auch Privatpersonen erheblichen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit und die Kreditkonditionen. Der gesamte Vorgang der Einschätzung und Einstufung der Bonität wird als Ratingprozess bezeichnet. Ratings können sich auf harte Fakten wie Eigenkapitalausstattung, Verschuldungsgrad und Ertragsdynamik Ihres Unternehmens stützen. Zudem spielen auch Soft Facts wie Strategie, Management, Marktausblick, Qualität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen und bisherige Verhaltensmuster (Verhaltensrating) eine wichtige Rolle.


Unternehmensrating: das Wichtigste im Überblick

  • Rating = Beurteilung und Einstufung der Bonität eines Schuldners in einer Skala. Davon hängen unter anderem die Kreditwürdigkeit und die Kreditkonditionen ab. Im Regelfall gilt: Je besser die Bonität, desto besser die Kreditkonditionen.
  • Beim Firmenkunden-Rating werden harte Finanzfakten wie diverse Bilanz-, Ertrags-, und Rentabilitätskennzahlen mit qualitativen Softfacts kombiniert.
  • Sie können das eigene Rating Ihres Unternehmen bei der Bank positiv beeinflussen. Eine ausgiebige Befassung mit der Ratingsystematik Ihrer Bank lohnt sich. So können Sie leicht feststellen, welche Kriterien und Kennzahlen für das Rating maßgeblich sind. 
  • Die Bonität des Schuldners wird von Banken und Rating-Agenturen skaliert dargestellt und spiegelt im Wesentlichen die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers wider. 
  • Als Unternehmenskunde können Sie Ihre eigene Ratingeinstufung bei der Bank erfragen. Dieses (interne) Rating ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und wird gegenüber Dritten streng vertraulich behandelt. Im Gegensatz dazu sind externe Ratings der Rating-Agenturen öffentlich zugänglich. 

Was ist unter einem Rating zu verstehen?

Der Begriff wird vom Englischen „to rate“ abgeleitet, was so viel bedeutet wie „einschätzen“ oder „beurteilen“. Das Rating Ihres Unternehmens bezieht sich auf die Einschätzung von dessen Kreditwürdigkeit und wird daher auch als Kreditrating bezeichnet. Darunter versteht man die standardisierte und skalierte Bewertung der Bonität und damit der Ausfallswahrscheinlichkeit von Unternehmenskrediten.

Dabei ist zwischen einem bankinternen Rating und einem externen Rating durch Rating-Agenturen zu unterscheiden. Beim bankeninternen Rating stuft die Bank auf Basis vorhandener Kundendaten und Unterlagen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage die Kreditwürdigkeit selbst ein. 

Für externe Ratings werden in der Regel renommierte Rating-Agenturen vom Emittenten mit der Rating-Einstufung beauftragt. Die internationalen Marktführer sind dabei Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch Ratings. Häufig geht es beim externen Rating um börsennotierte Emittenten und die Emission von Anleihen oder Hybridkapital. Für kleinere Unternehmen bieten sich in Europa Rating-Agenturen wie z. B. Coface, Scope oder Dun & Bradstreet an.

Weitergehende Informationen zum Thema Kreditwürdigkeit von Unternehmen finden Sie in unserem separaten Beitrag hierzu.


Welche Folgen hat das Rating für ein Unternehmen?

Grundsätzlich werden durch das Rating des Unternehmens die Kreditkonditionen eines Kredits für Unternehmen (Zinssatz, geforderte Sicherheiten, Laufzeiten, u. s. w.) stark beeinflusst. Dies vor dem Hintergrund, dass die Bank bei schlechteren Ratingeinstufungen auch höhere Eigenkapital- und Risikokosten, in Teilen auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben, einkalkulieren muss. Sie sollten aber auch bedenken, dass das Rating unter Umständen auch ein Kriterium dafür ist, ob die Bank Ihnen überhaupt einen Unternehmenskredit gewähren möchte. Dies ist maßgeblich von der Kreditvergabepolitik des jeweiligen Instituts abhängig. So können Neufinanzierungen von Firmenkrediten in Österreich in gewissen Branchen von der Ratingeinstufung des Unternehmens abhängig gemacht werden. Ob also beispielsweise eine Hotelfinanzierung durch die Bank noch gemacht wird.

Ein gutes Rating des Unternehmens führt in aller Regel auch zu Erleichterungen in der laufenden Kreditgestion – sei es bei der Prolongation von Betriebsmittelrahmen, kurzfristigen Überziehungen oder schnellen Kreditentscheidungen.


Darum sollten Sie das Rating des eigenen Unternehmens kennen

  • Das Rating des Unternehmens beeinflusst die Kreditfähigkeit und die Kreditkonditionen des Firmenkredits sowie die laufende Zusammenarbeit mit der Bank.
  • Kredit- und Überziehungskompetenzen einzelner Bankmitarbeiter sind an das Rating gekoppelt.
  • Bessere Ratings können auf die Schnelligkeit und Flexibilität von Entscheidung großen Einfluss haben.

Daher ist es immer gut zu wissen, in welcher Ratingeinstufung sich das eigene Unternehmen befindet und wie Sie diese Einstufung durch gezielte Maßnahmen nachhaltig sicherstellen oder verbessern können.


Wer erstellt Ratings von Unternehmen?

Ratings werden von sowohl von Banken als auch Rating-Agenturen erstellt. 

Ratings der Banken

Grundlegende Basis der Kundeneinschätzung für einen gewerblichen Kredit einer Bank ist das interne Rating. Jede Bank hat im Wesentlichen ihr eigenes internes Rating-Kredit-System, wobei größere Bankengruppen einheitliche Systeme für das Rating von Unternehmen bzw. Bilanzrating haben. 

Das Rating von Unternehmen beinhaltet harte Faktoren („hard fact Rating“) zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (wie z. B. Eigenkapital, Verschuldungsgrad, Ertragskennzahlen, Cashflow und Liquiditätskennzahlen) sowie weiche Faktoren ("soft fact Rating“). Letzte dienen zur Beurteilung des Managements, des Marktes, des Wettbewerbs, der Nachfolgesituation, der Wachstumsaussichten und des Unternehmensumfeldes.

Ergänzend kommen noch das Verhaltens-Rating (Rückzahlungsverhalten, Ratenverzug, Überziehungen am Konto.) und sogenannte „Warnindikatoren“ (wie beispielsweise  plötzlicher Umsatzeinbruch, existentielle Rechtsstreitigkeiten, u. s. w.) hinzu.

Die jeweiligen Finanzkennzahlen im hard fact Rating werden gewichtet und daraus eine hard fact Ratingnote erstellt (oft auch als „Bilanzrating“ bezeichnet). Diese stellt den wichtigsten Teil im Bereich des Ratings des Unternehmens dar. Anschließend werden noch die soft facts, das Verhaltensrating und mögliche Warnindikatoren berücksichtigt, womit sich die Ratingnote in der Regel um maximal zwei Stufen verbessern kann, aber andernfalls stark um mehrere Stufen verschlechtern kann.

Ratings der Rating-Agenturen

Rating-Agenturen geben eine unabhängige, in die Zukunft gerichtete Kreditmeinung ab. Diese stellt eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung aller finanziellen Verpflichtungen des Emittenten im Allgemeinen oder einer bestimmter Emission des Emittenten dar. Analysiert wird dabei die gesamte Finanz-, Vermögens- und Ertragslage auf Basis der Jahresabschlüsse und die Einschätzung aller nichtfinanziellen Faktoren wie Marktstellung, Branche, Strategie, Eigentümerstruktur, u.s.w..

Es geht dabei auch um die Einschätzung, wie gut ein Unternehmen bei einem allgemeinen Wirtschaftsabschwung aufgestellt ist. Externe Ratings von Unternehmen spielen in der Praxis nur bei großen, internationalen und meist börsennotierten Emittenten und Emissionen eine Rolle. 

Die bekanntesten internationalen Rating-Agenturen sind:

  • Standard & Poor´s (Sitz: New York)
  • Moody´s (Sitz: New York)
  • Fitch Ratings (Sitz: New York und London)

Rating-Noten für die Firmenbonität

Die Güte eines Kreditnehmers, sprich die Firmenbonität, wird skaliert mit Hilfe von Rating-Noten dargestellt. Diese werden rein mit Buchstabenkombinationen, Kombinationen von Buchstaben und Zahlen oder reinen Zahlen dargestellt.

Die Bonitätsskala reicht von den höchsten Stufen mit der geringsten Ausfallwahrscheinlichkeit in mehreren Abstufungen bis zu den niedrigsten Stufen, wo sich die Kreditnehmer bereits in Zahlungsverzug und Betreibung befinden oder insolvent sind. 

In Anlehnung an externe Rating-Agenturen spricht man im Bereich relativ guter Unternehmensratings und sicheren Schuldnern von Investmentgrade-Status und bei zweifelhafter Rückzahlungsfähigkeit von High Yield (Junkbond)-Status.

 

Darstellung für den Bereich Long und Short Term. Angaben gemäß den Rating-Agenturen und ohne Gewähr.

Ungefähre Umschreibung Moody's S & P Fitch
  Long Term Short Term Long Term Short Term Long Term Short Term
Investment grade: Highest (Triple A) Aaa P-1 (Prime-1) AAA A-1+ AAA F1+
Investment grade: Very high Aa1, Aa2, Aa3 AA+, AA, AA- AA+, AA, AA-
Investment grade: High A1 A+ A-1 A+ F1/F1+
  A2

P-2/P-1

P-2/P-1

P-2 (Prime-2)

A A F1
  A3 A- A-2 A-

F2/F1

F2

Investment grade: Good Baa1 BBB+ BBB+
  Baa2

P-3/P-2

P-3 (Prime-3)

BBB A-3 BBB

F3/F2

F3

  Baa3 BBB- BBB-
Speculative grade: Speculative Ba1

 

 

 

 

Not Prime

BB+ B BB+ B
  Ba2 BB BB
  Ba3 BB- BB-
Speculative grade: Highly speculative B1 B+ B+
  B2 B B
  B3 B- B-
Speculative grade: Very high risk Caa1 CCC+ C

CCC

 

 

C

  Caa2 CCC
  Caa3 CCC-
Speculative grade: Very near to default Ca CC CC
    C C
    C C
In default C SD/D D RD/D RD/D

 


Unternehmensratings vergleichen – darauf sollten Sie achten

Wie unterschiedlich die Skalen auch sein mögen, geht es letztendlich immer um eine Einordnung Ihres Unternehmens in eine der Kategorien Top-Bonität, sehr gute, gute/mittlere oder schlechte Bonität. 

Die Banken haben diesbezüglich für alle Ratingstufen eine feinstufige Kalkulation hinterlegt, welche dann die genauen Kapital- und Risikokosten berechnet. Damit ist das Rating einer der zentralen Parameter für die Kreditkonditionen und -bedingungen.

Das Rating von Unternehmen spielt zudem eine entscheidende Rolle in den jeweiligen Risikorichtlinien der Banken und entscheidet vielfach darüber, welche Gewerbekredite in welcher Form und unter welchen Bedingungen überhaupt vergeben werden. Dies heißt, egal ob Sie beispielsweise einen Kredit für eine Unternehmensgründung, eine Strukturierte Finanzierung, einen Überbrückungskredit, eine Projektfinanzierung, einen Investitionskredit oder Betriebsmittelkredit benötigen, mit dem Thema Rating für Ihr Unternehmen sind Sie immer konfrontiert.


Kriterien für das Unternehmensrating

Eine Vielzahl von Kriterien beeinflusst das Rating von Unternehmen. Dies sind neben den harten Fakten der Bilanzkennzahlen (auch als Bilanzrating bezeichnet) die soft facts wie beispielsweise die Managementqualität und Organisation, die Marktposition und der Wettbewerb sowie die Strategie und das Kundenportfolio.

Wichtige Kennzahlen des Bilanzratings

Bilanzielle Eigenkapitalquote: Eigenkapital / Bilanzsumme x 100

Vielfach differenzieren die Banken hier auch nach Branchen und Größenordnung der Unternehmen. Je höher die Eigenkapitalquote, desto größer ist der Risikopuffer im Falle einer schlechten wirtschaftlichen Entwicklung. Die Eigenkapitalquote ist aber auch immer in Verbindung mit der Qualität und Werthaltigkeit der Vermögenswerte auf der Aktivseite der Bilanz zu beurteilen.

Werte unter 8 % werden auch im Sinne des Unternehmensreorganisationsgesetztes (URG) kritisch gesehen. Ab rund 25 % wird bei „klassischen“ gewerblichen Unternehmen von einer soliden Eigenkapitalquote gesprochen (dabei muss berücksichtigt werden, dass einzelne Branchen jedoch fremdkapitalintensiv sind). 

Schuldentilgungsdauer: (Fremdkapital – liquide Mittel) / Cash Flow

Der Cash Flow stellt die Basis für die Bedienung des Kapitaldienstes zur Rückführung der Finanzverbindlichkeiten und Zahlungsverpflichtungen dar und wird in der Praxis vereinfacht wie folgt berechnet:

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT)

+   Abschreibungen

–  Ausschüttungen/ Privatentnahmen

= Cash Flow

Konkret besagt die Kennzahl in wieviel Jahren Ihr Unternehmen das aufgenommene Fremdkapital bei gleichbleibender Ertragskraft zurückzahlen kann. Warnsignal ist eine Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren. Gut hingegen ein Wert von etwa 3 bis 5 Jahren (abhängig von der Branche Ihrer Firma).

Umsatzrentabilität: Ergebnis vor Steuern / Betriebsleistung x 100

Diese Kennzahl steht für die Ertragskraft Ihres Unternehmens. Wieviel Ergebnis liefert eine Umsatzeinheit Ihres Unternehmens?

Weitere Informationen, welche Banken für ein Rating eines Unternehmens benötigen

  • Beschreibung des Geschäftsmodells
  • Unternehmensstrategie
  • Produkt- und Leistungsbeschreibung
  • Aktuelle wirtschaftliche Zahlen (Saldenliste, KER (Kurzfristige Erfolgsrechnung), Controllingbericht)
  • Planrechnung unter Einbezug der aktuellen gewerblichen Finanzierung
  • Verhaltensrating abgeleitet aus der bisherigen Geschäftsbeziehung (z. B. Zahlungsverhalten bei Kreditraten, Kontoliquidität)

Rating für einen Kredit – so verbessern Sie die Bonität bei der Bank

Für Ihre Firma können Sie das Rating Ihres Unternehmens für einen Firmenkredit langfristig beeinflussen bzw. mitgestalten. Einige Tipps hierzu finden Sie nachfolgend:

  • Gut Wirtschaften: Hohe Rentabilität und tendenziell steigende Ertragskennzahlen für Ihr Unternehmens sicherstellen.
  • Intelligente Bilanzpolitik: Wählen Sie Ihren Bilanzstichtag klug, denn dieser kann gravierende Auswirkungen auf Ihre Bilanzrelationen haben. Überlegen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Steuerberater rechtzeitig vor dem Bilanzstichtag, welche Maßnahmen noch zu Verbesserungen der wesentlichen Bilanzkennzahlen führen können (beispielsweise eine Bilanzsummenkürzung für eine verbesserte Eigenkapitalquote).
  • Kreditraten immer pünktlich zahlen und keine Überziehungen zulassen: Damit bleiben Sie unauffällig, fallen in keinen Kontrollsystemen der Banken negativ auf und vermeiden somit direkte negative Auswirkungen auf das Rating.
  • Offene Informationspolitik: Stellen Sie Ihr Unternehmen für die Bank transparent dar. Beleuchten Sie dabei gezielt jene Punkte, welche Ihr Unternehmen besonders auszeichnen.

Fragen, die Sie der Bank in Bezug auf Ihr Rating stellen können

Fordern Sie aktiv ein Ratinggespräch bei Ihrem persönlichen Betreuer ein. Die Bank wird Ihnen Ihre Bonitätseinstufung offen kommunizieren. Hinterfragen Sie,

  • welche Kennzahlen das Kundenrating stark beeinflussen,
  • welche Softfacts bei der Beurteilung eine wesentliche Rolle und 
  • ob Ihre Banken auch eine Rating-Simulationen anbietet. 

So erhalten Sie Transparenz, wie sich das Rating unter bestimmten Annahmen entwickeln würde. Eine gute Ratingeinstufung führt nicht nur zu besseren Kreditkonditionen, sondern erleichtert im Normalfall auch die laufende Zusammenarbeit mit der Bank.


Rating des Unternehmens: wichtige Information bei Kreditverhandlungen

Banken sind verpflichtet, Ihre Kreditkunden einmal jährlich einem standardisierten Ratingprozess zu unterziehen. Das Rating von Firmenkunden wird dabei maßgeblich von den Bilanzkennzahlen des Unternehmens bestimmt. Daher ist es wichtig, seine Bilanzpolitik auch in Hinblick auf die eigene Bonität und das damit verbundene Rating bei seinen Finanzierungspartnern sehr gut zu überdenken. Grundsätzlich gilt: eine offene und transparente Informationspolitik führt zu einer besseren Bewertung. Eine Bank sollte Ihr Geschäftsmodell verstehen und einschätzen können.

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